@rillenmanni
Super, vielen Dank, dass Du Dich hier meldest und kommentierst! Und herzlichen Glückwunsch zu diesem wirklich famosen Stück DSA-AB-Literatur!
Zwei Dinge zu Deinen Posts:
1. An eine Spieler-Karte zum Download habe ich auch schon gedacht, habe aber nicht zu hoffen gewagt, dass da seitens der Redax/des Autors Interesse besteht. ich würde das sehr begrüßen!
2. Zum Begriff: Szenario vs. Abenteuer. Diese Begriffsabgrenzung ist etwas DSA-Typisches. Ich würde Dein Werk nicht als Szenario bezeichnen, weil es im Gegensatz zu anderen DSA-Szenarien eindeutig zu "spielfertig" ist. Und weil es so aufgebaut ist wie "adventure modules" anderer Systeme wie Hârn oder (mit Einschränkungen) Warhammer. Darum würde ich UW gerne als Abenteuermodul bezeichnen, aber das nur am Rande.
--------
Tja,, schöne Rezi, aber:
Wenn ich ein Abenteuer käuflich erwerbe, dann mit der Intention, mit demit einen Großteil der Arbeit zu sparen...
...aber nach Deiner Beschreibung, bleiben 90% der Arbeit nach wie vor bei mir liegen - nämlich alles außen der Grundidee, einem vermuteten Handlungsablauf und einer oberflächlichen Beschreibung von eine paar relevanten Orten; alles Dinge, die man auch während ein paar Stunden Pedelns so nebenbei im Halbschlaf hinkriegt.
Was fehlt, ist das 'Fleisch auf den Knochen', also zeitraubend zu erstellenden Daten, Werte, Fakten und Details zu den mit hoher Wahrscheinlichkeit auftretenen NPCs, usw.
Da haben wir wohl vollkommen konträre Erfahrungen gemacht, oder Du hast mich völlig missverstanden. Ich habe immer wieder die "Spielbarkeit" von UW betont. Bis auf die Dschungelreise, die anhand von WdS geregelt werden kann, ist da alles drin, was ich zum Spielen brauche. Alles! Vor allem ist drin: "Daten, Werte, Fakten und Details zu den mit hoher Wahrscheinlichkeit auftretenden NPCs". Dazu noch eine Karten, die den SL bestmöglich unterstützt.
Was UW nicht liefert, sind ausschweifende Beschreibungen. Mir geht es da ganz anders als Xemides (und womöglich auch Dir), denn mir reichen die "Schlohweißen Haare" der Wudu-Schamanin völlig. Ihr runzliges Gesicht, ihre bucklige Haltung, ihre schnarrende Stimme, ihren stechenden Blick und ihre panthergleichen Bewegungen kann ich während des Spiels dazutexten. Und selbst wenn ich mir dies vorher zurechtlegen wollte, bräuchte ich nicht mehr als zehn Minuten, um zu allen NPCs und ein paar Handlungsorten noch ein paar Adjektive und Reizwörter an den Rand zu kritzeln.
UW ist ein Abenteuer, das man beinahe völlig ohne Vorbereitung spielen kann, da alle relevanten Infos übersichtlich verfügbar sind. Wie tartex schon erwähnte, braucht es eigentlich kein Auswendig-Lernen.
Stichwort: vermuteter Handlungsablauf. Was für Dich ein Manko ist, lässt mich frohlocken, denn in Wahrheit haben die durchgeskripteten ABs "vermutete" Handlungsabläufe, und wehe, die Spieler entscheiden sich an einer Stelle anders als vorgesehen. UW geht die Sache ganz anders an, indem da nämlich gar kein Handlungsablauf vermutet wird. Es werden lediglich Optionen genannt, falls die SCs sich für gewisse Vorgehensweisen entscheiden. Das AB funktioniert aber auch, wenn sich die Helden völlig anders entscheiden, und noch besser: der SL ist auch dann bestens mit allen Infos versorgt, die er braucht.
Wenn man als SL eine vorher klar umrissene Handlung haben möchte, muss man die in diesem Fall tatsächlich mit etwas Zeitaufwand selbst erstellen. Aber wies gesagt, was für ein Frust, wenn man sich die Mühe macht, die Spieler der vorgegebenen Handlung aber nicht folgen. Da doch lieber alle Möglichkeiten offen lassen.
Stichwort: oberflächliche Beschreibung. "Im See wimmelt es von Krokodilen" Wenn Du das eine oberflächliche Beschreibung nennen willst, sei Dir das gestattet. Ich würde es allerdings als hinreichende Beschreibung bezeichnen. "Im klaren Wassers des Sees, der vom schäumenden Wasserfall gespeist wird, treiben, trägen Holzstämmen gleich, graugrün schillernde Kreaturen in der Mittagshitze. Nur hin und wieder zucken ihre Augenlider, und der verschlagene Raubtierblick dieser gefährlichen Riesenechsen fällt hungrig auf den Betrachter. Wer nicht als Delikatesse in einem der Krokodilsmägen enden will, sollte sich ein erfrischendes Bad in dem See verkneifen." Wäre diese Beschreibung nun "tiefer"? Nur weil man die für das Spiel relevante Aussage unter etlichen Sedimentschichten aus Adjektiven und Atmo-Flözen herausgraben muss?
Stichwort: von ein paar relevanten Orten. In UW werden im Gegenteil und auch im Gegensatz zu ganzen Heerscharen landläufiger DSA-AB
alle relevanten Orte hinreichend beschrieben und plastisch auf der Karte dargestellt.
