Autor Thema: [Manifest] Storyplayer  (Gelesen 10313 mal)

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Offline scrandy

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[Manifest] Storyplayer
« am: 1.08.2010 | 22:14 »
Da ich in vielen Post bereits meine Spielweise angeschnitten habe und von mehreren Leuten nach einem Post im Theoriebereich gefragt wurde, gibt es hier mein Storyplayer-Manifest. Ich wünsche mir eine konstruktive Theoriediskussion ohne Definitionskrieg.

Zum Vorbeugen einige Definitionen:
- storyorientiertes Spiel ist eine Sammlung von Spielstilen, die das erschaffen einer möglichst schönen Geschichte zum Hauptziel der Rollenspielrunde machen.
- spielerzentriertes Spiel ist ein Stil des SLs, die das eingehen auf die Wünsche der Spieler zum Ziel hat und bei dem der SL das Abenteuer um die Entscheidungen der Spieler herum aufbaut.

Storyplayer
STORYorientiertes Rollenspiel mit hoher PLAYER-Freiheit.

Ziele


- storyorientiertes Rollenspiel
- vorbereitetes, komplexes Storygerüst (Spannungsbogen, überraschende Wendungen, intensive Szenen, fordernde Entscheidungen)
- schriftliche (kauf-)Abenteuer und Ergebnisoffenheit vereinen
- spielerzentriertes Spiel
- maximale Gestaltungsfreiheit für Spieler UND Spielleiter
- erlebnisorientiertes, kreatives Lösen von Herausforderungen

Umsetzung

1.) Gestalten nicht Simulieren
Damit die Geschichten das Niveau erreichen, das man erreichen will dürfen Spieler und SL nicht durch eine unnötige Weltsimulation eingeschränkt werden. Der Spielleiter gestaltet also die Welt nicht vor dem Spielabend (zur späteren Simulation) sondern im Moment, in dem gespielt wird. Er gestaltet die Welt quasi für die Spieler und angepasst auf die Handlungen der Charaktere. Limitiert ist der Spielleiter durch zwei Regeln:
a) Erzählen definiert: Alles, was bereits vom SL oder von den Spielern durch Erzählen oder Spielen in die Welt eingebracht wurde, ist in der Welt real. Neue Schöpfungen müssen zu den bereits existierenden Inhalten passen und in der bereits definierten Welt plausibel sein.
b) Gemeinsames gilt: Nur das, was sich alle so vorstellen, bindet. Je besser man erzählt oder spielt, desto eher wird ein Detail in der Vorstellung anderer etabliert. Nur das, was alle sich in der Runde vorstellen ist real in der Welt.

2.) Modularer Abenteuerbau
Als Vorbereitung für ein Abenteuer baut man ein Abenteuergerüst bestehend aus Erzählstrukturen, Herausforderungen und Weltbausteinen. Alle diese Elemente sind unabhängig voneinander und in größerer Anzahl vorhanden, als sie im Spiel benötigt werden. Dadurch kann der SL leichter improvisieren und trotz Freiheiten der Spieler die dramatische Struktur aufrechterhalten. Die Spieler erhalten im Gegenzug die volle Freiheit wie Herausforderungen gemeistert werden, wie ihr Charakter auf die Welt reagiert (Charakterspiel) und können den Verlauf der Geschichte in entscheidenden Stellen beeinflussen. Völlige Handlungsfreiheit, wie beim Sandboxing, erhalten sie nicht wiederstrebt aber auch dem Designziel.

a.) Erzählstrukturen: Ein Spannungsbogen ist meist zentraler Bestandteil von Erzählstrukturen. Es kann ein Konflikt sein, der sich während des Abends zu einem Höhepunkt zuspitzt, besondere unbeeinflussbare Ereignisse, die die Spieler konfrontieren oder Charaktere, die durch besondere Umstände eine Veränderung durchmachen. Wichtig ist, dass diese Erzählstrukturen losgelöst von Szenen, Herausforderungen und konkreten Umsetzungen sind und dass es Angriffspunkte für Veränderungen durch die Spieler gibt, ohne das die Erzählstruktur völlig zusammenbricht.

b.) Herausforderungen: Herausforderungen sind Hindernisse, Aufgaben, Rätsel – eben alles, was von den Spielern in irgendeiner Form überwunden werden muss, um in der Geschichte voranzukommen. Ob und wie eine Herausforderung bewältigt wird, ist dabei dem Spieler überlassen. Wichtig ist nur, dass der Spielleiter genügend Herausforderungen für die verschiedenen Spielsituationen vorbereitet hat. Das bedeutet, dass zum Beispiel ein Zweikampf oder eine Verfolgungsjagd je aus 10 Herausforderungen bestehen kann, und nicht nur je eine Herausforderung darstellt. Kampftaktik, Hindernisse, besondere Ereignisse stellen jeweils Herausforderungen dar, die der SL abhängig von den Charakteraktionen den Spielern präsentieren kann. Durch diese Herausforderungen wird eine Szene nie langweilig und man kann auf die Spieler eingehen. Herausforderungen können aber auch aus Unterherausforderungen bestehen und haben gemeinsam, dass es immer mehrere Lösungsmöglichkeiten gibt und sie auch ganz ausgeschlagen werden können. Als Hilfsmittel hat sich die Herausforderungsliste mit Herausforderungen in Stichwortform bewährt.

c.) Weltbausteine: Orte, Szenen mit einer Grundstimmung, NSCs und Hilfen zur Stimmungsmanipulation sind Weltbausteine. Diese werden ebenfalls in größerer Menge vorbereitet, sodass sie spontan in der Geschichte verwendet werden können. Dabei ist jeder Weltbaustein erst realer Bestandteil der Spielwelt, sobald er im Spiel benutzt wurde. Manche Weltbausteine schließen sich auch gegenseitig aus oder werden niemals eingesetzt. Wurde der Attentäter zum Beispiel schon in der feuchten, steinigen Gasse gestellt, dann muss man ihn natürlich nicht über den überfüllten, lauten Marktplatz verfolgen.

