Ich höre ja seit Ende 1988 Metal (Dio schon seit 1985, aus nicht ganz erklärbaren Umständen). Ohne Internet und Streaming- oder semilegale Downloadplattformen war es damals nicht ganz so einfach, in einem Musikbereich außerhalb des Mainstreams einigermaßen aktuell zu bleiben. In den letzten Tagen habe ich mich dann mal ordentlich durch den Underground der Classc und Powermetalszene der 80er und frühen 90er gewühlt und dabei auch die eine oder andere namhaftere Band, die ich damals ignoriert oder für zu schwach befunden habe, noch mal besucht.
Was mir dabei aufgefallen ist: mein Geschmack in diesem Bereich hat sich in den letzten 30 Jahren nur sehr bedingt geändert. Bands, die mich damals nicht voll überzeugen konnten, können das immer noch nicht. Bands, die in erster Linie die typischen Trademarks reproduzieren und wenig unterscheidbare 4-Minuten-Nummern mit 08/15-Riffing, simpler Rhytmik und 08/15-Struturen abliefern, haben wenig Chancen bei mir. Auf die Weise sind diverse namhafte und durchaus erfolgreiche Bands durchgefallen.
Anvil,
Jag Panzer,
Vicious Rumors,
Armored Saint und
Rage fallen mir da direkt ein.
Chastain wird ein Stück weit durch Leather Leone gerettet, die als eine der wenigen Sängerinnen in der Szene auch noch gut vom Leder (haha) zieht, aber so vollends überzeugt bin ich da auch nicht.
Auf der anderen Seite ist da der Underground, Bands mit sehr eigenständigen Stilen, denen aber oftmals ein Stück Qualität, Kompromissbereitschaft oder Professionalität fehlt, deren Ego im Weg steht, die zu konsequent auf schwer zu vermarktende Aspekte setzen oder die schlicht und ergreifend nicht das Glück hatten, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein. Es gibt da dann doch einige Kleinode, teilweise wie bei Manilla Road auch Bands mit langjähriger Historie, die in den 80ern und 90ern vollständig an mir vorbei gegangen sind. Ich bin da deutlich eher bereit, ein Auge zuzudrücken, vor allem, wenn die Bands atmosphärisch stark sind und diesen Sword & Sorcery-Vibe versprühen. Neben
Manilla Road,
Cirith Ungol und
Warlord, die mir schon seit einigen Jahren bekannt sind und die üblicherweise als erstes genannt werden, sind mir hier vor allem
Heir Apparent,
Lords Of The Crimson Alliance,
Fifth Angel und
Liege Lord positiv aufgefallen und auf meiner Merkliste gelandet, dazu die Retro-Band
Eternal Champion.
Die undergroundigste der Bands, die ich gecheckt habe, dürfte aber
Brocas Helm sein (ok, Lords Of The Crimson Alliance ist ein echter Konkurrent, aber bei denen hält sich das Gerücht, es handele sich um bekanntere Musiker, die hier unter Pseudonymen agieren). Brocas Helm gehört zu den Bands, die einen Vibe haben, der mich anmacht, gleichzeitig aber letzten Endes vermutlich zu unkonventionell sind und zu sehr ihr Ding durchziehen, um es so richtig zu packen. Ihr bestes und rundestes Album ist dabei das 2004 im Eigenvertrieb vertriebene Defender of the Crown, das im normalen Handel als CD nicht erhältlich ist und mich zu einer Anmeldung bei discogs veranlasst hat. Das Album ist eine hochenergetische Tour de Force, und ja, es ist natürlich voller Klischees, nur nicht von der üblichen Sorte. Die Stücke sind individuell, die Einflüsse höchst unterschiedlich und pendeln von bluesigem Hardrock und dem dreckigen Rock'n'Roll von Motörhead, klassischem Metal, Epic Metal bis zum 80er Speed/Power Metal aus Brocas Helms Anfangszeit, und fügt sich doch zu einem harmonischen Ganzen.
Brocas Helm - Defender of the Crown