In diesem Thread hatte ich meine Erfahrungen (nicht nur) aus Savage-Worlds-Conversions einfließen lassen.
Auf Motivation und Spielgefühl gehe ich dort auch ein, da beides entscheidende Faktoren sind, um eine Conversion als gelungen zu empfinden.
Ich kann darüber hinaus noch ergänzen, daß ich Conversions seit Classic-Traveller-LBB-Zeiten erstelle. - Die Motivationen sind immer wieder unterschiedlich. Mal ein paar Motivationen (mit Beispielen meiner eigenen Conversions) herausgegriffen:
- Das zu erschließende Setting ist noch nicht in einem Rollenspiel umgesetzt worden. (C.J.Cherryh "Die sterbenden Sonnen"-Reihe, Firefly vor Erscheinen des Serenity RPG, Blue Moon (nach dem Kartenspiel))
- Eine bestehende Umsetzung in einem Rollenspiel wird als nicht gelungen empfunden. (Babylon 5 nach D20-System, Firefly mit dem Serenity RPG, Conan nach D20-System, MADDRAX-Rollenspiel, MX:Reloaded)
- Ein eigenständiges Rollenspiel (also nicht nach einem Setting aus anderen Medien) hat ein interessantes Setting, aber ein Regelsystem, daß ich - aus welchen Gründen auch immer - nicht einmal mit Hausregeln spielen wollte. (Dawning Star, D&D 3E, Unknown Armies)
- Ein bestehendes Rollenspiel hat seltsame Eigenheiten, die in einem anderen, neuen Regelsystem für eine Conversion umzusetzen eine HERAUSFORDERUNG für den Konvertierer darstellen. (Engel nach SW und BoL und Deadlands Classic/DL:HoE, Midgard auf BRP, Babylon 5 auf B5-"Arkana"-Karten)
- Meine Spieler - meist aber insbesondere ich selbst - haben keine Lust auf ihre alten Tage noch ständig "neue" Regelsysteme zu erlernen, welche dieselben Bereiche, die ein Regelsystem abdecken muß, auf stets im Detail leicht andere, aber nach Kenntnis einer ganzen Reihe von Rollenspielen geradezu ermüdend wenig im KERN unterschiedliche Weise umsetzen, so daß man genauso gut auch eine bekannnte Systemumgebung nehmen könnte, die jeder der Spielenden kennt, und die SOLIDE funktioniert. (Castle Falkenstein nach HW, Unknown Armies mit SW, D&D-3E mit SW, Babylon 5 mit BRP)
Diese Liste ist NICHT vollständig. Nicht einmal allein auf meine eigenen Conversions bezogen. Es gibt IMMER ANDERE Gründe, warum man eine Conversion machen möchte.
Manchmal ist der Grund auch einfach:
Weil man es kann. - Weil es schwierig ist, aber man sich für solch einen Helden hält, daß man es hinbekommt. - Beste Motivation überhaupt.
Ob sich das Spielgefühl "drastisch verändert" hat, kann ich für viele Conversions NICHT sagen, weil ich die Vorlagen entweder nicht spielen KONNTE (weil es kein Regelsystem für ein Setting gab) oder nicht spielen WOLLTE (ich habe jede Menge D20-Settings eingekauft, OHNE jemals auch nur die Absicht gehabt zu haben, diese nach D20-System zu spielen, sondern die waren immer schon als Conversion-Kandidaten auf dem Einkaufszettel).
Was besonders interessante Erfahrungen waren: Dasselbe Setting auf MEHRERE Regelsysteme zu konvertieren (aus unterschiedlichen Gründen, zu unterschiedlichen Zeiten).
Beispiel: Babylon 5.
Erste Conversion war auf BRP, um es überhaupt spielen zu können (damals lief die Serie gerade noch). Gespielt wurde auf einer kleineren Station in einem Asteriodengürtel - eine Art "Bonsai-Fassung" von B5.
Dann mit Babylon-5-Arkana-Karten (sehr krude selbst gemacht). Das war unter meiner "Engel-Verzückung", wo ich am Liebsten ALLES nur mit Karten zum Labern gespielt hätte.
Danach HeroWars. Enorm intensives Politik-Rollenspiel mit einem Hauch mystischer Verklärung (nicht so krass wie bei den B5-Arkana-Karten).
Dann Savage Worlds als Weird Wars Setting GROPOS im Dilgar-Krieg. Militärisches Rollenspiel ohne Schnörkel.
Dann Savage Worlds Starfury-Staffel. Auch militärisches Rollenspiel, aber ein wenig mehr wie Space Above and Beyond aufgezogen.