3.) Charaktereinbindung
Ein Abenteuer besteht nicht nur aus Geschichten und Charakterreaktionen sondern in vielen Abenteuern erzeugen die Charaktere erst das Drama der Story oder es sind die einzigartigen Charaktere der Spieler, die die Story entscheidend beeinflusst. Damit dies geschehen kann, füllen die Spieler ihr Charakterblatt mit Flags und Einzelheiten der Persönlichkeit. Dadurch können diese vom Spielleiter gezielt in die Erzählstruktur eingebaut werden und der Charakter so gezielt konfrontiert werden. Außerdem können so die anderen Spieler den anderen Charakter gezielter anspielen und es folgt eine intensivere Charakterinteraktion.
Wünschen die Spieler noch intensiveres Charakterspiel, so kann auch das Abenteuer selbst auf diesen Flags aufgebaut werden oder die Spieler dürfen gewisse Details des Abenteuergerüsts angeben oder mitgestalten.

4.) Steuerungsmechanismen
Um das bekannte Railroading zu vermeiden, wird auf eine Mischung aus Motivationssteuerung und Anpassung an die Spielerentscheidungen gesetzt. Einerseits gibt es klare Herausforderungen, die dem Charakter abhängig von dessen Wahrnehmung gegeben werden („Da du Krieger bist, schätzt du, dass ein Kampf unrealistisch zu gewinnen ist allerdings gen osten eine Fluchtmöglichkeit besteht, was tust du?“ - Der Spieler hat immer noch die Wahl dieser Einschätzung zu folgen). Andererseits wird durch selektive Wahrnehmung das Besondere (und gleichzeitig auch das Gewünschte) herausgestellt („Aus der Schenke kommt eine laut schreiende Frau gerannt und fällt etwa zehn Meter vor euch auf die Kniee. Was tut ihr?“ - immer noch die Wahl). jenseits dessen werden keine Entscheidungen aufgezwungen sondern die vorbereiteten Bausteine auf die Handlungen der Spieler angepasst. Da man die Welt jedoch nicht simuliert sondern die Welt für die Spieler gestaltet, hat man damit bereits genügend macht zur Lenkung der Spieler.

5.) Der Spieler ist verpflichtet, den Charakter zu gestalten.
Der Charakter ist ein Gestaltungsobjekt, das von vielen Runden noch lange nicht ausgereizt wird und er gehört (fast) alleine dem Spieler. Fast bedeutet (wie alles), dass es mit dem Rest der Gruppe zusammenpassen muss. Jenseits dessen können Hintergrund, Ursprung, soziales Umfeld, Freunde, Feinde, innere und äußere Konflikte, Hobbies, Alüren, Stimmungen samt Umsetzung im Charakterspiel ausgestaltet werden. Dabei haben die Spieler genauso wie der SL die Pflicht, der Gruppe etwas zur Unterhaltung zu bieten. Limit zur Ausgestaltung ist wieder die gemeinsame Vorstellung, der Unterhaltungswert für die Gruppe und die Gruppenkompatibilität, doch diese Maße sind alle sehr weit dehnbar.

6.) Rahmenbedingungen: leichtgewichtige Systeme, kreatives Spiel und PE
Diese Spielweise ist ausgelegt für Runden mit hohen Freiheitsgraden in der Lösung der Herausforderungen. Nicht die Spielregeln, sondern vielmehr die Ingame-Logik sollte die Grenze für die Kreativität der Spieler sein. Jede Aktion sollte mit tollen Ideen einhergehen. Herausforderungen mit besonderen, kreativen und kooperativen Maßnahmen gelöst werden und in allen Spielsituationen sollten Kreativität und Erlebnis vor Taktik stehen. Um dies zu erreichen, bevorzuge ich leichtgewichtige Rollenspiele und im gewissen Umfang Player Empowerment bei der Lösung von Herausforderungen. Player Empowerment bedeute hier im engeren Sinne das schaffen von Fakten innerhalb des Lösungswegs und das Benutzen der Spielumgebung im Lösungsprozess. Dadurch wird die gemeinsame Vorstellung ausgekleidet und der Spielwelt leben eingehaucht (siehe: Erzählen definiert!).

Ich hoffe das mein Spielstil dadurch klar wurde und freue mich auf eure Fragen und euer Feedback. Wer bisher mit mir Mystix gespielt hat, hat genau nach diesem Konzept gespielt.
« Letzte Änderung: 1.08.2010 | 22:34 von scrandy »
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El God

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Re: [Manifest] Storyplayer
« Antwort #1 am: 1.08.2010 | 22:34 »
Danke für die ausführliche Darstellung! Insgesamt kann ich sagen, dass es nicht mehr meinem Spielstil entspricht, ich aber eine ganze Zeit so geleitet habe. Die angestrebte Ergebnisoffenheit lässt sich auf diese Weise jedoch nur schwer umsetzen. Dazu schreibst du auch noch, dass die Spieler gelenkt werden sollen - in welchem Sinne gelenkt? In Richtung der vorbereiteten Story gelenkt oder in Richtung gewünschter/vorhergesehener Entscheidungsrichtungen? Wird von den Spielern erwartet, dass sie überlegen, welche Entscheidung der SL von ihnen erhofft oder sollen sie wirklich eigene Entscheidungen treffen und der SL muss sich notfalls darauf einlassen?

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Re: [Manifest] Storyplayer
« Antwort #2 am: 1.08.2010 | 22:39 »
Hallo,
ein paar kleine Fragen:

a.) Erzählstrukturen:
Da ich mich gerade in die Richtung einlese, hast du da einen bestimmten Spannungsbogen den du benutzt ? (In meinen Kopf schwirrt die Heldenreise, Aristoteles Gedanken zur Tragödie mit Freytags Pyramide, bzw. Field's Screenplay Model)

Zitat

b.) Herausforderungen:

Was mich interessieren würde: Wie reagierst du darauf wenn Spieler/Charaktere bei Herausforderungen scheitern ? Bzw. "dürfen" sie das überhaupt ?


Zitat
Jede Aktion sollte mit tollen Ideen einhergehen. Herausforderungen mit besonderen, kreativen und kooperativen Maßnahmen gelöst werden und in allen Spielsituationen sollten Kreativität und Erlebnis vor Taktik stehen
Dazu noch eine Frage: Wie wichtig bzw. unwichtig werden dadurch werte auf dem Charakterbogen.
Angenommen der Charakter  von Spieler A hat einen tollen Wert in Fertigkeit X, aber der Charakter von Spieler hat via dem Spieler eine tolle Idee / kreative Beschreibung. Was passiert dann ? Wer wird angespielt, wer bekommt das Spotlight ?
Oder besagt der Gruppenvertrag dass man sich zurückhält wenn man keine korrespondierende Fertigkeit hat ?

