Also John Woo muss ich verteidigen. Erst mal sind seine Meilensteine faktisch nicht aus den späten 90ern sondern aus den späten 80ern und frühen 90ern (etwa: The Killer und: Hard Boiled). Soviel zu unbestreitbaren Fakten.
Dann denke ich nicht, dass die Qualität seiner Inszenierungen von „drittklassigen B-Movies“ erreicht wird. Was dir „lächerlich“ vorkommt könnte zudem einfach durch kulturelle Unterschiede begründet sein.
Ich denke, Du solltest meinen Text nochmal lesen, da ist offenbar einiges nicht richtig verstanden worden. Ja, Du hast recht er drehte er seine besten Filme im Hong Kong Kino der späten 80er, frühen 90er. Der große Durchbruch (in Hollywood und auch weltweit) war aber erst Mitte der 90er. John Woos (Stil) galt dann wie gesagt bis Ende der 90er / Anfang 2000er als der geile, heiße Scheiss. Over-the-Top Kino mit ganz viel Pathos und Slomo's. Schließlich lies Hollywood Woo da an mehrere große Actionprojekte (Face/Off 1997 und Mission Impossible II 2000) ran. Danach kommt aber nicht mehr viel mehr. Sein Action-Stil hingegen, und was anderes habe ich nicht geschrieben, wurde dann nur noch in billigen Action-Reissern kopiert. Das große Actionkino der 2000er hingegen hatte da ja schon die Shaky Cam entdeckt. Was John Woo selbst angeht, hat der seit dem durchschnittlichen Paycheck (2003) keine Relevanz mehr, zumindest keine Relevanz für das Actionkino außerhalb Chinas.
Kaum einer will heute noch Actionhelden mit zwei Pistolen in den Händen in Superslomo sterben sehen, während weiße Tauben durch das Bild flattern. Ähnliches gilt übrigens auch für Michael Bay, dessen Filme, wenn er völlig frei dreht, kaum noch zu ertragen sind.
Hmmm... bei Leitch weiß ich noch nicht. Da war bisher mehr Gutes als Schlechtes dabei. Stahelski hat bei John Wick 3 tatsächlich nachgelassen, auch wenn ich immer noch gut unterhalten wurde. Es waren halt jede Menge gute, neue (alte?) Ideen dabei. Apostle von Evans zähle ich nicht, dass war eine Auftragsarbeit für Netflix.
Aber fällt dir was auf? Die momentan guten Regisseure für Action-Filme kommen alle aus der Ecke 'Stuntman/Action-Choreograph'. Ich bin jedenfalls über diese Entwicklung froh und außerdem gespannt, ob sich dieser Trend fortsetzt. Hängt ja auch ein bisschen vom Mut der Studios ab, ob die sich sowas trauen...
Ich finde gute Action-Choreo auch geil. Und die genannten Regisseure wissen haargenau, wie sie Action inszenieren müssen. Ich gehe sogar soweit, dass es bisher keine besser inszenierte Action gab als zuletzt. Keine Slomo's, keine Flugakrobatik an Drahtseilen, handgemacht und nicht animiert und vor allem keine Shaky Cam. Die aktuelle Action ist hart, schnell, nimmt den Zuschauer aber immer mit.
Aber...gerade John Wick 3 hat mir gezeigt, dass perfekte Action eben nicht ausreicht für einen guten, ja herausragenden Film. Deshalb habe ich auch explizit die Russo Bros genannt und nicht die besagten Action(Stunt)-Regisseure. Die Russo Bros verstehen es, Action ähnlich gut zu inszenieren, vielleicht etwas konventioneller. Die Brüder schaffen es aber bei aller Action auch, Charaktere trotzdem richtig in Szene zu setzen, eine Geschichte zu erzählen. Sie können auch ruhige Momente. Und da haben mich Stahelski, Leitch und auch Evans bisher nicht immer überzeugen können.