"Sucker Punch" sucks...
...at what I thought it would rock at. And it rocks at what I thought it would suck at.
Als ich gestern aus dem Kino kam, war ich ziemlich perplex. Wie Blechpirat schon sagte: Man weiß nicht so recht, was man von dem Film halten soll. Snyder selbst hat ihn, in der Presse häufig als "Alice im Wunderland mit Maschinengewehren" bezeichnet, aber das wird dem Film nicht vollkommen gerecht (vor allem, wenn man noch die Tim Burton-Murks-Fassung des Stoffes im Kopf hat). Wenn ich ihn so mit Otto-Normal-Popcornkino vergleiche, dann ist "Sucker Punch" tatsächlich erstaunlich komplex: Eine Rahmenhandlung, darin eingebettet eine Binnenhandlung, darin eingebettet eine weitere Binnenhandlung (Schachtelrahmenerzählung)... die Übergänge zwischen erster und zweiter Ebene sind dabei fließend, was eine wirkliche Stärke des Films ist, denn ich weiß nie genau, ob ich im Bordell oder im Irrenhaus bin. Dabei ist aber "Handlung" bereits zuviel gesagt, denn die Story ist eigentlich sehr simpel und wird auch mit dem Handlungsebenenverwirrspiel nicht wirklich kompliziert. Eigentlich verbindet der Film über das bisschen Geschichte auch nur die specialeffectsgeladenen Actionszenen miteinander, aber das so minimalistisch, dass ich es fast mutig finde - die Exposition am Anfang finde ich übrigens eine der besten Stellen im Film, denn die kurzen Bilderfolgen sind sehr einprägsam: Das Nötigste wird unkommentiert einfach gezeigt und der Rest ausgelassen.
Diese Auslassungen, die auch später vorkommen, machen den Film für mich eigentlich interessant. Nicht wegen der Actionszenen, sondern wegen der Rechtfertigung dieser Actionszenen hat er so gerockt! Die Rechtfertigung ist nämlich kaum vorhanden. Und dass Babydolls Fantasiewelten wirklich auch eine kranke Psyche schließen lassen, konnte ich nicht sehen: "Sucker Punch" ist so ein bisschen ein Anti-"Black Swan", weil mir als Zuschauer keine der Figuren in irgendeiner Form irgendwie verrückt vorkam (na gut, die Psychologin so ein bisschen, aber die war ja auch eigentlich eine von den "Guten"). Dass die Figuren allerdings sehr flach waren, stimmt leider - da wäre noch Raum in der Tiefe gewesen, indem man klärt warum wer in der Anstalt ist. Hätte den Film aber vielleicht auch überladen.
Der Schnitt ist wirklich klasse - die Kameraführung wechselt zwischen Actionkinostandart und originell (einige Fahrten sind Wahnsinn). Obwohl die Slow-Motion im Film bei den Actionszenen exessiv eingesetzt wurde, fand ich sie gut eingesetzt, weil sie nicht aus Selbstzweck da war, sondern jeden Schnitt, jeden Schlag in seiner Intensität zeigen. Ich finde aber, dass sich das etwa ab der Hälfte schon so abgetragen hat, dass die Actionszenen so interessant nicht mehr waren (die 2. im 1. Weltkrieg fand ich am besten, die letzte im Zug am schlechtesten - da hätte mehr SciFi reingemusst, finde ich). Vielmehr aufgewühlt hat mich das Ende, das maximal düster ist und, mich sogar ein wenig erdrückt hat, denn hinter der Märchenwelt, wo die Protagonistinnen alles wegholzen ohne schwer zu atmen, steckt eine kalte, brutale Realität. Besonders der ständig angedeutete Missbrauch macht den Film für mich eigentlich sehr schwer und bedrückend - ich würde sogar sagen, dass der weit entfernt von einem Feelgood-Movie ist, obwohl da Schulmädchen auf Samurairoboter losgehen. Der Film war bitter, richtig bitter...
Zu den dämonisierten Männerfiguren: Ja, sie waren Typen, aber für den Film war das nicht schlimm und im Rahmen der Geschichte auch durchaus zu rechtfertigen, denn es ging ja um die Perspektive der Mädels. Der Handlanger des Oberbösen (der Afroamerikaner) hätte meiner Meinung nach noch mehr Screentime kriegen müssen - man hätte ihn gut als unverdorbenes Gegenbild zu seinem Chef aufziehen können. Auch der "Highroller" bot für die Identifikation Potenzial.
Fazit: "Sucker Punch" hat mir wirklich gut gefallen - ist nicht der beste Film der Welt, hat aber visuell einige sehr gute Ideen (die Dampfdeutschen sind exzellent umgesetzt und suchen im Steampunkgenre ihresgleichen). Er schöpft sein Potential nicht voll aus (für reines Actionkino zu bedrückend, für Charakterstudie zu flach), aber er war auf jeden Fall auf dem richtigen Weg. Also: Geht ruhig rein, lohnt sich schon.