Dazu noch eine generell die Frage: Hat dein Spielstil gamistische Herausforderungen ?

Hast du die Erfahrung gemacht dass bestimmte Spieler mit deinem Stil nicht klargekommen sind ?


Danke für deine Ausführung, ich würde mich über Antworten freuen :)
Ob ich deinen Stil so wie du ihn beschreibst mögen würde kann ich grade schwer einschätzen, da könnten mir die Antworten helfen :)
Wenn man natürlich gemütlich am Tisch sitzt das wieder was anderes, dann spielt man ja einfach erstmal drauf los und gut ist :)

Schönen Abend

Markus

Offline scrandy

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Re: [Manifest] Storyplayer
« Antwort #3 am: 1.08.2010 | 22:41 »
Zitat
in welchem Sinne gelenkt?

Das Lenken bezieht sich in erster Linie auf das Platzieren von Storyhooks oder das führen zu einer nächsten Szene. Das Lenken ist aber nur die eine Seite der Medaillie. Die andere Seite ist das Anpassen auf die Entscheidungen der Spieler hin.

Man sollte auch nicht vor lauter schlechter RR-Abende glauben, dass gute vorbereitete Abende ohne jede Form des Lenkens auskommen. Insbesondere am Abenteueranfang wird die Gruppe gelenkt indem sie mit dem Thema des Abenteuers konfrontiert wird. Beschließt allerdings die Gruppe dem Hook nicht zu folgen, dann wird es nicht erzwungen.

Somit bekommt der Spielleiter sanfte Mittel in die Hand, die Spieler auf interessante Inhalte aufmerksam zu machen. Diese Mittel lenken jedoch nur Aufmerksamkeit und nehmen nicht Entscheidungen vorweg.
Der Waldfürst gibt, der Waldfürst nimmt.

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Re: [Manifest] Storyplayer
« Antwort #4 am: 1.08.2010 | 22:47 »
Zitat
Beschließt allerdings die Gruppe dem Hook nicht zu folgen, dann wird es nicht erzwungen.

Das ist ja eh schon sehr frei und ich nehme mal an die Gruppe weiß eben im Vorfeld dass sie diese Freiheit auch hat.
Bzw. im umgekehrten Fall weiß eine Gruppe hoffentlich dass jetzt ein klassisches AB gespielt wird. Ein SL ist imho zurecht sauer wenn die Gruppe sonst einfach am vorbereiteten AB vorbeiläuft.
Aber da bin ich wohl schon einen Schritt im OT, sry.

El God

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Re: [Manifest] Storyplayer
« Antwort #5 am: 1.08.2010 | 22:49 »
Was tust du, wenn der Haken nicht greift?

Offline scrandy

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Re: [Manifest] Storyplayer
« Antwort #6 am: 1.08.2010 | 22:55 »
Da ich mich gerade in die Richtung einlese, hast du da einen bestimmten Spannungsbogen den du benutzt ? (In meinen Kopf schwirrt die Heldenreise, Aristoteles Gedanken zur Tragödie mit Freytags Pyramide, bzw. Field's Screenplay Model)
Bin in dieser hinsicht Theoretisch nicht vorgeprägt, sondern orientiere mich oft an Film- oder Serienvorlagen. Kann dem Ding also aktuell keinen Namen geben. Sorry.

Zitat
Dazu noch eine Frage: Wie wichtig bzw. unwichtig werden dadurch werte auf dem Charakterbogen.
Ich nutze meinen Stil vor allem mit meinem System Mystix, dass ich auf diesen Stil optimiere. In diesem System sind Werte (vorallem Fähigkeitswerte) sehr wichtig. Man kann an Proben scheitern, würfelt aber nur wenn es erzählerisch eine Option zu Scheitern gibt. Sinnlose Proben, wenn man eh nicht scheitern kann, gibt es nicht. Proben, bei denen man nicht scheitern soll, gibt es auch nicht, weil ich die Story beim Scheitern anpasse.

Zitat
Angenommen der Charakter  von Spieler A hat einen tollen Wert in Fertigkeit X, aber der Charakter von Spieler hat via dem Spieler eine tolle Idee / kreative Beschreibung. Was passiert dann ?
Der Spieler mit der Idee erklärt die Idee und der mit der Ingam-Fähigkeit setzt die Idee in die Tat um. Storyplayer ist außerdem sehr kooperativ. In der Regel werden auch mehrere Leute an einer Sache gemeinsam arbeiten. Kreativität verleitet eben zu Kooperation. Was die Probe betrifft so wird im Würfelmechanismus bei Mystix Glück, Fähigkeitswert und kreative Idee zu gleichen Teilen in der Probe bedacht. Man braucht also in der Regel Fähigkeit und die Idee um erfolgreich zu sein.

Zitat
Dazu noch eine generell die Frage: Hat dein Spielstil gamistische Herausforderungen ?
Definitiv. Die gamistische Herausforderung liegt nur nicht in der taktisch, kämpferischen oder tabletoppigen Richtung sondern eher in der Handlungskreativität. Es sind eben zum Beispiel bei Mystix gerade die Nicht-Kämpfer die ihre Gamistische Herausforderung bekommen. Storyplayer ist ja auch ein Stil bei dem MacGyvern, "on the fly"-Alchemie, Recherche, Stealth usw. ganz neu beflügelt werden.

Zitat
Hast du die Erfahrung gemacht dass bestimmte Spieler mit deinem Stil nicht klargekommen sind ?
Bisher sind nur wenige damit nicht klar gekommen. Ich denke sie gehören aber vor allem der Fraktion der regelharten Spieler an, die alles durch Spielmechanismen lösen wollen und hinter allem was der SL gestaltet SL-Willkür (als Schimpfwort) wittern. No offense. Aber so ist es leider. Wenn Spieler gezielt nach storyorientiertem Spiel suchen, hatte ich aber noch kein Pech.
« Letzte Änderung: 2.08.2010 | 03:04 von scrandy »
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Re: [Manifest] Storyplayer
« Antwort #7 am: 1.08.2010 | 22:58 »
Das mit den Herausforderungen hab ich jetzt, denke ich, noch nicht so ganz verstanden. Könntest du ein Beispiel für Herausforderungen mit Unterherausforderungen machen, Scrandy?

