Victoria
Ein deutscher Film von 2015 und sicher kein erzählerisches Meisterwerk. Dafür aber ein kinematographisches. "Victoria" ist komplett in einer einzigen Einstellung gedreht – es wurde sogar auf unsichtbare Schnitte verzichtet. Das Ergebnis, das man als Zuschauer anschaut, wurde also von Minute 1 an genau so gedreht. Die Schauspieler:innen waren also, ähnlich wie bei einem Theaterstück, höchstens ein paar Minuten nicht in der Rolle. Ich kann nur erahnen, wie anstrengend und geistig fordernd das für alle Beteiligten gewesen sein muss, besonders für den Kameramann Sturla Brandth Grøvlen, der die Kamera geschlagene 2 Stunden nicht absetzen darf und immer wissen muss, wo er sie gerade hinhalten soll. Dem Vernehmen nach, war das Drehbuch auch sehr frei, hat Platz für Improvisation mit der Länge von Handlungen der Schauspieler:innen gelassen. Man realisiert sogar, dass Frederick Lau sich an einer Stelle verspricht und den Versprecher spontan zu einem Witz umformt. Insgesamt ist der Film 3 mal komplett gedreht wurden und die 3. Version war dann die finale. Auch beeindruckend finde ich, wie der Film über seine Laufzeit von der Nacht bis zum Morgen dauert und so getimt ist, dass bestimmte Lichtstimmungen auch erreicht werden. Apropos Licht: Epileptiker:innen sollten besser die ersten paar Sekunden vorspulen. Die Strobolicht-Sequenz würde sie sonst in die Notaufnahme bringen.
Absolute Empfehlung für Leute, die sich für Kameraführung interessieren. Der Film listet zu Recht den Kameramann in den Credits vor dem Regisseur. Und dass die Academy of Motion Pictures den Film seiner Zeit nicht für die Shortlist des Kameraoscars beachtet hat, ist ein Skandal, eigentlich.