Autor Thema: [Europa - alternatives Mittelalter]  (Gelesen 5342 mal)

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Offline Boba Fett

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[Europa - alternatives Mittelalter]
« am: 5.04.2011 | 13:39 »
Rollenspiel ist ja das Spiel um die "was wäre, wenn..." Frage, in der sich dann im Spiel die Mitspieler in die Rollen begeben, die in der Beantwortung dieser Frage eine Geschichte spielen.

Ich möchte mal ein bisschen Brainstorming machen...

Was wäre, wenn...

... Kaiser Konstantin I (der Große) seinerzeit nicht zum Christentum übergetreten wäre und das Christentum entsprechend zur wichtigsten Religion in Europa geworden wäre (und auch der Islam entsprechend keine Rolle spielen würde), sondern höchstens als "kleine Sekte" existieren würde
und
... es übernatürliches geben würde, also Magie, Zauberei, Göttermacht, nichtmenschliche (auch übernatürliche) Wesen (bitte explizit kein tolkieneske Elfen, Zwerge, Hobbits, Orks!) und was man sich noch so vorgestellt hat.

Wie würde Europa dann im Mittelalter aussehen?
Wäre das ein interessantes Setting?
Welche "Epoche" wäre am Interessantesten?
Welche Nationen könnte es geben?
Welche Religionen? Welche würden im Widerstreit miteinander liegen?
Inwiefern würde sich Übernatürliches manifestieren?

Brainstorming eröffnet.
Tobt Euch aus...!

« Letzte Änderung: 5.04.2011 | 14:19 von Boba Fett [away] »
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Offline Oberkampf

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Re: [Europa - alternatives Mittelalter]
« Antwort #1 am: 5.04.2011 | 13:56 »

Wie würde Europa dann im Mittelalter aussehen?
Wäre das ein interessantes Setting?
Welche "Epoche" wäre am Interessantesten?
Welche Nationen könnte es geben?
Welche Religionen? Welche würden im Widerstreit miteinander liegen?
Inwiefern würde sich Übernatürliches manifestieren?


Religion: soweit ich weiß, war der Mithraskult zeitweilig ein echter Konkurrent des Christentums. Den würde ich also auf jeden Fall irgendwie einbauen. Mit dem Mithraskult könnte man evtl. auch Konflikte zwischen weltlicher und priesterlicher Gewalt/Herrschaft begründen, aber dazu kenne ich mich zu wenig mit dem Kult aus. Selbst wenn das Christentum nicht zur offiziellen Staatsreligion würde, könnte es weiterbestehen, vieleicht als eine messianische Strömung innerhalb des Judentums.

Was die Nationen angeht, wäre halt die Frage, inwieweit man ein einheitliches römisches Imperium, ein stark "föderales" römisches Reich oder gar keinen Überrest des Imperiums behalten will. Als ex-Trierer bin ich natürlich dafür, das weströmische Reich in verkleinerter Form bestehen zu lassen.

Übernatürliches würde ich im Stil der "Urban Fantasy meets Warhammer" auftreten lassen: die Menschen wissen zwar, dass es Übernatürliches gibt, aber sie wissen nichts Genaues und sie fürchten sich davor. Mann kann Charaktere spielen, die vom Übernatürlichen berührt wurden, z.B. Wechselbälger, aber die SCs haben keine großartigen Kräfte und müssen ihre übernatürliche Seite geheim halten. Die Priesterschaft hat eine eigenständige Institution entwickelt, um das Übernatürliche zu bekämpfen. Alternativ kann es auch Beschwichtigungszeremonien geben, bei denen Menschenopfer praktiziert werden.
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Offline Waldviech

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Re: [Europa - alternatives Mittelalter]
« Antwort #2 am: 5.04.2011 | 14:03 »
Zitat
Selbst wenn das Christentum nicht zur offiziellen Staatsreligion würde, könnte es weiterbestehen, vieleicht als eine messianische Strömung innerhalb des Judentums.
Dafür war es zu Konstantins Zeiten schon viel zu stark abgespalten. Darüber hinaus war es da auch ohne Staatsreligion zu sein schon eine Massenreligion. Es wird also auch ohne Konstantin verdammt viele Christen in Europa geben - sehr wahrscheinlich auch als primäre Religion, vielleicht aber ohne große Zentralkirche mit etlichen kleineren christlichen Richtungen.
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Belchion