Offline scrandy

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Re: [Manifest] Storyplayer
« Antwort #8 am: 1.08.2010 | 23:00 »
Was tust du, wenn der Haken nicht greift?
Ist es der Haken der Hauptstory zu beginn, dann habe ich bei der Gruppenzusammensetzung was falsch gemacht. Normalerweise sollten die Charaktere von der Motivation Plotkompatibel sein, so dass zumindest einer der Haken zieht. Wenn nicht, dann gibt es ein outplay-gespräch, denn meist liegt es dann an was anderem.

Ich hatte aber den Fall auch schonmal als ich nicht damit gerechnet hatte, dass ein Großteil der Gruppe eine spontane Antipartie zu einer Fraktion im Spiel aufbaut, die aber als Verbündeter etabliert werden sollte. War nicht einfach, das wieder durch ingame Hndlung abzubauen und dennoch gab es ständig Lästern über die Fraktion. Dennoch hat es geklappt das Motivationsdefizit ohne Zwang zu überwinden.

Fazit daraus ist einfach nur: Bessere Arbeit mit den Charakter-Flags.

Ist es aber ein Haken mitten im Plot, dann hat die Gruppe einen guten Grund, warum sie dem Haken nicht Folgt und ich muss eben meine Story anpassen. So einfach ist das. Mögen viele SLs nicht, aber ich mach das trotzdem. Alles andere würde zu RR werden, aber da im Normalfall ja genug Alternativen und genügend Modularität besteht, geht das anpassen auch.
« Letzte Änderung: 2.08.2010 | 03:06 von scrandy »
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Re: [Manifest] Storyplayer
« Antwort #9 am: 1.08.2010 | 23:15 »
Das mit den Herausforderungen hab ich jetzt, denke ich, noch nicht so ganz verstanden. Könntest du ein Beispiel für Herausforderungen mit Unterherausforderungen machen, Scrandy?
Szene: 2 Spieler betreten ein altes Herrenhaus auf der Suche nach einem alten Bild. Ein Spieler ist Kämpfer. Der zweite hat keinen Schimmer von Kampf. Die Spieler werden mit 3 Zombies konfrontiert.

Haupt Herausforderungen:
- Das Bild besorgen
- Den Zombies ausweichen/sie bekämpfen
- im Haus navigieren

Unterherausforderungen Zombies:
- Bedrohung erkennen (seltsamer Geruch, Bewegung in Ecke)
- Griff des Zombies entkommen
- zweiter Zombie schneidet Rückweg ab
- Zombie ist nur durch heilige Gegnestände verwundbar (wenn Hammerit in Gruppe)
- Ruhender Zombie (Zombie schläft im stehen ein)
- Zombie Panik (alle stürzen sich gleichzeitig auf die Gruppe)
- Kampftaktitk: Beißen
- Kampftaktik: Schlagen
- Kampftaktik: In Ecke drängen
- Kampftaktik: Hand bleibt an Rüstung haften (Würgen)
- Kampfziel: Freund (der ohne Kampferfahrung) retten/beschützen

Unterherausforderungen Haus:
- dunkle Kammer
- brüchiger Boden
- Spinnweben (Sicht)
- Geruch (ausgelaufenes Petrolium)
- Weg suchen ->

Unterherausforderungen Weg suchen:
- Treppe unbegehbar
- Aufzug reparieren -> (auch mit Unterherausforderungen)
- Gang mit Möbeln versperrt
- Karte stimmt nicht mit Haus überein
- Geheimfach im Salon
usw...

Ich hab das jetzt mal so dahin improvisiert. Normalerweise wird das eben in ein logisches Ganzes zusammengefügt samt passenden Stimmungen der Räume usw. Es geht ja hier nur ums Konzept.
« Letzte Änderung: 1.08.2010 | 23:47 von scrandy »
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Re: [Manifest] Storyplayer
« Antwort #10 am: 2.08.2010 | 01:44 »
"Das Bild besorgen" ist keine Herausforderung (vor allem nicht im Sinn deiner Beschreibung im Startpost) sondern ein Ziel.
Da könntest du recht haben. Aber im Sinne der Trennung von Erzählstrukturen, Weltbausteinen und Herausforderungen gehört das Besorgen des Bildes eben zur Herausforderung, weil es etwas ist, was scheitern kann, was ein Hindernis für die SCs darstellt und weil man dazu eben eine Lösungsstrategie (wie auch immer diese sein mag) verfolgen muss um an das Bild zu kommen.

Zitat
Wie kreierst Du bei deiner Spielweise die NSC?
Sind das nur Herausforderungen, die abgearbeitet werden sollen, oder zeichnen die sich durch mehr aus?
Nein NSCs gehören zum Bereich der Weltbausteine. Sie können jedoch Herausforderungen enthalten.

Ein NSC erhält bei mir eine Grobe Fähigkeitseinordnung (keine vollständige generierung). Es werden die wichtigsten Fähigkeiten aufgelistet und Werte verteilt. Dazu bekommt ein NSC Hintergrund, Motivation, Situations-Ziel und möglicherweise verschiedene Herausforderungslisten je nach Situation in der man ihn Treffen würde. Das variiert natürlich stark nach Wichtigkeit. Außerdem sind die Herausforderungslisten wiederverwendbar und mehr an die Situation als an die Person geknüpft. So hat ein Wachmann eine Standard Herausforderungsliste für Wachmänner, wenn sie in den Kampf können. Möchte man noch ein wenig abwechslung einbringen, kann man diese ja noch je nach Fall variieren.

