Zu diesem Thema fällt mir nur eine Kleinigkeit ein, die ich vor Jahren mal in einem Blog eines Spieleautors gelesen habe. Das war übrigens ein Spieleautor aus Großbritannien, der sich auf professioneller Ebene sehr lang und detailliert mit den "klassischen" Systemen befasst hat (d.h. also: Initiative bestimmen, Angriff würfeln, Verteidigung würfeln, Schaden würfeln, Punkte verrechnen ...).
Ich weiß das Zitat nun nicht mehr wörtlich, aber es lief auf Folgendes hinaus:
Wenn du auf jemanden eine Bombe wirfst, ist der wahrscheinlich danach tot.
Wenn du jemanden mit einem riesigen Claymore-Zweihandschwert durchbohrst, stirbt er wahrscheinlich auch daran.
Wenn du jemanden mit einem kleinen Dolch oder Taschenmesser in die Kehle triffst, stirbt er daran wahrscheinlich ebenfalls.
Der klassische Modus in Rollenspielen, oder das, was ich mal so nennen möchte, ist seit 35 Jahren so, dass höchstwahrscheinlich die Bombe am meisten "Schaden" verursachen würde (sagen wir 8W6), aber das Claymore weniger als die Bombe (z.B. 3W6) und der Dolch auch wesentlich weniger als das Claymore (z.B. 1W6).
Ehrlich betrachtet ist das alles Kokolores.
Entweder man tötet einen Gegner oder man tötet ihn nicht, oder er hat Glück und kommt mit einer Verwundung davon. Aber ob das Opfer nun mit einer zwergischen Zweihandaxt getroffen wird oder mit einem Wurfpfeil oder Wurfdolch, ist dem Opfer unter realitätsnahen Umständen vermutlich egal.
Ich muss immer schmunzeln, wenn ich auch heute noch in manchen Fantasy-Runden die Spieler herumrechnen sehe und dann solche Kommentare kommen wie: "Also, in dieser Runde kann ich höchstens 20 Punkte Schaden machen...", "Egal, was ich jetzt würfle, er ist ist auf jeden Fall hinüber" oder "Wahrscheinlich verbrauche ich 5 Pfeile, bis dieser Gegner geschafft ist, weil ein einzelner Pfeil meines Kurzbogens keinen tödlichen Treffer bewirken kann."
Wieso kann der dumme Kurzbogenpfeil nicht "tödlich" sein? (Das war in RuneQuest zuletzt so.) Schon mal eine Indianer- oder Ritterfilm gesehen, wo die Reiterei von Bogenschützen unter Beschuss genommen wird und ein einzelner Reiter dort einen Pfeil in den Nacken oder in die Brust abbekommt?
Nach dieser Überlegung bin ich zu der Einschätzung gekommen, dass ich solche
klassischen Regelsysteme mit "Schaden auswürfeln" nur noch dann verwende, wenn die Spieler keinen hohen Wert auf Realitätsnähe oder Logik legen bzw. wenn sie über solche Macken in den Regeln freundlich hinwegsehen können. In
dramatisch und erzählerisch angelegten Systemen würde ich nur zwischen TÖDLICHEM Angriff und NICHTTÖDLICHEM Angriff unterscheiden. Dazwischen gibt es nichts. Und letztlich würde ich in einem
cinematischen System den Schaden möglichst deutlich an die Fertigkeit des schädigenden Charakters knüpfen. Sonst kann es leicht zu dem Phänomen kommen, dass man zuhaut und zuhaut wie ein Weltmeister und in jeder Runde voll trifft, aber damit nichts Spürbares bewirkt.
Ein entfernter Bekannter von mir schrieb mal für das Fuzion-System eine tolle Hausregel:
Man würfelt nur Attacke (Stat+Skill+1d10) gegen die Verteidigung des Gegners (Stat+Skill+1d10). Die Differenz zwischen Attacke und Verteidigungswert, sofern die Attacke besser war, wird mit der Schadensstufe multipliziert.
Die Schadensstufen sind die Würfel aus dem offiziellen Regelbuch (DC, Damage Classes), aber eben nur noch als Multiplikatoren: DC1 wird x1 Schaden, DC2 wird x2 Schaden, DC3 wird x3 usw.
Sogar im Uralt-System Tunnels & Trolls (1975) überwiegt bei fortschreitenden Stufen schließlich sehr bald der Faktor "Skill" (Personal Adds) gegenüber den Würfeln: Ein hochstufiger Charakter könnte bei Tunnels & Trolls theoretisch auch mit einem abgebrochenen Zweig auf eine Kompanie vollgepanzerter Legionäre zustürmen und sie ummähen. Seine Personal Adds sind einfach so hoch.