Guten Morgen,
vor einer Woche wuchs in mir und ein paar anderen Spielern in der Umgebung die Idee, eine spontane Rollenspielrunde zu machen. Ich habe also eine Minikampagne angesetzt (voraussichtlich 5 Spielabende zu je 4 bis 5 Stunden). Wir einigten uns auf Dragonblooded. Gestern war die Charaktererschaffung (d.h. der erste Teil der Charaktererschaffung... Charms hat immer noch keiner).
Ich habe versucht, das Ganze so simpel wie möglich zu halten und spare wo es geht am Crunch... daher flogen raus:
- Trennung Persönlicher/Peripherer Essenzpool
- Großer Fluch
- Rumgeticke
- Willenskraft
- Teilweise Tugenden (gibt's weiterhin, sind aber stärker spezifiziert)
Meine Ursprungsidee war gewesen, eine Gruppe Magistrate (das sind so eine Art reisende Problemlöser/Polizisten des Kaiserreiches - die werden von der Kaiserin höchstselbst ernannt und fungieren als wandernde Richter, Monsterjäger, Detektive, etc.) mit einem komplexen Kriminalfall zu betrauen.
In der Gruppe strebte ich ursprünglich gerne eine schöne Verteilung an, damit ich eine möglichst komplexe Verschwörung konstruieren konnte:
- Ein Magistrat mit militärischem Hintergrund
- Ein Magistrat mit bürokratischem Hintergrund
- Ein Magistrat mit geistlichem Hintergrund (also de facto ein wandernder Mönch)
Hinbekommen haben wir den Militärmagistrat und den Mönch, aber um die Rolle des Bürokraten wurde sich arg gezankt. Letztlich hat sich ein Spieler bereiterklärt, der auch sagte, er könne alles spielen, im Zweifelsfall.
Jeder Spieler, dem ich je begegnet bin, findet Bürokratie und Politik grundsätzlich lahm! Spielergesteuerte Intrigen, große Politik oder Umgang mit Ministerien sind also reiner Zufall. Am Ende kam dann ein Charakter raus, wo zwar Bürokrat draufsteht, aber effektiv irgendwie Waldläufer drin zu sein scheint - wenigstens sind Kontakte zur Unterwelt und zu den Ministerien vorhanden. Aber ich warte mal die Charmverteilung ab - der Spieler ist mit dem Setting auch nicht sonderlich vertraut und hat was Bürokratie angeht einfach falsche Assoziationen gehabt, denke ich. Denn im Wuxia-Genre ist Bürokratie ja schon irgendwie dynamisch.
Weiterhin werden politische Spirenzchen in der Gruppe schon schwer, weil jeder der Charaktere die Sozialen Attribute als seine tertiäre Kategorie gewichtet hat (sprich, die sind bei keinem besonders hoch). Dafür sind alle drei derbe Monster, wenn es ums Kämpfen geht... ich werde also stark auf den Actionaspekt setzen müssen, denke ich.
Auch mit meinen heißgeliebten moralischen Dilemas und dem DRAMA-DRAMA-DRAMA-Aspekt werde ich eher Probleme haben. Dazu scheinen die Leiden anderer Personen den Charakteren einfach nicht wichtig genug zu sein. Aber da muss ich noch Absprache halten.
Mit effektiver Ausnahme meiner Gruppen auf dem Großen (danke, Leute!) musste ich bei jeder Exalted-Konstellation bei mindestens der Hälfte feststellen, dass bei den Tugenden "Barmherzigkeit" grundsätzlich auf 1 geblieben ist - was folgte war mein obligatorischer Monolog "Barmherzigkeit 1 ist nicht Barmherzigkeit 0... you care!", auf den ich langsam keinen Bock mehr habe. Warum will denn keiner vielleicht auch mal einen Charakter spielen, der nicht gefühlskalt ist. Mich nervt das echt! Barmherzigkeit 1 sollte nicht die "Ich darf mich verhalten wie ein Arschloch"-Legitimation sein. Nächste Woche mache ich mit den Spielern erstmal die Charakterverbindungen. Ich habe alle etwas über dem Startniveau für Anfängercharaktere starten lassen und darauf bestanden, dass alle sich bereits kennen und zusammen als Magistratsgruppe arbeiten. Weiter sind wir noch nicht und die SCs gehören auch alle unterschiedlichen Großen Häusern (Adelsfamilien) an (und ich hab wieder eine Mnemon dabei, ach was freut mich das...)