Mal ein Beispiel:

Wächter im Haus Tembern
Name: Jona Hargis
Motivation: Familie, Geld
Background: Angeheuerter Wachmann
Ziele: Patrolieren des westlichen Flügels
Eigenheiten: Schreckhaft, Abergläubig
Gesprächsthemen: Myriad-Express, Kneipenschlägerei Old Mary, Steuern
Fähigkeiten: Wahrnehmung (10), Kampf ( 8 ), Suchen(7)

Kampfherausforderungen/Kampfverhalten "harmloser Wachmann":
- Suchen und Finden
- stellt zunächst Gegner
- ruft nach Hilfe
- kreist Gegner ein
- aktiviert Alarmschalter
- versiegelt Türen
- flieht bei Verwundung
- ist käuflich (50µ)
- leicht einzuschüchtern
- versucht eindringlinge zum Aufgeben zu bringen
- fügt ungern gewalt zu

Zusätzliche Herausforderungsliste zur Situation "Einbruch":

Herausforderungen zum Einbruch:
- Geräusche
- Lauter Untergrund
- Blinder Punkt
- Wachrotation
- Plötzlicher Wachwechsel
- Zerbrechende Vase
- Zu gut beleuchteter Raum
- Ein Kind, das nicht schlafen kann
...

Dies war jetzt der Fall eines simplen NSCs. Hat man wichtigere NSCs wie zum Beispiel die Politiker in "Aufstand in Cyrill", dann werden diese wie Spielercharaktere erstellt, nur dass die Fähigkeitsgenerierung vereinfacht erfolgen kann. Wichtig ist hier jedoch eine tiefe Persönlichkeit und detaillierte Verhaltensweisen je nach Situation. Ich finde es im Allgemeinen einfacher den Personen tiefe zu verleihen, wenn ich mir überlege, wie sie sich wann verhalten würde anstatt zu überlegen, wie die Person ist. Dadurch kann man im Vorfeld schon einiges erledigen, was sonst Improvisation sein müsste.
« Letzte Änderung: 2.08.2010 | 01:49 von scrandy »
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Re: [Manifest] Storyplayer
« Antwort #11 am: 2.08.2010 | 01:58 »
Ich denke das einige so spielen, aber das es die meisten eben nicht so explizit aufschreiben.

Was die Herausforderungen betrifft, hilft das einfach sehr einer Aufgabeorientierten Runde würze zu verleihen. Wobei die Trennung von Herausforderungen und Erzählstrukturen und Weltbausteinen natürlich nur in der Planung stattfindet. Am Spieltisch wirkt das dann nicht mehr so Comic-Adventure mäßig, sondern wird zu einem lebendigen Spiel.

Es ist nur einfach enorm hilfreich, wenn man die Herausforderungen an die Gruppe anpassen kann, indem man sie unabhängig voneinander platziert oder einfach welche weglässt. Außerdem hilft es auch ungemein, wenn der Spannungsbogen nichts mit den Herausforderungen zu tun hat und er unabhängig verfolgt werden kann. Ebenso die Weltelemente: Wenn man eine Situation aus dem Spannungsbogen, mit leicht veränderten Herausforderungen mal eben an einen anderen Ort verlegen kann, weil die Gruppe mehr Interesse an diesem Ort hatte, als an einem anderen, dann kann man der Gruppe ihre Entscheidungen lassen und dennoch relativ dramaturgische Erzählformen durchführen.

Das ist halt der Vorteil.
« Letzte Änderung: 2.08.2010 | 02:00 von scrandy »
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Nin

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Re: [Manifest] Storyplayer
« Antwort #12 am: 2.08.2010 | 10:20 »
Ich denke das einige so spielen, aber das es die meisten eben nicht so explizit aufschreiben.

ST
Wenn ich dich richtig verstehe, dann beschreibst du so ziemlich die Art, in der ich (als ST) spiele. Nur, dass ich es nie so gut formulieren könnte - Danke.

SpielerIn
Als storyorientierter Spieler fehlt mir in den Diskussionen zum Storytelling der Blickwinkel darauf, was SpielerInnen dazu betragen können. Damit meine ich jetzt weniger das Aufgreifen der Gestaltungsmöglichkeiten, sondern ein Interesse und eine Verantwortung auf der Meta-Ebene. Dass das eigene Spielziel nicht egozentrisch (hier: auf den Charakter bezogen) ist, sondern auf den kollektiven Prozess (Anspielen anderer SCs, Spotlights gewähren, sich zurücknehmen) und auf die gemeinsam gestaltete Geschichte (z.B. der eigene Charaktertod, wenn dies einen stimmungsvollen Meilenstein in der Geschichte bedeutet).
« Letzte Änderung: 2.08.2010 | 10:22 von Nin »

oliof

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Re: [Manifest] Storyplayer
« Antwort #13 am: 2.08.2010 | 10:29 »
Zwei Fragen an scrandy:

a) Ich finde es etwas befremdlich, dass Du Gestalten und Simulieren gegeneinander stellst. Schließlich ist Simulation auch nur ein Gestaltungsansatz. Was übersehe ich?

b) Die Unterpunkte Erzählen definiert und Gemeinsames gilt sind doch Grundlage für jede Art von Rollenspiel. Ohne diese Grundpfeiler der Kooperation geht doch garnichts. Was übersehe ich?

ErikErikson

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Re: [Manifest] Storyplayer
« Antwort #14 am: 2.08.2010 | 10:34 »
Gefällt mir sehr gut. So leite ich sehr oft.  :d

Ich bin ja praktisch a weng ein Gegner des Simulationsansatzes im Sinne der simulation einer Welt, wie sie der unseren entspricht. D.h. eine recht zufallsgesteuerte Welt mit vielen mühsamen, langweiligen Abschnitten. Rollenspiel soll IMO fast immer wie ein spannender Roman ablaufen. Vielleicht meint Scrady das.

Offline Captain

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Re: [Manifest] Storyplayer
« Antwort #15 am: 2.08.2010 | 10:57 »
b) Die Unterpunkte Erzählen definiert und Gemeinsames gilt sind doch Grundlage für jede Art von Rollenspiel. Ohne diese Grundpfeiler der Kooperation geht doch garnichts. Was übersehe ich?
Ich glaube, diese Frage kann ich beantworten. Auch wenn diese Grundpfeiler scheinbar unerschütterliche Voraussetzungen zu sein scheinen, gibt es doch mehr als genug Leute, die die alleinige Befugnis zum einbringen und definieren von Weltinhalt als Sache des Spielleiters ansehen. Und wenn nur das gilt (nach Wunsch und Konsens der Spielgruppe) was der SL vorgibt, dann beist sich das mit dem gemeinsamen Schaffen des Vorstellungsraumes.


