Okay... jetzt werde ich viel schreiben, ich denke aber, dass es sich lohnt.
Kunst hat mehrere Aspekte. Einer ist der rechtliche. Durch die verfassungsrechlich festgeschriebene Freiheit der Kunst müssen sich Gerichte mit der Frage auseinandersetzen, was Kunst ist und dann die Rechtsgüter abwägen. Wer entsprechende Quellen hat darf gerne entsprechende Urteile nachschlagen. Soweit ich weiß wird der Begriff "Kunst" vor Gerichten aber sehr frei und großzügig ausgelegt.
Kunst in Abgrenzung zu Design oder zu Handwerk ist hierbei ein Unteraspekt. Hier sind die Grenzen aber fließend. Beispiel: ein Architekt baut ein Haus im Auftrage eines öffentlichen Baugebers. Eindeutig eine Auftragsarbeit und der Architekt geht zu Werke (lässt bauen), ohne einen Anspruch auf künstlerische Bedeutung zu erheben. Jetzt möchte der Auftraggeber das öffentliche Gebäude verändern lassen. Obwohl ihm das Gebäude gehört, DARF er es NICHT! Er benötigt die Zustimmung des Architekten, da hier ein Kunstwerk verändert werden soll. Dies ist nicht an den Haaren herbeigezogen, sondern Alltag. Daran erkennt man aber, dass zumindest laut Rechtsprechung Kunst auch unabsichtlich oder auf Auftrag erfolgen kann. Ich muss Kähä insoweit widersprechen, als dass es zwar nicht die Aufgabe eines Designers (oder Architekten, oder Steinmetzes, etc.) ist, Kunst zu schaffen, das Werk aber sehr wohl Kunst sein kann.
Kunst kann also zufällig entstehen. Und fast alles kann Kunst sein. Handlungen, Schriftstücke, selbst ein Haufen Exkremente. In Anbetracht der vielen Dinge, die gemeinhin als Kunst gelten ist es imho keine Auszeichnung mehr, Künstler zu sein. Ich war in einer Ausstellung, in der Popel hinter Glas zu finden waren und auch erschlagene Fliegen ausgestellt wurden. Das würde sicher vor Gericht als Kunst anerkannt werden.
Und hier grenzen wir zum allgemeinen Volksverständnis von Kunst ab. Ich weiß, das ist unmöglich. Dennoch wage ich zu behaupten, dass "Kunst kommt von Können" eine allgemein anerkannte Volksweißheit ist. Wenn wir vor etwas stehen, das nur wenige [in dieser Qualität] hinbekommen, dann glauben wir zumeist Kunst vor uns zu haben. Hinzu kommt der Geschmack. Es muss uns gefallen. Tut es das nicht, schauen wir zumeist verachtend auf das Werk. Es gab eine Zeit, da galt der röhrende Hirsch als Klassiker der Kunst und ein abstraktes Gemälde als "Geschmiere". Der Zeitgeist beeinträchtigt das subjektive Empfinden hier doch ganz beachtlich.
Heute sind wir recht frei in unserem Verständnis von Kunst. Wirklich alles kann darunter fallen, wenn es nur gefördert und gehypet wird. Ich habe kein Problem, wenn das Rollenspiel in dieses Verständnis subsummiert wird, allerdings ist es dann auch auf einer Stufe mit einem Haufen Exkremente oder Popel hinter Glas.
Ich möchte daher eher den Anspruch vom Rollenspiel entfernen, Kunst zu sein. Wenn wir zusammensitzen und mit Chips und Cola Sathar vermöbeln, dann tun wir das nicht, um Kunst zu schaffen. Wenn dies von anderen so gesehen wird, gerne. Wir werden sie aber belächeln.
Gerne darf auch jeder Rollenspiel betreiben um Künstlerisches zu schaffen. Das gleiche geht ja offensichtlich auch beim Nasebohren. Um auf einer Stufe mit DaVinci oder Böll gesehen zu werden, bedarf es aber mehr als guter Absicht. Rollenspiele wurden ursprünglich als Gesellschaftsspiele geschaffen. Wenn "Kunst kommt von Können" gilt, dann ist es offenbar nicht schwer, Rollenspiel zu betreiben. Entsprechend erwarte ich Großes, wenn Spieler sagen, dass sie Kunst schaffen.