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Re: [Europa - alternatives Mittelalter]
« Antwort #3 am: 5.04.2011 | 14:07 »
Ohne die christlichen Klöster mit ihrer europaweiten Verbreitung dürfte es niemanden mehr geben, der das antike Wissen aufbewahrt. Es gibt auch keine Missionare, welche Christentum und Klöster verbreiten. Entsprechend dürfte römisches Erbe die entlegenen Gegenden weniger stark beeinflussen als es in unserer Welt geschah. Auch das Lateinische als "Lingua Franca" fällt weg.

Das römische Reich dürfte ebenso untergegangen sein wie in unserer Welt, allerdings werden sich die nachfolgenden Reiche aufgrund des fehlenden Vorbilds der römischen Kirche und der Klösterverbände weniger stark institutionalisieren. Die uns bekannten Großstaaten würden also niemals entstehen, vielmehr gäbe es immer wieder kurze große Reiche, die nur so lange halten, wie die sie beherrschende Dynastie (und sich aufgrund von Reichsteilungen vermutlich ca. alle zwei bis vier Generationen ändern).

Chrischie

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Re: [Europa - alternatives Mittelalter]
« Antwort #4 am: 5.04.2011 | 14:08 »
Religionstechnisch wäre es wohl ein großes Durcheinader geworden, da die verschiedenen Volksstämme an ihren paganen Bräuchen festgehalten hätten. Dies hätte sich auch massiv auf die Bildung von Staaten ausgewirkt, da sich in Europa das Christentum durchsetzte und starken Einfluss darauf hatte wer Monarch wurde. Vergessen darf man auch nicht die verschiedenen Kirchenländereien, durch die die Kirche ebenfalls politischen Einfluss gewann. Eine spannende Epoche wäre wohl irgendwie 600-800 nach Christus. Die späteren Epochen eignen sich nicht so sehr, da politisch dort Kreuzzüge in Richtung der baltischen und slawischen Völker ausgingen, sowie verschiedene Dynastiewechsel in verschiedenen Staaten die auch kirchenpolitische Komponenten hatten.

Ich würde 600 anfangen und die Geschichte neu schreiben.  

Offline Boba Fett

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Re: [Europa - alternatives Mittelalter]
« Antwort #5 am: 5.04.2011 | 14:20 »
Ich würde 600 anfangen und die Geschichte neu schreiben. 

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Offline Woodman

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Re: [Europa - alternatives Mittelalter]
« Antwort #6 am: 5.04.2011 | 14:22 »
Zitat
... es übernatürliches geben würde, also Magie, Zauberei, Göttermacht, nichtmenschliche (auch übernatürliche) Wesen (bitte explizit kein tolkieneske Elfen, Zwerge, Hobbits, Orks!) und was man sich noch so vorgestellt hat.
Da wie schon mehrfach erwähnt wohl mehr ursprüngliche Religionen erhalten geblieben wäre, würde ich auch da nach übernatürlichem suchen, also von inselkeltischen Sidhe, über skandinavische Trolle bis hin zu hellenischen Nymphen, alles eher lokal bis regional.

Offline Boba Fett

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Re: [Europa - alternatives Mittelalter]
« Antwort #7 am: 5.04.2011 | 14:24 »
Dafür war es zu Konstantins Zeiten schon viel zu stark abgespalten. Darüber hinaus war es da auch ohne Staatsreligion zu sein schon eine Massenreligion. Es wird also auch ohne Konstantin verdammt viele Christen in Europa geben - sehr wahrscheinlich auch als primäre Religion, vielleicht aber ohne große Zentralkirche mit etlichen kleineren christlichen Richtungen.

okay, ich habe oben präzisiert!

Wenn es nicht durch das Unterbleiben von Konstantins Handeln zu negieren ist, dann hat es entsprechend andere Ereignisse gegeben.
Die frühchristlichen Kirche wurde bei den jüdischen Aufständen vernichtet bzw. in die Bedeutungslosigkeit dezimiert. Oder denk Dir was anderes aus...