Ich selber spiele sehr oft auf die hier beschriebene Weise. Aber mitunter habe ich das Problem beobachtet, daß manche Spieler ihre Flags nicht gut setzen (bzw setzen können). Und das selbst in Systemen die auf Traits basieren (und damit einen Regelmechanismus für Flags haben). Das äußert sich typischerweise, indem diese Leute sehr lange brauchen um ihre Spielfigur zu erschaffen und dann sehr flache Plattitüden auf ihrem Bogen haben.
Wie kann man dem abhelfen? Was kann man alles tun um diesen Spielern zu helfen?
Spielertyp nach Robin D. Laws: Storyteller 100%, Method Actor 92%, Tactician 75%, Specialist 50%, Butt-Kicker 50%, Casual Gamer 12%, Power Gamer 0%

Offline scrandy

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Re: [Manifest] Storyplayer
« Antwort #16 am: 2.08.2010 | 12:50 »
a) Ich finde es etwas befremdlich, dass Du Gestalten und Simulieren gegeneinander stellst. Schließlich ist Simulation auch nur ein Gestaltungsansatz. Was übersehe ich?
Bei der Simulation erschaffe ich Spielelemente, die dann gemäß ihrer inneren Logik (den Spielregeln) in der Welt ablaufen. Werden diese Elemente um es für die Spieler interessant zu machen in die nähe der Spieler gerückt, dann reden viele Leute direkt von SL-Willkür. In Filmen, Serien oder Büchern, also überall wo dichte Geschichten erzählt werden, passiert aber immer alles in Heldenreichweite, wenn diese damit interagieren sollen oder können. Um dieses Willkürargument zu entkräften, sage ich direkt, dass für die Spieler gestaltet wird und das ein Spielelement erst dann in der Spielwelt existiert, wenn es eingeführt wird. Deshalb kann ich im Gegensatz zum Simulationsansatz die Welt während des Abenteuers noch verändern ohne die Erwartungen der Spieler zu betrügen.

Ein Beispiel:  Ein Bombenleger streift durch die Stadt und sucht sich ein Ziel für einen Anschlag.
Simulation: Ich würfle aus, wo wann und wie er die Bombe legt und würfle auch aus ob es irgendjemand überhaupt bemerkt.
Gestaltung: Innerhalb des Spannungsbogens meines Storygerüsts gibt es die Idee mit einer Spannenden Bombenszene zu beginn. Die erste Szene beginnt also damit, dass ein völlig verzweifelter Bürger von zwei Häusern weiter, in die Taverne gestürzt kommt und jemanden sucht, der eine Bombe entschärfen kann. Außerdem berichtet er, dass neben an in der Kapelle gerade eine Hochzeit mit vielen Menschen stattfindet.

Im Gestaltungsbereicht wurde den Spielern ein Szenario eröffnet, bei dem ihre Charaktere direkt eingreifen können (aber nicht müsse), bei dem ihre Handlungen aber konsequenzen haben. Es wurde das Szenario aber speziell für die Spieler gestaltet. Der (extreme) Simulationsansatz sieht nicht mal explizit vor, dass die Charakter involviert werden, sondern überläßt die Handlung des NSCs der Simluation.

Natürlich kommt meist ein Mischsystem vor: So wird selbstverständlich ein vom SL platzierter NSC nach den Regeln simuliert und ein SL ohne Gestaltung wird sehr selten sein. Aber mein Ansatz geht zum Beispiel so weit, dass ich NSC-Handlungen, die nicht direkt mit den SCs komkurrieren nicht würfeln lasse sondern die NSCs innerhalb der Glaubwürdigkeit handeln lasse. Das bedeutet auch, dass NSCs wenn nicht durch die zwei Hauptregeln definiert, noch on the fly verändert werden können. So habe ich in meinem letzten Abenteuer meinen Intriganten erst mitten im Abenteuer festgelegt, als die Gruppe begann einzelne Charaktere besser zu verstehen. Es bringt ja vom Storyplayer-Ansatz her nichts, wenn jemand Intrigant ist, der von den Spielern als unwichtig abgestmpelt wurde. Und wenn man so weit geht, dann werden die beiden Regeln "Erzählen definiert" und "Gemeinsames gilt" extrem wichtig weil sie harte Grenzen darstellen.

Zitat
b) Die Unterpunkte Erzählen definiert und Gemeinsames gilt sind doch Grundlage für jede Art von Rollenspiel. Ohne diese Grundpfeiler der Kooperation geht doch garnichts. Was übersehe ich?
Siehe oben. Aber außerdem schadet es nicht, den Leuten gewisse Sachen einfach mal vor Augen zu führen. Viele SLs denken nämlich nicht in gemeinsamer Vorstellung sondern nur in ihrer. Außerdem ist das auch Gestaltungsmaxime für meine Referenzumsetzung Mystix, bei der ich eine ganze Menge Maßnahmen zur Förderung gemeinsamer Vorstellungen entwickelt habe. Ich finde das bei der Übereinstimmung der Vorstellung ein großer Konfliktherd lauert, den man mit einigen Kniffen ausschalten kann.

SpielerIn
Als storyorientierter Spieler fehlt mir in den Diskussionen zum Storytelling der Blickwinkel darauf, was SpielerInnen dazu betragen können. Damit meine ich jetzt weniger das Aufgreifen der Gestaltungsmöglichkeiten, sondern ein Interesse und eine Verantwortung auf der Meta-Ebene. Dass das eigene Spielziel nicht egozentrisch (hier: auf den Charakter bezogen) ist, sondern auf den kollektiven Prozess (Anspielen anderer SCs, Spotlights gewähren, sich zurücknehmen) und auf die gemeinsam gestaltete Geschichte (z.B. der eigene Charaktertod, wenn dies einen stimmungsvollen Meilenstein in der Geschichte bedeutet).
Ja das ist ein wichtiger Punkt. Ich finde auch, dass die Spieler immer zu leicht die Verantwortung auf den SL schieben und ihre Pflichten wenig ernst nehmen. Ich versuchs mal:

5a) Die Gruppe arbeitet zusammen
Das höchste Ziel der Gruppe ist gemeinsam Spaß zu haben und gemeinsam eine gute Geschichte zu erzählen. Jeder Spieler (und SL) ist verpflichtet die anderen zu Unterhalten aber auch den anderen Spielern Raum für ihre Ideen zu geben, diese zu unterstützen, Feedback zu geben und sich so gegenseitig im Spiel voranzutreiben. Dieses gemeinsame Spielen trifft vor allem an zwei Schnittstellen aufeinander:

a) Spielerinteraktion:
Das durchführen von Aktionen der Spieler ist ein komplexer sozialer Komplex. Es geht darum Ideen auszutauschen, diese zu bewerten und mit den Konsequenzen der Ideen weiterzuarbeiten. Je detaillierter die Beschreibungen von Spieler und SL sind, desto zahlreicher sind die Mittel mit denen die nächsten Ideen gebaut werden können (gemeinsame Vorstellung). Und je kooperativer und anregender das miteinander ist, desto mehr Spaß macht es schwierige Situationen zu spielen und je eher sieht man im scheitern einer Aktion eine neue Herausforderung. Auch zuhören und motivieren sind wichtig besonders wenn man nicht an der Reihe ist.

b) Gestaltungsschnittstellen:
Weder der SL noch die Spieler wissen untereinander automatisch, was der einzelen Spieler von seiner Figur und von der Runde erwartet. Es ist also wichtig über Flags, Grupopengespräche außerhalb des Spiels oder über das Beschäftigen mit den Charakteren der anderen ein Gefühl für die Mitspieler zu bekommen. Dann kann man gezielt ihnen Spotlights geben, die ihnen Spaß machen, Charakterdetails anspielen, die für sie interessant sind und somit wirklich eine gemeinsame Geschichte erzählen. Außerdem entsteht so gar nicht erst die viel beobachtete Lücke zwischen Spielererwartungen und SL-Vorbereitungen.


Ich hoffe das war in etwa, was du meintest. wenn es das ist, dann ergänze ich den Anfangsthread oben.
« Letzte Änderung: 2.08.2010 | 12:58 von scrandy »
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El God

  • Gast
Re: [Manifest] Storyplayer
« Antwort #17 am: 2.08.2010 | 13:01 »
Zu Nins Bemerkung fällt mir doch glatt die "Ethik des Storyspiels" oder so von Vermi (?) ein. SuFu, ich hasse dich! Aber dort steht letztlich das drin, worauf du vermutlich hinaus willst. Das ergänzt sich hervorragend mit dem, was du hier beschreibst.

Und...
Zitat
dann reden viele Leute direkt von SL-Willkür.
ist nicht so wild. Es wurde ja schon ausgiebig diskutiert, dass man mit Fug und Recht *überall* Willkür schreien darf ;-)

Was mir hier gefällt: Bei dir stehen die Spieler im Zentrum des Erlebnisses Rollenspiel. Sie sind nicht nur "Erfüllungsgehilfen" für die Geschichte des SLs, sondern diese wird aktiv auf die Wünsche, Motivation etc. der Spieler zugeschnitten.

Was mir hier nicht so gefällt: Der SL *scheint* zum Diensleister zu verkommen, es gibt praktisch keine Instanz, die den SL "kontrollieren" könnte. Das heißt, du bist auf einen SL angewiesen, der sich in der hier beschriebenen Rolle wirklich wohlfühlt und seine Begeisterung am Rollenspiel daraus zieht, dass er den Spielern eine interessante Geschichte liefert. Zur Geschichte an sich und ihrem Ablauf können die Spieler wenig beitragen, sind dabei vollkommen auf den SL angewiesen, der wiederum davon abhängig ist, dass seine Spieler mitziehen und sich auf das, was er bietet, einlassen. Dieses Abhängigkeitsverhältnis ist in anderen Stilen weniger ausgeprägt.

Jetzt steht zwar bei "Was mir hier nicht so gefällt" deutlich mehr Text, insgesamt stellt das aber nur einen persönlichen Geschmack dar, während der Pluspunkt, den ich sehe, kaum abstreitbar ist. Ob jemand diesem Manifest folgen möchte, wird also davon abhängen, wie stark er persönlich die negativen Punkte gewichtet.

oliof

  • Gast
Re: [Manifest] Storyplayer
« Antwort #18 am: 2.08.2010 | 13:09 »

El God

  • Gast
Re: [Manifest] Storyplayer
« Antwort #19 am: 2.08.2010 | 13:11 »
Klugscheißer  ~;D

Nein ehrlich: So viel Zeit wollte ich nicht drauf verwenden, ich dachte, es wäre wohl klar, was ich meinte. Danke fürs Raussuchen!

Offline scrandy

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Re: [Manifest] Storyplayer
« Antwort #20 am: 2.08.2010 | 13:15 »
Was mir hier gefällt: Bei dir stehen die Spieler im Zentrum des Erlebnisses Rollenspiel. Sie sind nicht nur "Erfüllungsgehilfen" für die Geschichte des SLs, sondern diese wird aktiv auf die Wünsche, Motivation etc. der Spieler zugeschnitten.
Ja das hat auch den Vorteil, dass schriftliche Abenteuer, die man in dieser Art schreibt nicht nur eine Beobachtungstour der Meisterpersonen wird, sondern trotz Schriftlichkeit die SCs im Zentrum der Geschichte stehen.

Zitat
Was mir hier nicht so gefällt: Der SL *scheint* zum Diensleister zu verkommen,
Dienstleister ist natürlich richtig, aber das sind die Spieler irgendwie ja auch. Andererseits ist natürlich klar, dass dieses Modell vor allem den Regisseur-SL oder den Drehbuchautor-SL anspricht, weil die einfach im Gestalten der Spielumgbeung im Aussuchen der Requisitien und im Aufbaue eines Spannungsbogens viel Spaß haben. Ich glaube aber das es viele dieser Art gibt. Das Problem mit diesen SLs war nur oft, dass diese als willkürliche SLs und RR-SLs verschrieen sind. Mit diesem Spielstil können sie jedoch ihrem Gestaltungstrieb freien Lauf lassen ohne die Spieler zu gängeln. Denn die Spieler haben ihrerseits ja im Bereich der Charaktergestaltung und auch im Bereich der Aufgabenlösung ebenfalls mehr freiheiten als in anderen Stilen und durch das explizite eingehen auf die Spieler wird eben für diese Gestaltet, wie im Fernsehen eben für ein Publikum gestaltet wird. Nur das die Rückmeldung über die Entscheidungen im Rollenspiel natürlich unmittelbarer und interaktiver ist.
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Nin

  • Gast
Re: [Manifest] Storyplayer
« Antwort #21 am: 2.08.2010 | 14:36 »
(...)

