Das Jahr der Techniken schreitet voran und es wird endlich Zeit für mich, mein erstes Actual Play in diesem Rahmen zu beschreiben. Und da alle Fiasco spielen und darüber reden, wollte ich mir das auch nicht nehmen lassen.
Wir haben in unserer neuen Indy-Testrunde über TeamSpeak gespielt. Mit dabei waren neben mir das Bad Horse und der Tele-Chinese. Ich hoffe, die beiden melden sich, wenn ich unser Fiasco nicht mehr richtig zusammenkriege...
AusgangssituationDie Erschaffung der Charaktere und der Ausgangssituation mit dem Playset Suburbia lief sehr flüssig und machte allen echt Spaß. Zur Unterstützung verwendeten wir MapTool, um eine visuelle Spielfläche zu haben, auf der alle die verbleibenden Würfel und die bereits entstandenen Beziehungen sehen konnten. So entstand ein Dreieck von einer indischen Frauenärztin, die ihren Patientinnen unter der Hand lecker Prozac verkauft, ihrem Cousin, der mit geklautem Heizöl reich werden will und dem Liebhaber der Cousins, der für die Ärztin an der Schule Pilen vertickt. Das Ganovenpaar hatte schon seit längerem den Plan, mit dem Drogengeld der Ärztin abzuhauen und so reich zu werden.
Mir persönlich hat der Erschaffungs-Teil von Fiasco sehr viel Spaß gemacht - um ehrlich zu sein sogar mehr als der Spiel-Teil später. Die Tatsache, dass man nicht immer alle Optionen auswählen kann, lässt einen nachdenken und mit den anderen Spielern darüber grübeln, wie die Beziehungen aussehen könnten. Man tauscht sich aus und bleibt nicht so oft irgendwo im kreativen Prozess hängen, da die Würfel ja gewisse Möglichkeiten vorgeben bzw. ausschließen. Auch die Idee, dass man eine Beziehung nie alleine definieren kann, sondern (fast) immer zwei Spieler daran beteiligt sind, macht die Erschaffung etwas dynamischer und stellt sicher, dass jeder Spieler gleicheraßen involviert ist. Insgesamt ein wunderbares System, das dieser Erschaffungsphase kreativen Input und eine gewisse Struktur gibt, die bei vielen anderen Spielen fehlen. Es hat mir so gut gefallen, dass ich fast schon am überlegen bin, wie man so etwas für PtA umsetzen könnte...
Akt eins und zweiIn den beiden Akten wurde die Ärztin von Drogengangstern unter Druck gesetzt, Kokain zu verkaufen, der Cousin versuchte sein Heizöl loszuwerden, der Liebhaber wollte das Geld stehlen, ein Nachbar kam hinter dieMachenschaften, der Cousin wurde übel zugerichtet, der Liebhaber zu einem seelischen Wrack und die Ärztin verbrannte in ihrer Praxis, nachdem sie die Drogenmafia nicht bezahlen konnte und diese das frisch erworbene Heizöl als Brandbeschleuniger einsetzte. Insgesamt ein schönes Fiasco.
Insgesamt hatten wir mit dem "Ausspielen" der Ausgangssituation viel Spaß. Aber obwohl es Nörgeln auf hohem Niveau ist, hatte ich dennoch so meine Probleme mit der Umsetzung. Mir fehlte es etwas an Struktur im Spielablauf, der doch eher freeformig angelegt ist. Denn die Mechanik unterstützt einen beim Spiel eigentlich gar nicht. Auch die Charaktere blieben auf Grund schwammiger Motivation und der kurzen Spielzeit eher flach und eindimensional. Mir war die ganze Sache teilweise etwas unklar und ich hatte das Gefühl zu "schwimmen".
Dennoch (und das ist das tolle) weiß man immer so in etwa, in welche Richtung es weitergeht und das liegt (denke ich) an der Tatsache, dass jeder das Genre ziemlich gut kennt. Und im Zweifelsfall heißt das: eskalieren!
Was mir auch nicht so gut gefallen hat, ist die Aftermath-Mechanik. Irgendwie fühlte es sich hölzern an, die Würfel zu nehmen und immer so einen komischen Satz dazu zu sagen. Hier wäre es schöner gewesen, wenn jeder Spieler kurz das Ende seines Charakter hätte erzählen können.
Auch haben wir die "taktische" Komponente Würfel einer Farbe zu sammeln, diesmal (im Gegensatz zu meiner ersten Runde) völlig ignoriert. Und das war auch gut so, denn das Spiel lief viel lockerer und mehr an der Fiktion orientiert und nicht so sehr am "gewinnen" wollen. Hier sollte der Regeltext den kompetitiven Subtext streichen und gleich klarer machen, dass das kein günstiges Vorgehen ist. Auch die Verknüpfung des Aftermath mit den gesammelten Würfeln hatte für mich keinen positiven Efekt auf das Spielerlebnis - hier würde es ein völlig zufälliges Aftermath auch tun (und genauso ins Genre passen).
FazitFiasco tut, was es tun soll: es simuliert das Genre der "Fiascofilme", ist schnell, lustig, unterhaltsam, geht wunderbar als Oneshot in wenigen Stunden. Was anderes will es nicht und kann es (würde ich sagen) auch nicht. Es hat ein paar kleine Macken, die sich aber entweder schnell hausregeln lassen oder aber gar nicht so sehr ins Gewicht fallen. Insgesamt ein nettes Spiel, in dem sich der "Diamant" der Erschaffungsregeln und Playsets versteckt.
Edit h