Die Frage ist: Wieso eigentlich? Und wieso ist das in anderen Hobbies nicht so?
Ähm, das IST in anderen Hobbies EXAKT genau so - in manchen noch VIEL HEFTIGER!
Ich betreibe fast so lang wie Rollenspiele unterschiedliche Kampfkünste. Die schlimmsten, z.T. WIRKLICH in körperliche Angriffe eskalierenden "Kontroversen" gibt es dort naturgemäß bei den einander am nähesten verwandten Stilen. Da sind dann oft persönliche Animositäten, ein bescheuerter "Ehrbegriff", und einfach eine außerordentliche HINGABE zum eigenen Stil die Beweggründe für solche Eskalationen.
Ich war eine ganze Zeit bei News-Groups bzw. Foren im Bereich Neijia (chinesische innere Kampfkünste) beteiligt. Dort, wo man ja vermuten möchte, daß die meditativ orientierten, spirituelle Ausrichtung der reinen Körperlichkeit bevorzugenden, und allgemein auf NICHT-Aggressivität Wert legenden Kampfkünstler anzutreffen sind, ging es VIEL ÜBLER via Internet ab, als ich das JEMALS in einem Rollenspiel-Forum oder einer News-Group erlebt habe. - Das war MIR tatsächlich zu viel DRECK, als daß ich noch Zeit in das Ausfiltern der wenigen brauchbaren Beiträge reinstecken wollte.
Bei Konflikten zwischen Stilen, die sich gewisser Eigenschaften rühmen, die JEDER Stil quasi EXKLUSIV für sich beanspruchen möchte, gab es (mindestens in der Region Ulm, die gegenüber Norddeutschland diesbezüglich sogar eine recht "ruhige" Region war/ist) einige Übergriffe, wo Schlägertrupps in die Unterrichtsstunden der jeweiligen anderen Stile gekommen sind, und dort die Trainer zusammengeschlagen hatten, bzw. das zumindest versucht hatten.
DAS nenne ich ein "verfeindetes Lager".
Rollenspiel-Differenzen sind Pipi-Kram.
Hier kann man sich - künstlich! - über die richtige, die allein selig machende Art zu Spielen aufregen.
Viel Spaß! (Macht es mir ja auch bisweilen.
)
Das ist aber alles NICHT schlimm! - Das ist eher NORMAL!
Ich entsinne mich noch recht gut, wie zu meiner Schulzeit die Leute sich anhand der Musik, die sie so hörten, der Sachen, die sie so rauchten, und der Art, wie sie die Haare trugen, separierten. - Die jeweils anderen waren ALLE IDIOTEN. - Und manchmal wechselte man seine diesbezügliche Zuordnung, hörte andere Musik, hatte einen anderen Haarschnitt - und dann waren die alten Kumpels ALLE IDIOTEN.
Rückblickend ist das sogar korrekt - wir waren tatsächlich ALLE IDIOTEN. - Sich über den "falschen Haarschnitt" quer durch die Stadt zu jagen und zu kloppen ist doch eigentlich BESCHEUERT, oder?
Das war aber damals, als man noch mitten drin steckte, irgendwie ganz normal, das Übliche, das machte doch jeder mit jedem so.
Was sollte denn gerade das Rollenspiel-Hobby so GRUNDSÄTZLICH anders machen, als daß diese normalen Menschlichen Gruppenbildungen, Abgrenzungen, Konflikte, Eskalationen, usw. dort NICHT vorkommen sollten?
Verfeindete Lager unter Rollenspielern? - Gibt es eigentlich nicht.
Und woher kommen dann die EWIG LANGEN Anfeindungs-Karussell-Threads? - Das ist halt normales menschliches Verhalten. Man bildet Gruppen, schart sich um Meinungsführer, grenzt sich ab (Wir und DIE ANDEREN), und stärkt dabei den Zusammenhalt, die Bindung nach innen. - Da das Hobby Rollenspiel ein sehr verbales Hobby ist, eskaliert es also nicht (so oft) in körperliche Auseinandersetzungen, dafür in tapetenlange Forenthreads. Das ist auch ganz OK so, weil da ja niemand wirklich zu Schaden kommt.
Es ist halt eine ganz normale menschliche Sache, daß man, sobald man etwas gemeinsam hat, auch viel deutlicher sieht, was man aneinander nicht ausstehen kann. - Und je intensiver die EMOTIONALE Bindung an das Hobby und an bestimmte Facetten desselben ist, desto LEIDENSCHAFTLICHER wird dies auch kommuniziert.
Eskalationen kommen stets von Leuten, die mit LEIDENSCHAFTLICHEN Bekundungen nicht umzugehen verstehen. Diese mißverstehen das immer SOFORT und sorgen dafür, daß aus einer leidenschaftlichen, aber POSITIVEN Bekundung in ihren Augen und denen, die ihnen als Meinungsführer folgen, etwas Negatives in der Wahrnehmung der von ihnen Beeinflußten wird.
Das führt dazu, daß sich die LEIDENSCHAFTLICHEN "angegriffen" fühlen und sich Verteidigen zu müssen meinen. - Und dann kommen bewährte Eskalationsmechanismen zum Einsatz. Da ist nichts Neues oder Besonderes bei solchen Eskalationen im Rollenspielhobby drin, das man nicht auch in anderen Hobbys finden würde.
Ob Storyteller bescheuerterweise D&D als reines Tür-Auf-Monster-Tot-Schätze-Raff-Spiel entstellt darstellen, oder ob Jazz-Liebhaber Punk-Fans als "Untermenschen" bezeichnen (in diesem Falle hätte ich einem dieser blasierten Wichser bei einer Jazz-Matinee beinahe eine gezündet), macht für mich kaum einen Unterschied in der "Frontenbildung". - Die Intensität im konkreten Fall oben, war natürlich anders, aber auf die Freunde anderer Musik herabzublicken ist sowas von normal, verbreitet, und üblich, daß mich wirklich wundert, wieso ebensolches Verhalten bei Rollenspielen irgendwie stärker von christlicher Toleranz geprägt sein soll.
Als ich noch aktiv Carambolage gespielt habe, war der Konsens im Verein, daß die Pool-Spieler alle versoffene Kneipen-Zocker seien, die nur auf den Kugeln herumholzen. - Mit ein wenig Abstand und praktischer Erfahrung lernt man aber den eigenen Charme von Pool kennen, und denkt anders darüber. - Oder auch nicht.
Wie gesagt, das ist in ALLEN Hobbys, die unterschiedliche Stile zu bieten haben, NORMAL.