Habe entdeckt, dass es auf Project Rho jetzt auch eine Anleitung für Coilguns gibt. Zwar für die Sorte mit ferromagnetischen Projektilen, aber das lässt sich sicher auch auf induktive Coilguns übertragen.
http://www.projectrho.com/rocket/spacegunconvent.php#Kinetic_Kill_Weapons~Coil_GunsAlso: was ich weiter oben über Plasma schrieb, lassen wir besser mal wieder stecken, weil man dazu aus bestimmten Gründen wieder Sprengstoff braucht. Ist also sowas wie eine "bombengepulste Coilgun".
Aber das Gute ist, dass Coilguns technisch gesehen verdammt hohe Wirkungsgrade haben können, insbesondere bei supraleitenden Magnetspulen, da es sich im Prinzip um einen Elektromotor handelt.
Als ideale Projektilform für den Einsatz im Vakuum stellt sich eine aufrecht stehende Scheibe heraus - denn die erforderliche Baugröße steht im Verhältnis zur Geschosslänge, also will man das möglichst kurz halten.
Ich hab da jetzt mal ein Excelsheet draus gebastelt, aber das Ergebnis ist relativ ernüchternd, außer ich habe irgendwo einen fetten Kommafehler drin. Bisher konnte ich aber keinen entdecken. Denn meinen Berechnungen zufolge wird das Projektil selbst bei 99% Effizienz durch die Induktion so stark aufgeheizt, dass die effektiv mögliche kinetische Energie sich "nur" im Bereich von ca. 15km/s bewegt.
Als ideales Material für eine möglichst hohe Geschwindigkeit hat sich dabei übrigens nicht Wolfram, sondern Aluminium erwiesen, da dies zwar einen niedrigeren Schmelzpunkt, aber eine höhere spezifische Wärmekapazität besitzt.
Die maximale Geschwindigkeit lässt sich deutlich erhöhen, wenn man hinnimmt, dass die Projektile im Rohr schmelzen und bis knapp unterhalb des Siedepunkts aufgeheizt werden. Dann kommt man auf ca. 30km/s, aber auch hier ist das Ende der Fahnenstange schnell erreicht. (Wenn die Magnetspulen auf das flüssige Metall überhaupt noch so wirken, wie sie sollen)
Zur allgemeinen Kontrolle hier mein Rechenweg, vielleicht findet ihr ja einen Fehler:
Aluminium (Dichte 2,7g/cm³, spez. Wärme C = 0,896 J/gK, Schmelzpunkt 933K)
Projektilmasse (gesetzt): 0,21g (Scheibe mit 0,1cm Dicke und 1cm Durchmesser)
Wärmekapazität: 933K * 0,896J/gK * 0,21g = 177J
Wirkungsgrad: 0,99
Ferner nehme ich an, dass von dem 1% Verlust _die Hälfte_ das Projektil aufwärmt.
Berechnung der möglichen kinetischen Energie:
E
kin = Wärme / [0.5 * (1/e - 1)] = 177J * 2 / (1/0,99 - 1) = 35kJ
V = sqrt(2E*m) = sqrt(2*35.000J/0,00021kg) = 18.257m/s
oder wenn man statt den 933K eben 2660K einsetzt (40K unter Siedepunkt), kommt man auf eine kinetische Energie von ca. 100kJ, woraus sich eine Geschwindigkeit von knapp 31km/s ergibt.
Der Knackpunkt liegt also wohl in der obigen Annahme mit der hälftigen Verlustwärme. Nähme das Projektil nur, sagen wir, 10% der Abwärme auf, lässt sich eine Geschossgeschwindigkeit von 40 (fest) bzw 70 (flüssig) km/s erzielen. Das ist aber meines Erachtens wirklich "guesswork", da man das ja schlecht überprüfen kann.
Die erforderliche Baugröße des Rohrs zu guter letzt verhält sich direkt proportional zur Geschosslänge und invers quadratisch zur Feldstärke. Unsere Beispielkanone mit 1mm langen Projektilen wäre bei 1 Tesla Feldstärke bescheidene 3200 Meter lang. Bei 20 Tesla Feldstärke hingegen (bereits heute mit supraleitenden Magneten erreichbar) benötigen wir nur noch überschaubare 8 Meter Rohrlänge (jeweils für flüssige Projektile).
Bei einem Energieaufwand von nur etwa 100kJ/Schuss könnte entsprechend eine z.B. 20MW-Gausskanone satte 200 Schuss pro Sekunde rausheizen. 12.000/Minute, das stellt jede Maschinenkanone in den Schatten. Entsprechend mehr bei höheren Wattzahlen.
Wie gesagt, mir ging es soweit um Raumschiffbewaffnung. Wollte man das nun auf Sturmgewehrgröße runterskalieren, wäre halt die Frage, welche Auswirkungen derart starke Magnetfelder auf den Schützen haben. Selbst wenn sie ihn nicht direkt beeinträchtigen, wäre es suboptimal, wenn er sich nicht in die Nähe von ferromagnetischen Gegenständen bewegen darf. Da müsste der Feind dann nur großzügig eiserne Nägel über das Schlachtfeld verteilen, und schon verliert man die Lust am Gaussgewehr.
EDIT: hab das auch mal eben ausgerechnet. Weil man für Handwaffen ja in der Rohrlänge stark eingeschränkt ist, wird sich entsprechend auch das Projektil durch die Induktion kaum erwärmen (wohl aber durch die Reibung mit der Luft). In Bullpup-Bauweise sind vielleicht 80cm Rohrlänge gerade noch praktikabel. Als Feldstärke habe ich 3 Tesla gewählt, weil solche Stärken auch bei Kernspintomographien am Menschen zum Einsatz kommen.
Daraus ergibt sich ein Temperaturanstieg um nur 6 Kelvin, eine kinetische Energie von 225J bei einer beachtlichen Mündungsgeschwindigkeit von 1500m/s. Allerdings ist die 10x1mm-Scheibe nicht gerade aerodynamisch, besser wäre hier ein ringförmiges Geschoss.
Zum Vergleich: ein heutiges 5,56mm Nato-Sturmgewehr hat eine kinetische Energie von ca. 2000J pro Schuss und ca. 930m/s V_0.
Langer Rede kurzer Sinn: ich bleibe dabei; für Handfeuerwaffen lohnen sich solche Sperenzchen à la Gausswerfer einfach nicht; da sind herkömmliche Feuerwaffen wesentlich einfacher, zuverlässiger, komplikationsloser und dabei kaum weniger effektiv.
Edit 2:
Wenn man Magnetfelder > 4-5 Tesla beherrscht, ist man eigentlich gar nicht mehr so auf möglichst kurze Projektile angewiesen. Schon mit 8 Tesla benötigt eine Bordkanone für 1cm lange feste Geschosse nur noch 3,25 Meter Rohrlänge. Und so weiter.