Hier noch ein PJ Harvey Song. Er ist von ihrem "politischen" Album, "Let England Shake" aus dem Jahr 2011.
PJ Harvey singt aus der Sicht eines Soldaten über Gefallene, die zerfetzt im Gelände herumliegen, und die Sehnsucht dem unmenschlichen Schlachten entrinnen zu können. Im Refrain ist dann aber von Worten, die töten, die Rede.
Die Kritiken haben das mit gescheiterter Diplomatie und dem Afghanistan-Konflikt in Zusammenhang gebracht, was natürlich eine mögliche, aber vielleicht auch nicht unbedingt die einzig mögliche Assoziation ist. Am Anfang des Videos sind auch ein paar Bilder zu sehen, die diese Interpretation nahelegen. Das Video zeigt aber auch ncoh ganz andere Bilder und ist so vielschichtig wie der auf den ersten Blick simpel wirkende Text auch.
Der mehrfach wiederholte Schlusssatz lautet "What if I take my problem to the United Nations?" Er stammt aus Eddie Cochrans "Summertime Blues" (besonders bekannt durch das legendäre "Live at Leeds" Album von The Who). Dort wendet sich der Sänger an die Vereinten Nationen, weil er sich Repressalien von seinem Arbeitgeber und seinen Eltern ausgesetzt sieht und vor lauter Arbeit keine Zeit mehr findet sich mit seinem Mädchen zu treffen. Er findet kein Gehör und wird abgewiesen, weil er noch nicht im wahlfähigen Alter ist. An der Wahl des Zitats merkt man schon, dass PJ Harvey bei der Lösung der Probleme dieser Welt nicht unbedingt auf die Vereinten Nationen vertraut.
In gewisser Weise ist es also eine Ohnmacht, die sich äußert. Die Musik dazu ist recht primitiv. In den Strophen führt eine Akkordfolge schrittweise abwärts zu einem Mollklang, im Refrain wird im Kontrast dazu ein Dur-Akkord ins Zentrum gestellt. Krieg und Diplomatie, sich schlagen und miteinander reden, sind zwei Seiten einer Medaille, könnte man vielleicht sagen - besonders verheißungsvoll ist weder das eine noch das andere. Dazu erklingt ein stampfender Backbeat auf dumpfen TomToms, der den schon im Text angedeuteten Soldatenmarsch anklingen lässt. PJ Harvey spielt Autoharp - das Video zeigt Szenen, wie sie den Song zuhause probt - sie hat aber auch die Saxophon- und Posaunenstimme selbst eingespielt. Wenn in der Schlusssequenz dieser Slide-Gitarren-Sound dazu kommt und PJ Harvey immer wieder dieselben Worte singt, gewinnt die Musik etwas mantraartig Transzendentes. Es bleibt uns nichts anderes übrig, als uns immer wieder von neuem zu bemühen. Hilfe ist dabei nicht zu erwarten... höchstens von diesem Song.
PJ Harvey: The Words That Maketh Murder