Heute habe ich zum ersten Mal Harold & Maude geguckt, ein aufgrund von Abstrusitäten unfassbar witziger, aber wegen gewisser Details und des Endes auch ein todtrauriger Film. Ich möchte hier gar nicht viel zu schreiben, denn ich bin vollkommen ohne Vorkenntnisse an den Film rangegangen und fand bereits die erste Szene überraschend und grandios. Der Film scheint mir in Deutschland eher unbekannt zu sein, zumindest bin ich nur durch Zufall auf ihn gestoßen. Daher gibt es eine klare Empfehlung von mir.
Und dann noch der Soundtrack!
Ich liebe die letzte Einstellung.
And if you want to sing out, sing out...
Zur Sache:
Die Taschendiebin ist ein interessanter, queerer Film aus Südkorea, der vor dem Hintergrund der japanischen Besatzung in den 30er Jahren spielt. Ich habe erst nach dem Film gesehen, dass er von
Park Chan-Wook stammt, der immerhin auch für
Oldboy, ein absolutes Brett von einem Film verantwortlich ist. Die Vorliebe des Regisseurs für extreme Gewalt und menschliche Härte, die unangemeldet über die Protagonisten hinwegrauschen, ist auch in der
Taschendiebin gegeben – aber wirklichen Bodysplatter gibt's erst im Schlussakt.
Der Film ist grandios aufgebaut, dadurch, dass er dieselbe Geschichte im Grunde aus zwei verschiedenen Perspektiven erzählt, die im letzten Akt zusammenfinden. Das tut er aber in Perfektion: Jeder Akt macht neue Geheimnisse auf, zeigt kleine Details, manchmal nur am Rande, die dann auf überraschende Weise im nächsten Akt aufgelöst werden, aber gleich durch andere Fragen und andere Details ersetzt werden. Man hat eigentlich immer etwas worüber man Nachdenken kann. Das gibt diesem durchaus sehr langen Film eine Richtung, sodass das Geschehen immer interessant bleibt.
Wirklich toll ist aber die Kamera: Sie ist einen Großteil des Films entweder sehr nah an den Protagonisten oder spannt üppige Totalen und Halbtotalen auf. In beiden Fällen erzeugt der Film ein Gefühl der Einsamkeit: Entweder ist die Kamera so nah dran, dass die Figuren in dem Zeugs, was um sie herum steht, wie eingeengt wirken und keine Bewegungsfreiheit zu haben scheinen. Oder aber es ist zu viel Raum da, in denen die Figuren wie verloren agieren. Mit "Figuren" beziehe ich mich hier hauptsächlich auf die weiblichen Protagonisten, in denen es in dem Film geht – die Männer in dem Film sind alle übergriffige Arschlöcher, passend zur Epoche.
Der beste Shot ist gleich am Anfang, wo Tamako die Treppe hochgeht und die sich bewegende Kamera durch den Lichteinfall auf einem Porträt den Eindruck eines fiesen Lächelns bei der dort abgebildeten toten, ehemaligen Hausherrin erzeugt. Das war schwer beeindruckend, auch weil es im Hintergrund geschieht und nicht superplakativ ist.
Vorsicht übrigens: Der Film handelt auch von sexueller Gewalt und ist sexuell ohnehin sehr explizit. Wenn ich einen Kritikpunkt hätte, dann hinge der auch tatsächlich damit zusammen...
denn die letzte Sexszene ging mir persönlich zu sehr in Richtung Fanservice – kann als letzter Akt der Emanzipation gelesen werden, aber ich finde da hängt ziemlich der Male Gaze über allem.
Abgesehen davon kann ich
Die Taschendiebin weiterempfehlen. Der Film hat mir mal wieder gezeigt, dass ich mich zu wenig mit südkoreanischem Kino befasse.