Ein Spieler kann mehrere Spielvorlieben haben, die unterschiedlich stark ausgeprägt sind und von Situation zu Situation variieren können. Eine absolute Einordnung einer Person als meinetwegen "Storyteller" oder "Powergamer" funktioniert in den meisten Fällen nicht.
Absolute Zustimmung!
Wie oben schon geschrieben, mir geht es gar nicht um Spielervorlieben, sondern um kulturelle Konventionen: nach welchen Konventionen verhalten sich die Spieler im Moment?
(Und ja: auch da gibt es sicher Fälle auf die die Kategorien nicht 100% passen. Auch das ist mir klar. Aber bloß weil die Abgrenzung zwischen "Obst", "Gemüse" und "Salat" nicht immer 100% scharf ist, heißt das doch nicht automatisch, dass wir jedes mal über die Unzulänglichkeit dieser Kategorisierung debattieren müssen, wenn jemand einen Salat bestellt. Oder?)
Das verstehe ich nicht. Magst du das weiter erläutern?
Ich will es versuchen:
Für mich ist der Unterschied zwischen zum Beispiel Fiasco (ich dachte, der Begriff dafür wäre "Storygaming") und zum Beispiel einem Tavernenspiel mit Pathfinder (ich dachte, der Begriff dafür wäre "Drama-Spiel") folgender (unter der Annahme dass beide mit der selben Melodramatik in der selben Katastrophe enden): bei Fiasco gibt es explizit geschriebene Regeln, um das Drama sicherzustellen. Bei Pathfinder gibt es auch sehr viele Regeln, aber kaum eine davon will Dramatik im Tavernenspiel herstellen.
Wenn ich also Tavernenspiel betreibe, dann begebe ich mich außerhalb des Geltungsraumes der geschriebenen Regeln.
So weit verständlich, was ich meine?
"Ja, und..." klingt für meine Befindlichkeit stark nach einer Regel, wie ich sie in einem Indie-Spiel geschrieben erwarten würde (die Art von Indie-Spiel von der ich dachte sie würde "Storygaming"-System heißen).
Das Tavernenspiel das ich kenne, läuft mit einem Regelwerk, in dem keine solche Regel geschrieben steht.
Wenn jetzt die Spieler vor Spielbeginn sich explizit auf "Ja, und..." einigen, dann hat das für mich den Charakter einer Hausregel. Und durch diese Hausregel ist es für mich ein Grenzfall, an der Grenze zum "Storygaming" zu werden.
Sprich: wenn ich mit einer Gruppe neuer Leute zusammen spiele - und da wird vor Spielbeginn über solche Sachen geredet - dann würde ich diese Leute innerlich erst mal als "Storygamer" einsortieren (ob das berechtigt ist oder nicht sei mal dahingestellt).
@ 1of3: Ich glaube, wir haben unterschiedliche Definitionen von „Drama-Spiel“. Das Drama-Spiel das ich kenne, lebt von gemeinsamem Scene-Framing und Stance-Wechseln, die dem Method-Acting eigentlich eher entgegenstehen.
Ich bin nicht 1of3, aber da ich den Begriff "Drama-Spiel" oben eingeführt hatte antworte ich trotzdem:
Das was ich mit "Drama-Spiel" bezeichnet hatte ist tatsächlich eher Method-Acting.
Scene-Framing und Stance-Wechsel sind für mich Bestandteile dessen wovon ich dachte es würde "Storygaming" heißen.
Und, ja, ich sehe es ganz genauso: die beiden sind eher Gegensätze.
(Deswegen ja auch meine ursprüngliche Frage nach einem Begriff für "Drama-Spiel", um es von "Storygaming" abzugrenzen)
Ja. Natürlich. Das Böse sind immer die anderen.
So war das nicht gemeint. Sorry wenn es falsch rüber gekommen ist.
Noch mal zurück auf Anfang:
Ich dachte, drei verschiedene Spiel-Konventionen / Spiel-Kulturen erkannt zu haben.
Ferner dachte ich, basierend auf Dingen die ich gelesen hatte, dass es für zwei von diesen Konventionen schon etablierte und unstrittige Namen gibt (nämlich "Storygaming" und "Storytelling").
Dass ich diese Begriffe so verwende wie ich sie verwende, ist weder wertend gemeint, noch ist es böse Absicht (und garantiert ist es nicht als Angriff oder Beleidigung gemeint. Falls es doch unbeabsichtigt eine war dann tut mir das Leid).
Dass der Begriff "Railroading" negativ konnotiert ist, das ist mir bewusst. Ich weiß leider keinen anderen (neutral oder positiv belegten) Begriff, der der die selbe Sache mit ähnlicher Eindeutigkeit ausdrücken würde.
Was ich ausdrücken wollte: ich hatte gelesen dass die Konvention die "Storytelling" bezeichnet wird, mit der Praxis gleichgesetzt wird die "Railroading" bezeichnet wird. Weil ich dies an mehreren Stellen gelesen habe, habe ich (für meine private Definition in meinem Kopf) den Begriff "Storytelling" (welchen ich noch nicht kannte) mit dem Begriff "Railroading" (welchen ich kannte) und mit der Praxis die ich unter dem Begriff "Railroading" verstehe in Verbindung gebracht.
Mein "Ist das so?" vorhin war nicht als schnippische Bemerkung (im Sinne von "Beweiß mir mal das Gegenteil!") gemeint, sondern wirklich als eine Frage: Ist das wirklich so dass "Storytelling" a priori nichts mit dem zu tun hat was böse Zungen als "Railroading" bezeichnen? Das überrascht mich. Erzähl mir mehr!
