Inwieweit hält es sich an der Buchvorlage?
Meiner Meinung nach ziemlich exakt. Kennst du den Originalroman?
Also, jedenfalls ist John Carter hier tatsächlich ein glaubhafter Südstaaten-Offizier des 19. Jahrhunderts, und nicht etwa ein Special-Forces-Soldat in Afghanistan wie in der Low-Budget-Verfilmung desselben Stoffes von The Asylum (2010). Auch die gesamte Einleitung mit der Verfolgungsjagd durch die Hügel und Schluchten, den Indianern und der geheimnisvollen Höhle ist übernommen worden, ebenso wie das Schreiben des angeblich verstorbenen John Carter an seinen Neffen "Edgar Rice Burroughs", genannt Ned, die merkwürdige Testamentseröffnung und weitere Details der Exposition finden sich circa in den ersten 10 Minuten des Films.
Meine Lieblingsfigur Dejah Thoris (natürlich!) ist in diesem Film mMn einen Tick zu herb und zu allwissend, außerdem ist sie keine schreiende und zerbrechliche "damsel in distress", sondern ein wenig sehr in Richtung Xena die Kriegerprinzessin geraten.
Es gibt in der Verfilmung allerdings einen neuen Metaplot um eine kleine Riege manipulativer und unsterblicher Gestaltwandler (Tarns? Therns?), die die Geschicke ganzer Planeten aus dem Verborgenen heraus lenken... und dies offenbar schon seit Millionen Jahren tun. Das findet sich in dieser Form nicht in der Vorlage. Diese Unsterblichen beziehungsweise ihre Artefakte geben somit auch den entscheidenden Hinweis zur Erklärung der plötzlichen räumlichen "Versetzung" Carters auf den Mars OHNE Raumfahrt. Wie genau das vor sich ging, ob die ganze Mars-Geschichte in einer Art Traumrealität oder Parallelwelt spielt, war unter Burroughs-Kennern immer gern ein Anlass für Spekulationen.
Ich fand zum Beispiel auch Woolah gut gelungen, auch wenn er für manche Lacher herhalten muss.
Stilistisch und handwerklich halte ich John Carter für einen mehr als passablen Abenteuerfilm mit sehr hübschen Lichtseglern und interessanten Schwertkampfszenen usw. Die Kulissen machen schon einfach eine Menge Eindruck. Wie ein Typ, der gestern Abend im Kino neben mir saß, anmerkte: Ungefähr so würde heute auch eine gute Flash-Gordon-Verfilmung aussehen... beziehungsweise sollte sie das wohl, wenn es eine gäbe.
Weil der Film sich so eng an Burroughs' Text hält - und das Pathos und das Schwülstige findet sich schließlich auch schon dort - finde ich ihn meilenweit besser als Kampf der Titanen, Conan, Prince of Persia und andere 3D-Abenteuerschinken, mit denen er höchstwahrscheinlich am ehesten verglichen wird.