Die Eingangsbedingung ist: Das Christentum (und auch der Islam [oder andere bedeutende Monotheistische Religionen]) spielen keine Rolle.
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Offline Whisp

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Re: [Europa - alternatives Mittelalter]
« Antwort #8 am: 5.04.2011 | 14:25 »
Was wäre gewesen wenn es Magie gegeben hätte.

Im alten Rom herrschte der Kaiser mit Unterstützung des zauberkräftigen Klerus der olympischen Götter. Nur Magiebegabte konnten Priester und Regierende werden. Die Adelshäuser der Patrizier verwoben ihre Blutlinien in der Eugenik und "züchteten" gewissermaßen ihren Nachwuchs zu immer begabteren Magiern. Der Riss zwischen mundanen und Zauberern wurde immer größer und bald waren die Mundanen nicht mehr als Sklaven der Zauberer.

Im Jahre 7 wurde ein Nicht-Mundaner unter Mundanen geboren, der über große Macht verfügte und schnell eine neue Sekte hervorbrachte. Die Priester zerschlugen den Kult um diesen Mann, der es schaffte, die verborgene latente Magie in den Menschen zu erwecken. Unter den Mundanen verbreitete sich der Glaube an ihren gefallenen Messias schnell und führte zu Sklavenaufständen und Bürgerkriegen unter dem das Römische Reich zersplitterte.

Schamanen und Druidengeführte Barbarenstämme versetzten dem Reich den Todesstoß. Doch bevor sie Rom selbst eroberten, zerstörten die Priester die italische Halbinsel und Südeuropa in einer Explosion von atomaren Ausmaßen. Nur wenige Kleriker konnten fliehen und gelangten mit Zauberschiffen in die Neue Welt (Amerika) wo sie eine neue Kultur schufen und die Invasion und Rekolonialisierung Europas planten.

Italien war nicht mehr. Die übrigen Heere Roms verbanden sich mit den (mundanen) Predigern des Messias und führten einen Überlebenskampf gegen die Germanen, Kelten und afrikanische Invasoren.

hmmm das macht spass demnächst mal mehr ;-)


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Chrischie

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Re: [Europa - alternatives Mittelalter]
« Antwort #9 am: 5.04.2011 | 14:26 »
do it! :d

Keine Zeit.  :P
Habe hier ein Examen liegen und muss mir schon mühsam Zeit für meine Deadlandsrunde abknapsen. Und wenn irgendwo Zewit ist stecke ich sie in Prißenlande für SW. Im letzten Monat war dafür aber keine Zeit.   :-[

Offline Boba Fett

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Re: [Europa - alternatives Mittelalter]
« Antwort #10 am: 5.04.2011 | 14:32 »
Was ist mit dem römischen Glauben an Jupiter und Konsorten?
Wenn das Christentum dieser Religion nicht den gar ausgemacht hat, wieviel blieb davon und inwiefern hat sich das vielleicht prägend auf Europa ausgewirkt?
(Immerhin kann der nordische Glauben an Odin und Thor (etc.) ja auch durchaus durch die römische Besatzung in Germanien inspiriert worden sein)

Da dieser Glauben ja mit anderen Göttern durchaus toleranter umging (die "keine anderen götter haben ausser mich" ist ja eine monotheistische Sache) und teilweise sogar Götter in den eigenen Pantheon importierte (zB die Musen), könnte dies als Staatsreligion sich durchgesetzt haben, weil niemand Probleme gehabt haben muss, seinen alten Göttern abzuschwören...

@Belchion: Wenn es keine christlichen Klöster und Missionierungen gegeben hat, muss es ja nicht bedeuten, dass statt dessen nichts alternatives existierte. Es kann andere Tempel gegeben haben, es kann auch andere Missionierungen oder Glaubenskriege gegeben haben.
Nur ersatzlos zu streichen, finde ich etwas einfallslos.
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Re: [Europa - alternatives Mittelalter]
« Antwort #11 am: 5.04.2011 | 14:40 »
Ich würde ja fast behaupten, dass selbst ohne Christentum sich nicht viel ändern würde, da die bürokratischen Strukturen des Mittelalters eine Mischung aus römischen und germanischen Ideen waren und die wissenschaftlichen Grundlagen des Mittelalters auf Ideen aus dem Mittelmeerraum basieren. Das Christentum war nur für den religiösen Oberbau da und selbst dieser ist sehr stark griechisch-römisch geprägt.

