Eine sehr interessante Fragestellung! Ich habe hier vor längerer Zeit auch mal eine Diskussion gestartet, die sich auf die Fate-Punkte-Ökonomie bezog. Und da zeichnete sich ein deutliches Bild ab, dass das selten so funktioniert, wie es im Regelwerk beschrieben ist. Kann man anpassen, beispielsweise durch Verwendung von Erholungsszenen anstatt automatischer Erholung nach jeder Sitzung (wenn es denn überhaupt als störend empfunden wird!!), aber komplett ohne Fate-Punkte (FP) zu spielen...hmm...
Es wurde mal im FateCast erörtert, was denn überhaupt Fate zu Fate macht, und es wurde hierzu der kleinste gemeinsame Nenner in zahlreichen Fate-Erscheinungen gesucht bzw. diskutiert.
(
https://faterpg.de/2019/08/fatecast-folge-55-fate-ist-nicht-gleich-fate-oder/ -- ab Minute 27 circa)
Hier war das zentrale Element die Aspekte, und darauf aufbauend die Fate-Punkte. Wenn man sich somit Gedanken über ein Fate ohne FP machen würde, müsste man meiner Meinung nach erst einmal darüber nachdenken, wie die Aspekte denn ohne FP "mechanisch" funktionieren sollen. Das erzählerische Element der Aspekte ist ja klar, dass ist der reine Inhalt des Aspekts. Aber ohne entsprechende Fate-Punkte-Mechanik im Hintergrund wird eine angepasste Formulierung der Aspekte, dass sie "mechanisch" auch benutzt werden können, überflüssig. Was dazu führen würde, dass man einfach eine normale Textbeschreibung seines Charakters hernehmen könnte, da Aspekte dann nur noch ihre Aufgabe der Erzählung erfüllen würden. Und DANN wären wir in fast schon im reinen Erzählspiel, je nachdem ob man dann die Fertigkeiten/Methoden/whatever benutzt...
Ich persönlich kam dann zu den Schluss: Wenn ich die Fate-Punkte entfernen würde, dann kann ich auch gleich ein anderes Regelwerk hernehmen. Darüber kann man streiten (wie immer bei Fragen des eigenen Geschmacks
), aber dann gibt es genug andere Systeme die auch sehr gut ohne Aspekte & Fate-Punkte auskommen, und trotzdem eine spannende Erzählung ermöglichen.
Bei deiner Unterscheidung zwischen "Erfolg mit großen Haken" und "ereignisbasierten Reizen" hast du die Unterschiede sehr gut herausgearbeitet. Ich möchte aber auf eine Formulierung von dir hindeuten:
Es könnte also aus taktischen Gründen (Durchrechnen der eigenen Möglichkeiten) sinnvoller sein, lieber gleich ins Reizen zu gehen und einen Fate-Punkt einzusacken statt auf treudoof zu würfeln und mit enormer Wahrscheinlichkeit einen Erfolg mit großem Haken herauszuholen, der mir die Komplikation des Reizens gibt aber ohne den entschädigenden Fate-Punkt.
Was z.B. auch heißt, dass es sich in diesem Fall lohnen würde, lieber gleich auf ganzer Linie zu scheitern (also die andere Option des Fehlschlages) als den Erfolg mit großem Haken zu wählen.
"...aus taktischen Gründen (Durchrechnen der eigenen Möglichkeiten)..." finde ich (auch wieder nur MEINE Meinung, Geschmäcker undso) widerspricht etwas der Designphilosophie von Fate (goldene Regel bzw. "Erst Fiktion, dann Regeln!"). Du hast recht, wenn ich die Wahl habe, dann wäre das Reizen sicher ergiebiger. Aber ich überlege gerade, in welcher Fiktion/Situation in-game man vor
genau diese Wahl gestellt wird, und es auch fiktiv schlüssig argumentiert werden kann.