Ich finde Scrandys Zusammenfassung eigentlich sehr gelungen. Was den Charakterbau angeht sehe ich folgendes:
- Man kann durchaus mit einem Charakter Drama erleben, der nicht speziell dafür gebaut wurde, in den wenig Zeit investiert wurde usw.. Wichtig ist, dass sich spätestens im Spiel ein Angriffspunkt findet, durch den man den Charakter in eine dramatische Situation manvrieren kann. Dabei kann der SL eine gute Idee haben, oder der Spieler selbst oder ein Mitspieler. Das ist eignetlich egal, solange der Spieler des Charakters bereit ist, sich darauf einzulassen und Lust auf Drama hat.
- Ein auf Drama ausgelegter Charakter, der schon mit Konfliktpotential ausgestattet ist (sei es durch eine klare Ausrichtung der Persönlichkeit, durch seine Beziehungen zu den anderen Charakteren oder durch seinen Stand innerhalb der Spielwelt), wird in der Regel leichter in ein dramatisches Spiel einzubinden sein, als einer, der dies nicht ist, denn für letzteren muss ja erst ein Angriffspunkt gefunden werden.
- Ein Charakter, der über längere Zeit (Kampagne) aufgebaut wird bietet den Vorteil, dass man sich schon besser in ihn hineingefühlt hat und mit ihm schon so manches durchlebt hat, wodurch natürlich die Bindung des Spieler zum Charakter stärker wird, was wiederum das emotionale Einfühlen erleichtert/erleichtern kann. Die Frage, die ich mir stelle ist: Betreibt man dann in der Zeit, wo der Charakter quasi noch keinen Hintergrund hat reines Abenteuerspiel? Was, wenn man von Anfang an Drama haben will?
Zuletzt noch was zum dramatischen Spielen allgemein: Ich persönlich mag es nicht besonders, Drama allzulange mit demselben Charakter zu spielen. Das fühlt sich dann nämlich tatsächlich sehr soapig an: "Und dann trifft ihn erneut ein Schicksalsschlag und die unglückliche Liebe wird fortgesetzt und wieder stirbt ein Familienmitglied und er muss eine schwere Entscheidung treffen, die wiederum üble Konsequnzen nach sich zieht und dann trifft ihn erneut ein Schicksalsschlag usw." Das lutscht sich aus, finde ich. Ich persönlich mag es, wenn eine Geschichte gezielt auf einen zentralen Konflikt zusteuert, der alle Charaktere im Endeffekt irgendwie persönlich trifft und sie zwingt, schwere Entscheidungen zu treffen und sich ggf. weiterzuentwickeln. Dabei kann das ganze in ihnen angelegte Drama gerne "aufgebraucht" und die Charaktere "verbrannt" werden. Danach kommt eine neue Geschichte mit neuen Charakteren und neuem Potential - das Leben ist kurz und es gibt soooo viele Geschichten zu erzählen.
Achja und ich bin auch nicht der Meinung, dass man zwangsläufig emotional involviert sein muss, wenn man Drama spielt. Manche wickeln sowas sehr gerne eher auf der Metaebene ab und sind sich des Dramas bewusst und schüren es, das sich da in den Geschichten abspielt, würden aber niemals auch nur annähernd das fühlen (und auch nicht wollen), was ihr Charakter grade fühlt, also z.B. weinen, weil sie so ergriffen sind. Da sehe ich wieder die Parallele zum Theater: Wer würde bei Iphigenie auf Tauris schon wirklich emotional mitfiebern? Hier nähert man sich dem Drama auch eher künstlerisch. Ich denke, so kann man auch rollenspielerisch Drama betreiben - mir persönlich macht das aber nicht halbsoviel Spaß, wie wenn ich gefühlsmäßig drinhänge.