2 Tage Indy angucken? Mein Beileid - ich wohne ne knappe Autostunde südlich und muss sagen ausser einem Steakhouse und GenCon gibts wenig was mich da hinzieht - da wären 2 Tage Chicago vorher ne besser investition gewesen
Das war früher in Milwaukee nicht anders... da hat die Stadt nicht vom Rollenspielspektakel abgelenkt, da wurden um 19 Uhr die Bürgersteige hochgeklappt. Das einzige Kino in der Innenstadt (einen Block vom MECCA entfernt) hat Mitte der Neunziger geschlossen, da gab es dann gar keinen alternativen Zeitvertreib mehr.
Stimmt es, dass man da für die einzelnen "Events", also Spielrunden, Tickets kaufen muss und nur die Leute mit Ticket in eine Runde kommen? Kann man Tickets dann auch tauschen oder weiterverhökern oder wie geht das? Und welche Abenteuer werden dort gespielt, die effektiv in 3-4 Stunden zu Ende sind?
Nicht nur das, es ist auch fast unmöglich eine "wilde" Spielrunde irgendwo zu starten, weil die Nutzung aller Tische und Räume vorgeplant ist. (In den Neunzigern gab es eine kleine "Open Gaming Area" an unverplanten Tischen, wo man auch Brettspiele ausleihen konnte. Eric Wujcik hat dort z.B. sein Amber Diceless die vollen vier Tage rund um die Uhr angeboten. Er hat das wohl vorgezogen, weil dieser Bereich sehr sichtbar war, im Gegensatz zu den mit Vorhängen abgeteilten Spielrundentischen.)
Die Tickets kosten 2$ für 2 Stunden und kommen in zwei Formen vor - "Event Tickets", die an eine bestimmte Runde gekoppelt sind (oder einen extrem begehrten Vortrag), und "Generic Tickets", mit denen man in jede Runde kommen kann, die nicht voll ist (Tickets verfallen, wenn der Spieler 10 Minuten nach Beginn der Runde nicht am Tisch ist).
Die Spielleiter sammeln diese Tickets und müssen sie später abgeben, als Beweis, dass sie geleitet haben (und als Grundlage der Nachbetrachtung des Cons - welche Art von Event war wie nachgefragt, wie gut waren die Räume genutzt, usw.). Gibt ein SL die Tickets nicht ab, wird sein Event als "No Show" verbucht und der SL muss u.U. mit Nachteilen bei zukünftigen Gen Cons rechnen (wenn es z.B. zu viele SL-Anmeldungen gibt, werden verlässliche SLs bevorzugt).
Zu TSR-Zeiten konnten SLs die Tickets in einen Gutschein eintauschen, den sie in der Händlerhalle ausgeben konnten, das scheint heute nicht mehr zu gelten. (Wobei ich nicht mehr weiß, wie groß der Anteil des SLs war - ich glaube, er bekam etwa die Häflte des Wertes der Tickets.)
Tickets für Vorträge sind umsonst, sie sollen lediglich verhindern, dass ein Raum aus allen Nähten platzt.
Tickets kann man vor Ort kaufen (Schlangestehen inklusive) oder bei der Voranmeldung einige Monate vorher - dann bekommt man die Spielrundentickets zusammen mit der Eintrittskarte und der Hotelbestätigung zugeschickt. Zu diesem Zweck gibt es ein Pre-Registration Programme, heute leider bloß noch online. Früher war das ein Print-Magazin von der Dicke eines Mittneunzigerjahre-Dragon-Magazines (also vor den dünnen Paizo-Heftchen), in dem dreispaltig in kleiner Schrift alle Spielrunden, Seminare, Turniere und sonstigen Events aufgezählt waren.
Die ganze Veranstaltung ist in 4-Stunden-Zeitblöcke aufgeteilt (bzw. in 2-Stunden-Halbblöcke für z.B. Seminare und Workshops), es gibt keine "wilden" Anfangszeiten wie auf den meisten deutschen Cons. Wer ein längeres Abenteuer anbieten will, muss eben mehrere Zeitblöcke anbieten (gleich nacheinander oder über mehrere Tage verteilt), muss dann aber damit leben, dass u.U. verschiedene Spieler daran teilnehmen (weil Spieler A nur den ersten Block gebucht hat und danach lieber zum Ed-Greenwood-Vortrag gehen will).
Diese 4-Stunden-Block-Kultur hat dafür gesorgt, dass die allermeisten Spielleiter ziemlich gut darin sind, ihre Zeit effizient einzuteilen. Und ja, dieses Verfahren bedeutet für den Spielleiter, dass er sich über ein halbes Jahr vor dem Ereignis festlegen muss, was er anbieten will - System, Titel des Abenteuers, Inhaltsangabe. Und ja, amerikanische Spielleiter haben dies verinnerlicht und fügen sich ohne Murren in das starre Korsett, denn wer zu spät kommt, bekommt keinen Tisch mehr.
Aber auch die Spieler müssen den Besuch sehr früh zu planen beginnen, sonst scheitert es schon am Hotelzimmer. Als ich das erste Mal auf dem Gen Con war (1990), war das fast ein Spontanbesuch. Das Hotel in MECCA-Nähe hatte ich teuer über ein deutsches Reisebüro gebucht, und sonst keinerlei Informationen über die Veranstaltung selbst eingeholt. Für den On-Site-Ticketkauf musste ich am Tag vorher Schlange stehen, auf der Veranstaltung selbst wusste ich vor Reizüberflutung gar nicht, was ich zuerst machen sollte, und das Programmheft habe ich erst nach meiner Rückkehr in Deutschland
genau gelesen - und mich gewurmt, was ich alles
nicht gemacht hatte.