5a) Die Gruppe arbeitet zusammen
Das höchste Ziel der Gruppe ist gemeinsam Spaß zu haben und gemeinsam eine gute Geschichte zu erzählen. Jeder Spieler (und SL) ist verpflichtet die anderen zu Unterhalten aber auch den anderen Spielern Raum für ihre Ideen zu geben, diese zu unterstützen, Feedback zu geben und sich so gegenseitig im Spiel voranzutreiben. Dieses gemeinsame Spielen trifft vor allem an zwei Schnittstellen aufeinander:

a) Spielerinteraktion:
Das durchführen von Aktionen der Spieler ist ein komplexer sozialer Komplex. Es geht darum Ideen auszutauschen, diese zu bewerten und mit den Konsequenzen der Ideen weiterzuarbeiten. Je detaillierter die Beschreibungen von Spieler und SL sind, desto zahlreicher sind die Mittel mit denen die nächsten Ideen gebaut werden können (gemeinsame Vorstellung). Und je kooperativer und anregender das miteinander ist, desto mehr Spaß macht es schwierige Situationen zu spielen und je eher sieht man im scheitern einer Aktion eine neue Herausforderung. Auch zuhören und motivieren sind wichtig besonders wenn man nicht an der Reihe ist.

b) Gestaltungsschnittstellen:
Weder der SL noch die Spieler wissen untereinander automatisch, was der einzelen Spieler von seiner Figur und von der Runde erwartet. Es ist also wichtig über Flags, Grupopengespräche außerhalb des Spiels oder über das Beschäftigen mit den Charakteren der anderen ein Gefühl für die Mitspieler zu bekommen. Dann kann man gezielt ihnen Spotlights geben, die ihnen Spaß machen, Charakterdetails anspielen, die für sie interessant sind und somit wirklich eine gemeinsame Geschichte erzählen. Außerdem entsteht so gar nicht erst die viel beobachtete Lücke zwischen Spielererwartungen und SL-Vorbereitungen.


Ich hoffe das war in etwa, was du meintest. wenn es das ist, dann ergänze ich den Anfangsthread oben.

Nicht ganz. ;)

Leider bin ich nicht so gut im Formulieren...
...ich meine mehr den eigenen Anspruch als eine Anforderung.

Ich weiß ja nicht, wie ihr spielt, aber bei mir unterscheidet sich das eigene Rollenspiel (hoffentlich mehr als nur in Nuancen) abhängig davon in welchem Spiel ich mitspiele. Mal geht es darum einen Charakter über einen langen Zeitraum zu begleiten, zu sehen, wie er wächst und zunehmend an Profil gewinnt, ein anderes mal ist das Setting so gewählt, dass eine Figur mal ganz schnell das Zeitliche segnet (segnen soll), auch wenn das Ende letztlich durch eine Lappalie verursacht wird. Wieder anders beim Storytelling. Hier orientieren sich die Handlungen meiner Figur letztlich an der Dramatik der Story. Es geht nicht darum, ob das Verhalten des Charakters 100% in sich schlüssig ist, es ist egal, ob er sich langfristig in seinen Fertigkeiten verbessert, es ist nicht mal so wichtig, ob das Verhalten clever oder dumm ist ... was bei raus kommen soll ist Drama, als ein kollektives Erlebnis.
« Letzte Änderung: 2.08.2010 | 14:48 von Nin »

Offline scrandy

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Re: [Manifest] Storyplayer
« Antwort #22 am: 2.08.2010 | 15:29 »
Also das was du beschreibst ist grundsätzlich alles mit meinem Spielstil möglich, aber genauso wie bei dir je nach Spiel, variiert der Fokus bei mir je nach Abenteuer und Gruppe.

Das ist aber nichts was ich im Manifest festschreiben würde, denn es würde sonst zu viel von dem ausschließen, was grundsätzlich möglich wäre.
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oliof

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Re: [Manifest] Storyplayer
« Antwort #23 am: 2.08.2010 | 17:11 »
Noch eine Frage zum Punkt Steuerungsmechanismen: Ist das das Gleiche wie ein Compel auf einen Aspekt bei Fate (nachzulesen hier für Spirit of the Century und hier für diaspora)? Die Spieler können ja auch bei Fate einen Compel annehmen oder ablehnen, und dementsprechend agieren ihre Charaktere "erwartungsgemäß" oder eben "entgegen der Erwartungen".

Offline Bock-Creation

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Re: [Manifest] Storyplayer
« Antwort #24 am: 2.08.2010 | 17:19 »
Ich hoffe mal das ich mich jetz tnicht falsch ins Gespräch bringen.

1.) was bedeutet RR?

2.) Ich bin ein Freund von dem genannten Storytelling. Ich jedoch Distanziere mich gant stark davon als SL irgendwie eine Veränderung ins Spiel zu bringen. Das beudetet: Wenn der Spieler mit seiner Figur diese Aktion tut und dabei stirbt ist das so. Da kommt dann kein guter Geist und tut was.
Auch spielen wir nach dem Gesagt getan Prinzip. Das macht vieles was ich im Laufe eins Spiels entwickelt interessanter.

Ein Spiel im laufenden SPiel zu entwickeln und NPC wie Orte zu erschaffen, da die Charaktere grade mal einen Ort betreten an den ich als SL bei der Kreation meines Abenteuers net dachte, kann sehr interesasnt sein.

Jedoch muss ich sagen finde ich eine Linie bzw ein Ziel eines Abenteuers imm SInnvoll. Wenn Ich NPC erschaffe oder Orte oder grade das Ziel - dann lege ich eine gewisse Herausforderung fest. Eine mit der meine Spieler leben müssen. Den das Leben ist keine Süßgkeitenladen.

Eine Story im laufenden Spiels zu entwicklen nur um grade den Spielern was Recht zu machen finde ich nicht unbedingt gut.

Aber wie schon erwähnt es gibt verschiedene Stile wie auch unterschiedliche Arten diese auch in einer geschichten erzählenden Atmo zu erzählen.
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