Offline Terrorbeagle

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Re: [Europa - alternatives Mittelalter]
« Antwort #12 am: 5.04.2011 | 14:41 »
Ich zeichne hier mal ein sehr kirchenfreundliches Bild. Wer will, kann das natürlich anders sehen.

  • Ohne Staatsreligion als einigendes Element beschleunigt sich der Verfall des römischen Reiches und streckt sich auch auf das oströmische Reich aus. Die verschiedenen Barbarischen Invasionen fallen schwerer aus, und betreffen nicht nur Rom, sondern auch Konstantinopel. Der damit verbundene Verlust an Wissen und Macht fällt daher schwerwiegender aus als er  dies in der Europäischen Geschichte tatsächlich tat.
  • Nach dem Zusammenfall des römischen Reiches findet die historsiche Verquickung von weltlicher Macht und geistlicher Macht nicht im gliechen Maße statt - an stelle einer übergeordneten Kirche, die eine übergeordnete Struktur bietet, bilden sich nur Kultee von regionaler Bedeutung und regionalem Einfluss aus. Diese fehlende Verbindung hat zur Folge, dass die gerade durch die kirchlichen Instanzen mitgetragene Infrastruktur und Stützen der Gesellschaft deutlich schwächer ausgebildet werden. Dies hat zur Folge, dass es weniger Aufzeichnungen und Überlieferungsmöglichkeiten gibt, und die Infrastruktur für größere staatlichen Strukturen nicht gegeben sind: Anstelle von größeren Reichen wie etwa dem der Karolinger und das nachfolgende HRRDN bilden sich nur eine Vielzahl von Stammsfürstentümern, die jeweils nur über kleine Territorien verfügen und selten über regionale Bedeutung hinaus wachsen.
  • Durch das Fehlen dieser staatlichen Infrastruktur bleiben gerade die Gebiete, die nie oder nur kurz zum römischen Reich gehörten weitaus langsamer weiter und sind noch stärker von der starken Zersplitterung und der fehlenden Infrastruktur betroffen. Dies führt zu einem deutlichen Gefälle zwischen Süd- und Nordeuropa (Je nach dem wie sich das oströmische Reich schlägt kann es sein, dass sich in der Balkanregion eine stärkere Infrasstruktur ausbildet und so etwas wie ein bulgarisches oder Großreich  heranwächst und überregionale Bedeutung erlangt. Die Konsequenz wäre ein etwas anderes Europa als das hier geschilderte, dass weniger von der römisch-fränkisch-christlichen Tradition der Karolinger und Konsorten und mehr in einer slawisch-griechisch-oströmischen Tradition stehen würde.)
  • Ohne kirchliche Einrichtungen insbesondere Klöster bilden sich keine "Haltepunkte" für das Wiedergewinnen des Wissens der Antike oder andere Formen der Schulen. So etwas wie die karolingische Rennaissance findet nicht statt - der Verlust an Wissen, der ohnehin schon gravierender ausgefallen ist, kann somit auch nur weitaus schwieriger wettgemacht werden, und ist daher auch weitaus nachhaltiger.
  • Ohne die Infrastruktur und die starke Zersplitterung des Kontinents in kleine, regionale Strukturen sind auch die Urbarmachung und Städtegündung weitaus weniger wichtige Phänomene, zudem es keine Klöster als "Keimzellen" für Städte gibt. Weite Teile Europas bleiben daher von dichten Wäldern bedeckt, Städte sind eine seltene Ausnahme, große Städte sowieso.
  • Die stark zerfaserte Landschaft und die fehlende Instanz der Vermittlung und der Kommunikation sorgen für ein weitaus konfliktträchtigeres Leben - allerdings ist es wahrscheinlich, dass sich dementsprechend relativ bald eine starke Ritualisierung von Auseinandersetzung stattfindet, da die verschiedenen Klein- und Kleinstfürstentümer nicht die Ressourcen haben, längere oder intensivere Konflikte zu bewältigen.
  • Plünderer, Invasoren und Briganten von ausserhalb - Nordleute, Magyaren, Turk-Völker und dergleichen - stoßen auf wenig Widerstand und können relativ schnell eigene staatliche Strukturen etablieren, die aber unter den gleichen Problemen leiden wie auch die vorher bestehenden Reiche - namentlich die schwache Infrastruktur. Die Etablierung dieser zusätzlichen Invasorenreiche tragen zur starken Heterogenität des Landes bei.
  • Völlig unbeeindruckt von Christemtum und Islam macht sich ein ehrgeiziger junger Mann namens Timujin auf, die Stämme seiner Umgebung zu einen. Seine Nachfolger werden auf ihrem Weg nach Westen nicht mit dem selben Grade an Widerstand konfrontiert und können ihren Einflussbereich daher weitaus weiter ausdehen, als dies in der tatsächlichen Historie der Fall gewesen ist. Erst durch die Mongolenherrschaft werden eine allgemeine Verkehrssprache und eine stark überregionale Vernetzung erreicht. Viele Begriffe von Hierarchie und das Verständnis von Macht und Herrschaft wird stark von der mongolischen Herrschaftsstruktur geprägt und auch wenn das eigentliche Mongolische Reich unter unterschieldich erfolgreichen Herrschern größer oder kleiner wird, bilden sich im größeren Umkreis Khanate nach mongolischem Vorbild aus wobei aber die sehr unterschiedliche Lebenssituation dazu beiträgt, dass die Verquickung mit Mongolischen Traditionen eher ideologischer oder philosophischer Natur als eine Übernahme des Lebensstils.
« Letzte Änderung: 5.04.2011 | 14:47 von Lachender Mann »
Würde ich tatsächlich jedes Mal, wenn ich sinnbildlich Lehrgeld bezahlen würde, tatsächlich Geld verteilen, wäre ich arm.

