Mal wieder Diamanda Galas.
Was habe ich von Diamanda Galas zu erwarten? Vokalexperimente von wahnsinnigen Schreien zu avantgardistischen Elektroklängen über deformierten Blues und Gospel bis hin zu Gothic. Ihre Themen kreisen eigentlich immer um den Tod. Anfänglich war es der Tod in der Subkultur, die von Aids bedroht war. Später der Tod der Sklaven, der in Gospeln zum Ausdruck kommt. Noch etwas später tauchten auch Serienmörder und Hinrichtungen als Todesstrafe im Themenkatalog auf.
Derzeit höre ich immer mal wieder in größeren Abständen ein Diamanda Galas Album aus ihrem Backkatalog. Kürzlich war es "Defixiones: Will and Testament". Das Album wird durch eine sechsteilige Suite mit dem Titel "The Dance", die über eine halbe Stunde lang ist, eröffnet. [Verlinkt ist das gesamte Album in aufeinanderfolgenden Einzelclips. Die Stücke nach den sechs Clips von "The Dance" sind auch hörenswert]. Ich bin voller Bewunderung. Eigentlich dachte ich ja, ich wisse langsam, was mich erwartet. Dann aber ist diese Angelegenheit von einer derartigen Intensität und dabei doch auch neuartig, dass ich hinterher völlig geplättet bin.
Die geschrieenen, gesungenen, gemurmelten und geächzten Texte handeln von Völkermord und Krieg. Den Rahmen bilden dabei zwei Gedichte des Armeniers Atom Yarjanian, in denen der Dichter aus seinem ägyptischen Exil zu Beginn des 20. Jahrhunderts sein Entsetzen über den Genozid der Türken an den Armeniern schildert. Die mittleren vier Sätze beinhalten allgemeiner gehaltene Gedichte über Greuel und Tod im Krieg, eines von ihnen ist von Pasolini.
Beeindruckend ist neben dem Grauen der Texte, dem Trommeln, Wirbeln und Dröhnen auch die glasklare Akustik der Aufnahme, in der jede Pause für meine Ohren nach Totenstille klingt.
Für mich ist Diamanda Galas das beste Klageweib, das die Welt sich wünschen kann. Und das ist viel, denn es gibt viel zu beklagen.
Diamanda Galas: Defixiones: Will and Testament