Dann Savage Worlds als Weird Wars Setting GROPOS gegen Minbari im Erde-Minbari-Krieg inklusive "Predator"-Einlagen. Militärisches Rollenspiel, siehe oben GROPOS im Dilgar-Krieg.
Aktuell in der Mache: Psi-Cops in der Erd-Allianz. Auf DitV-Basis Ermittlungen von Psi-Cops des Psi-Corps gegen Blips und andere Bedrohungen des Friedens der Erd-Allianz.
Jede einzelne dieser B5-Conversions gab mir und meinen Spielen ANDERE FACETTEN derselben Spielwelt.
Zum einen durch die Wahl des SETTINGS als AUSSCHNITT aus der Spielwelt (nur GROPOS in einem bestimmten Frontabschnitt in einem bestimmten Krieg, Botschafter, Technomages, Ranger, etc. in diplomatischer Mission, Psi-Cops als polizeiliche Sonderermittler, usw.).
Zum anderen dadurch, was die jeweiligen REGELN an Setting-Elementen "scharf stellen", in den Blickpunkt der spielerischen Aufmerksamkeit rücken.
Ich halte KOMPLETT-Conversions für nicht wirklich erstrebenswert vom Verhältnis des Aufwandes zum praktischen spielerischen Nutzen. - Ich konvertiere lieber die Teile der Spielwelt, die ich auch tatsächlich in Spielrunden einsetzen werde.
Im Prinzip treffe ich also dieselbe Auswahl aus einem großen Originalsetting (ob aus Romanen, Filmen oder anderen Rollenspielpublikationen), wie ich es als Spielleiter für meine Gruppen eh treffen würde. - Dann konvertiere ich genau den Part mit dem höchsten Detail und der höchsten Aufmerksamkeit, der im Spiel im Vordergrund stehen wird. Alles andere ist Hintergrund, der gröber oder auch nicht umgesetzt werden muß.
So brauche ich für die B5-BRP-Conversion auf der Station im Asteroidengürten NICHT zu wissen, wie genau eine Kompanie an GROPOS zusammengesetzt ist, wie chemische Kriegführung im B5-Universum geht, und dergleichen. - Dafür muß ich wissen, wie in einem Asteroidengürtel geschürft wird, wie es dort mit Gewerkschaften, Konzernen, der lokalen Polizei, usw. aussieht und wie die soziale und politische Lage im System ist. - Wie man das eben auch für einen Kampagnenvorbereitung ausarbeiten würde. - Nur mit dem Unterschied, daß ich anhand der hier prominenten Details auch die Überlegungen festmache, was denn davon wie mit Regeln zu unterstützen ist. (Was, wenn die SCs Belter spielen wollen? Was wenn einer ein Gewerkschaftsfunktionär sein möchte? Was hat der SC aus der Stations-Security für Skills und Befugnisse zu haben? Was können die Prospektoren-Schiffe technisch leisten und welche Spielwerte brauchen sie dann zur Umsetzung? usw.)
Je klarer man selbst weiß, WOHIN man mit der Conversion will, desto befriedigender ist das Ergebnis, weil man sich nicht verzettelt, weil man "auf der Spur" bleibt, weil man nur da Energie reingesteckt hat, wo der Aufwand auch im Spiel zum Tragen kam.
Das Spielgefühl. - Was soll ich dazu sagen? - Ich habe ALLE B5-Conversions als für sich genommen gelungen empfunden. Aber ich habe KEINE B5-Komplett-Conversion gemacht, die das, was ich quer über unterschiedliche Regelsysteme im B5-Universum gespielt habe, jemals ALLES GLEICH GUT hätte rüberbringen können.
Aktuell bin ich z.B. mit meiner Engel-BoL-Conversion AUSSERORDENTLICH zufrieden. Ich kann Engel mit solider Regelgrundlage spielen, statt nur per Spielleiters-"Gnaden" irgendwas zu den Arkana-Karten dahinzuerzählen, was ich als Spielleiter sehr entspannend und befreiend finde, und die Spieler haben VERLÄSSLICHE Spielwerte, die ihnen besseres Einschätzen der Fähigkeiten ihrer Charaktere und deren Erfolgsaussichten erlauben. Dabei bleibt voll und ganz das Setting erhalten.
Effektiv war die Engel-BoL-Conversion für mich WESENTLICH BEFRIEDIGENDER im Erstellen UND im Spielen als alle drei Engel-SW-Conversions, die ich gemacht hatte.
@Dolge: War das etwas, was Du wissen wolltest? Oder habe ich Deinen Eingangsbeitrag falsch verstanden?