Miles Davis: ZimbabweDie Live-Aufnahme ist 1975 auf einem Konzert in Osaka entstanden. Miles spielte dort am selben Tag ein Nachmittagskonzert (veröffentlicht als "Agharta") und ein Abendkonzert (veröffentlicht als "Pangaea", das verlinkte Stück ist die erste Konzerthälfte vom Abend). Es sind die letzten Veröffentlichungen Miles´ vor seiner 5jährigen Pause gewesen. Ich schätze sie sehr. Miles hat absolute Supermusiker dabei und seine Band liefert einen tollen Psychedelic-Acid-Jazzrockfunk-Groove ab. Am faszinierendsten ist aber, wie frei die Band trotz traditioneller Basis agiert. Hier kann jederzeit alles geschehen. Miles spielt ein Solo und Sonny Fortune spielt ein paar Saxophonklänge mitten hinein, Al Foster spielt einen Groove am Schlagzeug und M´Tume wirft ein paar polyrhythmische Einsprengsel an den Percussions in die Runde, plötzlich setzt die Band aus und spielt einen Break, danach geht es verlangsamt weiter, wieder ein Break, während dem aber ungerührt ein Saxophonsolo weiterläuft, danach wird die Band wieder etwas flotter, die Gitarre spielt schnelle, bizarre Läufe in extrem verzerrtem Distortionsound, wieder ein Break, das Gitarrensolo wird fortgesetzt, aber ein völlig anderer, schneller, hektischer Groove erklingt, Miles schaltet sich ein, die Gitarre tritt zurück, der Groove scheint vertraut zu sein und aus einem älteren Stück von Miles zu stammen, später erklingen inmitten der groovenden Abschnitte auch immer wieder statische, spacige Klangflächen mit verzerrten Trompetensounds, freirhythmischem Percussiongeklapper und was die Band sonst noch alles an absonderlichen Effekten hervorbringen kann (Miles spielt auch hin und wieder ein paar Spacesounds auf einem Keyboard).
Einige Grooves und Melodien erinnern an ältere Stücke von Miles, die Tradition eines
Repertoires von Stücken wird hier aber zu Grabe getragen, denn alle Einzelelemente lösen sich im großen Fluss des Livekonzertes auf. Ich kenne keine andere Band, die über ein ganzes Set hin so souverän und abgeklärt einen kontrastreichen und gleichzeitig kontinuierlichen völlig frei gestalteten Soundeintopf zusammenrühren kann. Man muss wenigstens ´ne 3/4-Stunde zuhören, aber wer es tut, kommt aus dem Staunen nicht mehr heraus. Sternstunde!