---------
Dann noch ein Kommentar zu dem Widerspruch, den Kriegsklinges Forderung nach "Plattheit" ausgelöst hat. Zum einen ist diese Forderung ja von ihm selbst sehr stark an den Abenteueranlass geknüpft, und da braucht man nun nicht unbedingt zu widersprechen, denn selbst der hintergründigste Krimi fängt mit der platten Ausgangssituation an: Opfer Tod, Täter will gefunden werden.
Und nun direkt auf UW und die "mangelnde Komplexität" bezogen: Ich sehe diesen Mangel an Komplexität nicht. Sicher, die Aufgabe, ein geraubtes Artefakt zu beschaffen, ist schlicht, aber diese Schlichtheit soll selbst in scheinbar "hochkomplexen" Kampagnen-ABs aus G7 oder JdF vorgekommen sein. Und ja, in UW gibt es nur einen Handlungsort und nur eine Handvoll NPCs, aber dafür haben es die in sich. Der Unterschied zu anderen ABs ist vor allem der, dass die vermeintlich komplexen Verwicklungen andernorts oft vorgescriptet sind, in UW aber gänzlich von den Aktionen der Spieler abhängig sind. Der Sklaven-Kapo macht den Helden das Leben eben nur dann schwer, wenn sie sich freiwillig oder unfreiwillig, aber als Resultat ihrer Handlungen, in Sklaverei begeben. Aber wenn es dahin kommt, dann stehen die Recken vor einem äußerst komplexen Problem. Und der Kral mit seinen Bewohnern ist so konzipiert, dass es bei den meisten Entscheidungen zu solchen Problemen kommen kann. Beim Lesen hatte ich den Eindruck, dass das Abenteuer sogar sehr schwer nur zu knacken sein dürfte (hier wäre interessant, zu erfahren, wie das in den Testrunden lief.)
-------
Und, um einen weiteren Monster-Post zu vollenden möchte ich mit extremen Spoilern noch illustrieren, weshalb ich noch immer gegenhalte, wenn mehr Fluff gefordert wird.
Hier zwei Beschreibungen aus UW (was in [] steht, stammt von mir):
Blutstein: Wer hier an den Martpfahl gebunden ist, wird bei lebendigem Leibe ausgenommen und schließlich geköpft (Schrumpfkopf). Das in einer Wanne gesammelte Blut wird vor Ort von den Umstehenden getrunken. Leichname werden an den Füßen an Seilen hoch in den Steilwänden ("Körperwände") aufgehängt oder an den Schwarzoger Xiaotl verfüttert. Durch Klettervorrichtungen der Wudu ist Klettern an diesem Ort um 2 erleichtert. Viele Aasvögel und Raben kreisen um den Blutstein.
[Kelakeke will den jetzigen Kriegshäuptling Takezehe stürzen und an seine Stelle treten. Das optionale Ereignis "Kelakekes Prüfung" wird so beschrieben:]
Um als Fremder den obersten Blutskrieger fordern zu können, muss Kelakeke erst eine von Gringukala [Schamanin] ausgerichtete Prüfung bestehen. Das der Prüfung vorangehende Opferritual nutzt Gringukala, um die Schwachstelle des [Kelakeke] (Höhenangst) ausfindig zu machen. Kurzentschlossen verkündet sie, dass Kelakeke in der nächsten Nacht das herausgeschnittene Herz des Opfers finden müsse, wolle er Takezehe am folgenden Mittag herausfordern. Sie ruft sechs Raben herbei, die sich um das Beutestück am Boden und in der Luft streiten und schließlich allesamt in den "Körperwänden" verschwinden.
Vielleicht verdeutlichen diese Zitate, dass extrem knappe, fast schon abgehackte, noch nicht einmal sonderlich elegant formulierte Infos genauso viel Flair und Atmo verbreiten können als wortreicher Fluff. Ich jedenfalls war von der Lektüre des AB her so fasziniert von den Wudu, dass ich gleich nach dem Wudu-Kapitel im Quellenband "Im Bann des Diamanten" geblättert habe. Dieses beginnt mit einem Zitat "aus dem Vademecum der Heschint-Geweihten Viviona [...], die Admiral Sanin bei einer seiner Expeditionen begleitete":
"Da schälte sich unvermittelt ein Schatten aus dem dunkelgrünen Blätterwald, und mir schien, als verstummten sogleich sämtliche Geräusche des unheimlichen Dschungels, die mir in den letzten Nächten den Schlaf geraubt hatten. [...]"
So der erste Satz des Kapitels. Die nachfolgenden sind nicht besser. Darin steht nichts, was das Klischee nicht schon längst geliefert hätte, und nichts, was ich zum Spielen gebrauchen kann. Der Text bemüht sich nicht einmal um eine intime-Diktion, vielmehr muss man davon ausgehen, dass die Heschint-Geweihte ihren Lebensunterhalt mit dem Verfassen von Fantasy-Unterhaltungsromanen verdiente, denn sie befleißigt sich genau dieses Stils.
Dem Text folgen weitere derartige Flufftexte. Ich habe das Kapitel aus Lustlosigkeit bis heute nicht gelesen. Aber das nur nebenbei, auf was ich eigentlich hinaus wollte: Die nüchternen Beschreibungen im AB liefern mE mehr Stimmung als der vorhersehbare Fluff, wo sich Schatten aus irgendwelchen Blätterwäldern schälen.
EDIT: Ich sehe gerade, dass einige Posts kamen, während ich (ab)geschrieben habe. Auf die geht dieser Post nun eben nicht ein,