SW gefällt mir nicht in Hinblick auf die Ausdifferenzierung unterschiedlicher Charaktere nicht. Ein Handwerker, Medicus, Gelehrter sollte nach meinem Geschmack durch das System auch eine große Bandbreite unterschiedlicher Steigerungs- und Handlungsmöglichkeiten erhalten, genau so wie Kämpfer...
Ohne SW jetzt in irgendeiner Weise zu Deinem "Allheilmittel" erklären zu wollen (SW hat viele Qualitäten, aber kann nicht jeden Spieler glücklich machen)!
So wie Du es darstellst, funktioniert SW nicht! Und das verstehen viele schlicht nicht.
Die Ausdifferenzierung der Charaktere findet bei SW nicht auf der Basis der Spielwerte im Regelwerk statt!
Deswegen gibt es nicht die ganzen Spezialisierungsfertig- oder -fähigkeiten, die es in DSA oder anderen Systemen gibt.
Savage Worlds behandelt in seinem Regelsystem ausschließlich die Konfliktbewältigung (zB Kampf).
Für alles andere sind die Ideen der Spieler da und dafür ist SW schlicht offen gehalten.
Jemand möchte einen Handwerker, Medikus oder Gelehrten spielen?
Kein Problem - dafür gibt es dann entsprechend Optionen in den Fertigkeiten (Skills) oder Talenten (Edges) - aber eben nur wenige, so dass der Charakter mit wenigen "Kaufpunkten" in diesem Gebiet fähig sein kann - und sich dann auch mit Punkten im Bereich Konfliktbewältigung Fähigkeiten aneignen kann.
In den anderen Rollenspielen sieht es nämlich so aus, dass derjenige, der sich in seinem Spezialgebiet bei der Charakterentwicklung verausgabt, in der Konfliktbewältigung meist daneben steht.
Bei SW ist es so, dass der Kämpfer natürlich immer noch einen Fähigkeitsvorsprung gegenüber dem Gelehrten hat, was auch so sein sollte. Der Gelehrte kann aber immer noch mitmischen und etwas bewirken.
In den meisten anderen Systemen ist es doch so, dass der SC zum Statisten degradiert wird und um sein Leben bangen muss.
Der Spieler, der einen Gelehrten spielt, kann sich entscheiden, inwieweit der Gelehrte in Richtung Indiana Jones (der eben auch ordentlich austeilen kann) oder zu dessen Vater (der eben auch noch mitmischt, aber eben nicht so kräftig) neigt.
Er ist aber eben nicht gezwungen, wegen der zu investierenden Punkte einen "James Brody" zu spielen, der zwar sympatisch ist, sich aber mal in seinem eigenen Museum verlaufen hat und im Kampf nur völlig fehl am Platz ist.
Bei Savage Worlds teilen eben alle aus, wenn auch in unterschiedlicher Intensität, und einige dieser "Austeiler" sind eben Gelehrte, Medici oder Handwerker. Diese Charakterzüge und -hintergründe stehen aber nicht im Weg sondern werden als das gewertet, was sie eigentlich sein sollten: als Bereicherung
In meinen Runden, die ich bisher gespielt habe, führte das meistens dazu, dass die Spieler zunächst überrascht waren - und meist auch anfangs ihren Charakter etwas verskillt (also falsch entwickelt) hatten - was sich nachträglich schnell korrigieren lies.
Denn zu allermeist waren sie dann schnell begeistert, dass sie sich nämlich während der Konfliktsituationen eben nicht "raushalten" mussten, sondern dabei waren.
Der entscheidende Punkt ist, das SW die Differenziertheit nicht bei den Skills und Edges erlaubt - dort wird die Differenziertheit nur insofern verteilt, wie festgelegt wird, auf welche Weise man bei Konflikten mitmischt.
Der Detailgrad der Charakterisierung ist damit aber nicht "verhindert", sondern er findet schlicht an anderer Stelle statt: Im Kopf der Spieler und in den Beschreibungen des Charakters (sprich: unter "Notizen" im Charakterdokument).
Und das macht SW einfach zu einem System, bei dem die Spielercharaktere bei den Abenteuer relevanten Szenen beteiligt bleiben, in den Szenen, die für Stimmung, Hintergrund und Charaktertiefe sorgen sich aber auch frei entfalten können.
Es kommt dann schnell zu der Frage, was einen Spieler daran hindert "Gelehrter, Meisterkoch, meisterlicher Schneider, und etliche andere 'Professionen'" anzudichten, mit dem Vorwurf, dass SW da dann ja keinen Riegel vorschieben würde - deswegen bräuchte man doch diese Dinge als Fertigkeiten. Wenn man ehrlich ist, dann nimmt doch gerade der Spieler, dem die Tiefe seines Charakters relevant erscheint nur die Dinge in seine Beschreibung auf, die in sein Charakterkonzept gehören und nicht "alles, weil er alles nehmen kann".
Die Leute, die sowas machen, werden in den Runden, die auf eine entsprechende Tiefe im Spiel wert legen doch ohnehin schnell aussortiert.
Mal abgesehen davon, dass diese ihre Aufmerksamkeit ohnehin nur auf das "möglichst kampfeffektiv" legen.
Daher braucht es keine Einschränkung bei einem Angebot, bei dem sich die Spieler, die sich für dieses Angebot ohnehin interessieren selbst im eigenen Interesse einschränken.
Vegetarier brauchen auch kein Vorhängeschloß am Kühlschrank der Fleischtheke.