Vielleicht ist das auch schon der entscheidende Beurteilungsunterschied: die Frage, inwiefern sich ethisch-moralische Fragen integrieren lassen.
Genauso, wie sich ALLES, wofür es nicht explizite Regeln BRAUCHT integrieren läßt: Man nennt dies ROLLENSPIEL.
Ethisch-moralische Frage habe ich schon als KERNTHEMA in Traveller Anfang der 80er lang und breit gehabt. Und dieser Themenkomplex ist es, der sich bei mir durch so gut wie ALLE meine Kampagnen zieht. - Dazu brauche ich aber keine artsy-fartsy-forgy Regelsysteme, die das Thema in Crunch fassen und dabei die Konzentration auf das Thema sogar noch SCHWÄCHEN.
Solche Themen wenden sich an die SPIELER, und damit gehören sie - wie auch Horror - NICHT in Crunch gezwängt.
Oder allgemeiner: wie können SW-Settings nach den üblichen Kriterien von Hochliteratur gehaltvoll gestaltet werden?
Warum sollte man denn "die üblichen Kriterien der Hochliteratur" überhaupt auf Rollenspiel anwenden?
Ich mache das nicht. Und ich habe das auch nie gebraucht. Und ich halte das auch nicht für hilfreich, sondern eher noch mehr Verwirrungen, als es eh schon gibt, befördernd.
Mal angewandt auf die ethisch-moralischen Fragen auf Filmbeispiele: Johnny Mnemonic, Total Recall, Blade Runner und Gattaca behandeln solche in unterschiedlicher Tiefe. Doch während ich mir bei Johnny Mnemonic und Total Recall wunderbar eine Umsetzung mit Savage Worlds vorstellen kann, gilt dies für Blade Runner und Gattaca eben weniger.
Also Blade Runner klappt mit SW VORZÜGLICH. - Wie im Film, um es mal so zu sagen.
Ich mag alle vier Filme. Doch für Settingumsetzungen der letzten beiden würde ich halt eher ein forgigeres System verwenden.
Was sollte denn ein forgiges System irgendwie "besser" machen beim Umsetzen solcher Stoffe?
Wenn ich mir ein System mit Erzählrechteverteilung anschaue, dann ist nur das Gameplay ein anderes, aber das Setting ändert sich dadurch erst einmal nicht. - Ich kann mit PDQ, HeroQuest, The Pool oder Fate DASSELBE Setting bespielen, wie mit HEROSystem, GURPS, oder SW. - Und ich kann in ALLEN Regelsystemadaptionen gleichermaßen ethische Fragen thematisieren und zum Kernthema ganzer Kampagnen machen.
Ich finde Deine Unterscheidung nicht nachvollziehbar.
Und Necropolis ist nun einmal deutlich eher Total Recall als Blade Runner. Ist das nachvollziehbar?
Nein. Kein Stück.
Vor allem: Welches Total Recall meinst Du eigentlich? - Die Fernsehserie Total Recall ist ja extrem verwandt zu Blade Runner - und BEIDE sind sie Weiterentwicklungen der klassischen Hardboiled-Detective-Stories. Und daher auch voll und ganz im "grünen Bereich" dessen, was SW BESTENS unterstützt.
Total Recall, der Spielfilm, ist ein übles Mind-Fuck-Szenario, welches von SW regeltechnisch nicht so gut unterstützt wird, wie solche Geschichten wie Blade Runner usw.
Aber: WEDER Total Recall NOCH Bladerunner NOCH eines der anderen von Dir oben erwähnten Settings hat auch nur grenzwertige Verwandtschaft zu Necropolis!
Necropolis läßt sich nur mit KRIEGS-Settings vergleichen. Vietnamkrieg, 2. Weltkrieg, 1. Weltkrieg, US-Bürgerkrieg, usw.
Und hier habe ich mit Film-Vorlagen wie Apocalypse Now! in Necropolis die BESTEN Erfahrungen gemacht.
Necropolis ist viel näher an Engel dran als an Weird Wars II. - Und es ist KEIN "Hurrah, wir haben Krieg!"-Action-Setting. - Eher im Gegenteil! - Es ist ein ziemlich an die Nieren gehendes, moralisch ausgesprochen belastendes Setting, welches charakterlichen Tiefgang aus sich heraus schon von alleine hervorbringt, den man in anderen Settings erst "herauspressen" muß.
Du schätzt m.E. Necropolis (und SW) völlig falsch ein.