Guten Abend.
Es war einmal eine Zeit, da war ich neu im Internetz und zählte wohl die 15 Sommer. Ich stieß auf eine Ort im Netz, Grofafo mit Namen, und hörte Beachtliches: Spieler tun unerwartete Dinge.
Beachtlich schien mir dies, weil ich mich nicht entsinnen konnte, dass meine Spieler je wirklich Unerwartetes getan hätten. Genausowenig hatte ich je von einem Spielleiter gehört, dass ich meinen SC solches habe tun lassen. Ich dachte also über dieses Phänomen nach und fand für lange Zeit keine rechte Erklärung. War es denn so, dass meine Mitspieler so fürchterlich berechenbar sein sollten? Träte dieses Unerwartete vielleicht nur auf, wenn man mit weniger vertrauten Personen spielte?
Nach langjähriger Untersuchung kann ich sagen: Nein, das hat damit nichts zu tun. Vielmehr ist es so, dass man seine Erwartungen unterbewusst kommuniziert. D.h. sobald ich einen Fortgang im Kopf habe, werden die Spieler ihn mit äußerst hoher Wahrscheinlichkeit verfolgen. Schließlich will ja auch niemand "das Abenteuer kaputt machen" bzw. für gewöhnlich achtet man darauf, nicht dahinzugehen, wo möglicher Weise der Spielleiter nichts vorbereitet hat.
Dieser Reflex tritt sogar bei Spielen auf, die Erzählrechte untypisch verteilen. Für gewöhnlich werden Erzählrechte hochgradig konservativ angewendet werden. Bei Spielen mit SL und "Player Empowerment" erlebe ich es regelmäßig, dass ein Spieler das veranlasst, was ich als SL wahrscheinlich auch gleich getan hätte. Der Spieler hatte zwar alle Freiheiten, nimmt mir aber eigentlich nur die Umsetzung ab.
Ich machte auch mal eine Runde auf, mit dem Anspruch auf klassiche Sandkiste zu machen, denn das war grade groß in Mode. Es ging los in einer Stadt, die Charaktere erhielten verschiedene Plothaken und suchten sich welche aus. Gespielt wurde ganz normal und große Überraschungen gabs eigentlich nicht: Man erschlug die Monster, die dazu ausersehen waren, man stellte sich den Bangs, die kamen usw.
Dann liefen das erste mal in meiner Rollenspielkarriere Spieler von der Weltkarte, will sagen: Sie gingen über die Grenzstadt, in der sie sich befanden raus in die Wildnis. "Moment! Also lieber Stefan das zeigt doch, dass diese Sandbox-Kampagne eine ganz andere Qualität haben muss." Naja, schauen wir mal, was als nächstes passierte. Ich äußerste also meine Überraschung und warnte die Mitspieler, dass ich mich darauf nun gedanklich gar nicht vorbereitet hätte. Das sei gar kein Problem, meinten die. Ich würde das schon machen.
Das tat ich dann auch und handelte auf die einzig mögliche Art und Weise: Ich ließ die Charaktere etwas finden. Gut, dass ich tags zuvor eine Sache im Netz gelesen hatte, die ich denn schlicht ins Spiel setzte. Was dann kam war wieder ganz das Gewohnte und alle waren glücklich.
Fazit: Für gewöhnlich will niemand, dass das Spiel von der Weltscheibe kippt. Man achtet also darauf, was die Mitspieler als sicher ausweisen. Das können nur bestimmte Dinge sein, deshalb wird das Spiel für gewöhnlich konservativ und ohne große Sprünge von Statten gehen. Da Menschen auch unbewusst kommunizieren, ist es gar nicht nötig Mitspieler absichtlich in eine Richtung zu treiben. Sie werden sie werden mit guter Chance Entsprechendes tun, wenn nur eine Vorstellung davon existiert. Als Alternative bliebe nur, nichts in der Fiktion zu etablieren, was aber nicht funktionieren, wenn die Mitspieler Inhalte abfordern, und auch irgendwie nicht Sinn und Zweck der Übung ist.
Wie kam es dann aber, dass die Spieler einmal doch ganz unerwartet in die Wildnis gestiefelt sind? Das lässt sich leicht erklären, hatte ich doch die Stadt als Außenposten vorgestellt, von dem regelmäßig Abenteurergruppen aufbrachen, um in der Wildnis Schätze zu finden. Was lag da also näher?