Meinst du, dass sich "Storyteller" gegen den Begriff "Railroading" verwehren, weil sie den Begriff abwertend finden?
Oder meinst du, dass "Storytelle" sich gegen die Sache wehren die mit "Railroading" bezeichnet wird - weil sie Railroading genauso wenig (oder genauso sehr) mögen wie alle anderen Rollenspieler auch?
Das Problem geht schon los, wenn du jetzt mit Spielertypen von Laws anfängst. Da kommt ja der Method Actor her, der dir gut gefällt. Unter den Spielertypen gibt es auch den Storyteller. Das ist ein Spielertyp. Nicht die SL. Da kann also nichts railroaden. Und generell sind diese Spielertypen dafür gedacht, damit SLs die Interessen ihrer Spieler ausgleichen und alle glücklich machen können. Die müssen sich also in einer Runde vertragen können, sonst klappt dieser Ansatz nicht. Zudem müssen sie relativ stabil sein.
Ich akzeptiere den mir vorgeschlagenen Begriff "Method Actor" (nach Laws?), obwohl ich den Begriff "Storyteller" anders verwende als Laws ihn verwendet. Mea culpa. Mea maxima culpa. Auch das war keine böse Absicht.
Wie schon mal erwähnt: mir geht es nicht um Spielertypen (welche durch ihre Vorlieben charakterisiert sind). Mir geht es um Spiel-Kultur und Konventionen.
Ich dachte "Storytelling" wäre ein etablierter Begriff, um Spiele wie Vampire, Cthulhu und DSA zu bezeichen - und im übertragenen deren typische Spiel-Kultur. Ich habe von meiner eigenen Erfahrung mit DSA, sowie von ein paar negativ konnotierten Äußerungen (die ich nicht weiter hinterfagt habe) für mich persönlich eine Begriffsdefinition vorgenommen.
Bitte hilf mir zu verstehen, welche meiner Schlüsse falsch waren:
Ist "Storytelling" keine gebräuchliche Genre-Bezeichnung für Spiele wie Vampire, Cthulhu und DSA?
Ist es zu verallgemeinernd, der DSA-Kultur einen Hang zum Railroading zu unterstellen?
Sind Vampire und Cthulhu (deutscher Spielart) in ihrer Kultur DSA nicht ähnlich, in der Hinsicht?
Würdest du den genannten Spielen überhaupt eine kulturelle Ähnlichkeit attestieren - und wenn ja worin besteht die in deinen Worten?
Glaubst du, das Vorurteil des Railroadings in diesem Zusammenhang kommt häufiger vor?
Wenn er häufiger vorkommt: Woher glaubst du, kommt dieses Vorurteil?
Und das ist noch was Anderes als die Dinge, die Anhänger des Storytelling von sich selber sagen. Lies dieses Thema und achte darauf, was Nin sagt. Hier geht es offensichtlich nicht um Vorlieben einzelner Spieler innerhalb einer Runde, sondern um eine Position zu Rollenspiel, die tatsächlich sowohl Laws' Method Actor als auch Laws' Storyteller problemlos mitnimmt. Anders herum ist die Positionierung als Anhänger des Storytelling nicht unbedingt kennzeichnend für das tatsächliche Spiel des sich so Positionierenden.
Danke, sehr interessanter Link.
Dort sprichts du ja selbst davon dass es ein Stil sei der unter Anderem WoD geprägt hat. Haben wir beide zumindest so weit einen Konsens, dass ein Spielsystem so etwas wie einen typischen Stil haben kann (auch wenn du von "prägen" sprichst, und nicht von "typisch sein")? Können wir uns auch noch einigen, dass man Spiele mit einem ähnlichen Stil (von mir aus auch: von einem ähnlichen Stil geprägt) unter diesem Stil als Begriff gruppieren kann?
Ich stelle in dem verlinkten Thema fest, dass tatsächlich beide Extreme vertreten werden:
Gleich in der ersten Antwort schreibt Huntress "Ziel des Spiels eine dramaturgisch durchgestaltete Geschichte. Deren Entwicklung und Gestaltung bleibt dem Autoren überlassen, der auch der Spielleiter sein kann". Das klingt mir sehr stark nach Railroading.
Tatsächlich behauptet Nin dann aber: "Die Geschichte wird gemeinsam erzählt, es gibt keinen vorgegeben Ablauf der Handlung, die in eine bestimmte Richtung zwingt. Der Ablauf der Geschichte ist anfangs nicht definiert, dafür aber Hintergrund und die gewünschte Atmosphäre, die im Spiel erzeugt werden soll."
Sind wir uns einig, dass diese beiden beschriebenen Spiel-Stile einander in gewisser Weise diametral gegenüber stehen?
Sind wir uns ferner einig, dass es für die Diskussion helfen würde, wenn wir diese beiden Spiel-Stile jeweils mit einem Begriff bezeichnen könnte?
Habe ich dich richtig verstanden, dass du (1of3) glaubst, der von Nin beschriebene Spiel-Stil beschreibt "Storytelling" - und der von Huntress beschriebene Spielstil beschreibt alles nur kein gutes Storytelling?
Falls ja, wie würdest du den von Huntress beschriebenen Spiel-Stil bezeichnen?
Wenn du von Tavernenspiel sprichst, ist das eine Dynamik im Rollenspiel, die man genießen kann oder nicht. Die Leute, die den Begriff erfunden haben, tun es eher nicht. Also noch mal eine andere Ebene.
Ich bin durchaus bereit, eine abwertend gemeinte Bezeichnung zu akzeptieren, auch für eine Sache die ich mag. Wenn es hilft, verständlich zu machen was für eine Sache ich bezeichnen will.