Artefakte sind zwar gekauft, aber nicht weiter ausgearbeitet. Zwei Charaktere haben sogar ein Refugium, aber meine Bitte, sich vielleicht doch mit der Gruppe ein gemeinsames Refugium zu bauen, das als Hauptquartier der Gruppe funktionieren kann, wurde abgelehnt. Dafür hat die Gruppe jetzt schon so viele Artefakte, dass ich jetzt schon einen Überschuss an Kewl Powerz feststelle (klar, Exalted is all about kewl powerz... aber den Überblick darüber zu behalten, ist schon schwer).
Spielern fällt es effektiv äußerst schwer, sich selbst Artefakte auszudenken. In der Regel blättern sie ein paar Mal das Grundbuch und "Oadenol's Codex" durch und nehmen die paar lahmen Teile, die da stehen. Oder sie bauen Herzsteine zu Artefakten um. Ich möchte gerne mal erleben, dass Spieler ankommen und ihre magischen Traumgegenstände mit Überlieferung und Pipapo bauen, die bei anderen Settings einfach nicht drin waren. Ich glaube demnächst vergebe ich mal Extrabonuspunkte für coole Artefaktideen. Oder ich mache eine dicke Templateliste mit generischen Artefakten... Soweit die Vorüberlegungen...
Jetzt brauche ich für meine Minikampagne nur noch ein Hintergrundrauschen, bei dem es eine Menge zu kämpfen gibt, bei der es richtig um was geht, die aber trotzdem in 5 Sitzungen à 4 Stunden machbar ist. Durch die Gruppenkonstellation möchte ich schon irgendwas irgendwie Kriminalistisches haben, was aber im China/Japan-Anstrich bleibt (ich spiele mit dieser Gruppe die wuxia-esque Interpretation von Exalted) und trotzdem spezialeffektgeladen ist und viel Klopperei gegen dicke Gegner (bzw. Horden von mickrigen) einschließt.
Ausgangspunkte habe ich bislang irgendwie 3:
- Habe jüngst einen koreanischen Wushu-Streifen namens "Duelist" gesehen... da ging es auch um Magistrate, die eine Falschgeldkatastrophe im großen Stil aufdecken - ein Bürokrat wollte das Land ruinieren und hat daher Falschgeld unters Volk gestreut. Eigentlich eine schöne Idee, eignet sich vielleicht aber eher als Hintergrundrauschen, denn als Hauptdreh- und Angelpunkt. Schön verbinden kann ich das mit der Kaiserlichen Schatzkammer... vielleicht will jemand die monetären Vorräte des Reiches durch Falschgeld ersetzen.
- Seit langem trage ich mich mit der Idee, dass der Kaiserliche Berg durch irgendwas in der Mitte gespalten wird und das Reich physisch in zwei Teile bricht mit einer großen Schlucht als Grenze. So könnten sich zwei unabhängige Regierungen bilden und die Großen Häuser sich auch auf jeweils eine Seite zurückziehen und vielleicht sogar Krieg miteinander führen. Letztlich ist das aber vielleicht too much für 5 Spielabende.
- Die Charaktere investigieren direkt das Verschwinden der Kaiserin. Oder die Verbrechen, die sie aufdecken, führt erst zum Verschwinden der Kaiserin. Das ist episch... aber für fünf Spielabende vielleicht auch viel zu viel Stoff. Außerdem will ich so gut es geht im Wuxia-Genre bleiben.
Kurz zusammengefasst: Es soll richtig rund gehen und es sollen umstürzende Veränderungen bespielt werden. Die Charaktere sind als Magistrate auch schon erfahren und einigermaßen berühmt. Sie wurden von der Kaiserin vor deren Verschwinden noch selbst ernannt. Weiterhin will ich bei der ganzen Epik aber doch irgendwie moralische Entscheidungen und Intrige drin haben und ich bevorzuge einen analytischen Aufbau, wo mit jeder Spielsitzung neue Antworten auf Mysterien gegeben, aber zugleich neue Fragen aufgeworfen werden.
Danke schonmal für eure Hilfe!