Und interessanterweise hab ich noch keinen DSA-Charakter getroffen, der tatsächlich mit Tiefe aufwarten konnte. Keinen.
Das wundert mich wenig. Ehrlich gesagt würde mich alles andere sogar schwer beunruhigen, weil dann entweder der Charakter aus der Fiktion in die vorfindliche Wirklichkeit hätte wechseln müssen (was sich zwar bei Ovid nett liest, aber sonst...?) oder Du zur Fiktion hättest werden müssen...
Eh, ja, gut, /ironie. Aber wenn in Deiner Umgebung niemand DSA "mit Tiefe" spielt (oder eben dem, was Dir als "Tiefgang" vorschwebt), wie willst Du auch an andere Erfahrungen kommen als an die, die Du eben machst?
Im Gegenteil, ich weiß, dass Hintergrund nur funktioniert, wenn er nicht in drei Seiten Text versteckt ist...
Wie war das mit "noch anderen Möglichkeiten"? Ich kann mir jedenfalls nicht vorstellen, daß irgendjemand allen Ernstes glaubt, das Niederlegen eines Charakterhintergrundes in Textform müsste unweigerlich, in allen Fällen und durch geradezu zwingend vorgegebene Gesetzmäßigkeiten dazu führen, daß dieser Hintergrund nun für alle Zeiten nicht mehr ins Spiel einzuringen ist. Es sind einfach drei verschiedene Dinge:
- einen Hintergrund überlegen, aufschreiben und dann nicht weiter im Spiel einbringen (sondern das dem SL überlassen wollen oder was auch immer)
- einen Hintergrund überlegen und ausschließlich selbst ins Spiel einbringen wollen
- einen Hintergrund überlegen, aufschreiben und dann
sowohl selbständig
wie auch in Kooperation mit dem SL ins Spiel einbringen
Es gibt sicher auch noch mehr Möglichkeiten, insbesondere wenn man sich vergegenwärtigt, daß meist noch weitere Mitspieler in der Runde vorhanden sind. Aber diese drei sind zumindest vorhanden.
Hintergrund "funktioniert" im Fall 3 sehr gut, um Fall 2 passabel und im ersten Fall nicht unbedingt. Aber ich glaube, das ist keine neue Erkenntnis, für keinen hier, das ist einfach nur das, was eh schon alle mitbekommen haben.
Mit "Kleinhalten" meine ich, dass du als Spieler offenbar akzeptiert hast, dass das System Regeln besitzt, deren voller Einsatz das (von dir) geforderte Spielverhalten ad absurdum führt, weswegen zum einen Spieler niemals die Möglichkeit haben dürfen, diese Regeln voll umzusetzen, zum anderen aktiv dagegen vorgegangen werden muss, dass Spielercharaktere zu mächtig werden.
Auch da gibt es wieder bei weitem mehr als nur zwei Optionen.
- immer alle Regeln bis zum Ende ausreizen können, dürfen und sollen
- Regeln grundsätzlich nicht bis zum Ende ausreizen dürfen und sollen
- Regeln als Eingrenzung betrachten, in deren Rahmen man zuweilen bis an die Grenzen gehen kann und selbstredend auch darf, es aber im Normalfall weder will noch muß,
obwohl man es durchaus darf
Der dritte Fall ist keineswegs eine seltene Randerscheinung, sondern durchaus üblich: Natürlich darf man rein theoretisch überall mit lautem Rülpsen und ähnlichen Geräuschen auf sich aufmerksam machen, aber man tut es trotzdem nicht. Die Regel sagt erst, daß man nicht überall hinpisst, weil das in der Tat verboten ist. - Man kann aber durchaus (wenn man weiß, wann, wie und unter welchen Rahmenbedingungen es passt) mal Rülpsen, um auf sich aufmerksam zu machen, und wenn's gut gelungen ist, können die anderen sich daraufhin sehr vergnügt zeigen; man kann sogar (auch wenn das schon echt profesionelle Einschätzungsfähigkeiten verlangt) das Hinpissen als soziales Kommunikationsinstrument nutzen und damit unbestraft davonkommen. Die Frage ist, was man von den Regeln erwartet: Den Normalfall in allen Facetten einzugrenzen (so daß man sie eigentlich immer bis zum Ende ausreizen kann, darf und soll),
oder nur aufzuzeigen, über welche Grenzen man nun wirklich nicht gehen darf und soll. Im letzteren Fall gelten für den Normalfall dann (was vielleicht verwirrend sein kann) eben gar nicht "die Regeln", sondern Konventionen.