Offline Sphärenwanderer

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Re: [Europa - alternatives Mittelalter]
« Antwort #13 am: 5.04.2011 | 14:43 »
Zitat
@Belchion: Wenn es keine christlichen Klöster und Missionierungen gegeben hat, muss es ja nicht bedeuten, dass statt dessen nichts alternatives existierte. Es kann andere Tempel gegeben haben, es kann auch andere Missionierungen oder Glaubenskriege gegeben haben.
Nur ersatzlos zu streichen, finde ich etwas einfallslos.
Geht es hier um einfallslos oder plausibel? Ich glaube auch nicht, dass ohne das Christentum viel von den damaligen Aufzeichnungen erhalten geblieben wäre. Dafür war das christliche Weltverständnis im Mittelalter entscheidend - und dieses basierte nunmal auf der Schöpfung durch einen einzigen Gott. Ohne diesen Faktor hätte die Überlieferung der alten Werke mit ziemlicher Sicherheit nicht stattgefunden. Und ich dachte, es gehe hier darum, die Geschichte möglichst plausibel mit anderen Voraussetungen weiterzuspinnen, nicht sich hanebüchene Storys auszudenken, wie ein gewünschtes Ergebnis erreicht werden könnte.

Insofern kann ich dem Beitrag vom lachenden Mann nur zustimmen.
« Letzte Änderung: 5.04.2011 | 14:45 von Sphärenwanderer »
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Offline Gasbow

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Re: [Europa - alternatives Mittelalter]
« Antwort #14 am: 5.04.2011 | 14:51 »
Kam die Rolle der Kirche und insbesondere der Klöster als Bewahrer des Wissens nicht erst nach dem Untergang Roms auf?

Falls ja würde ja zumindest was den Verlust des Wissens angeht, das Christentum bis zu dem Zeitpunkt keinen großen Unterschied machen.

Offline Boba Fett

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Re: [Europa - alternatives Mittelalter]
« Antwort #15 am: 5.04.2011 | 15:06 »
Dafür war das christliche Weltverständnis im Mittelalter entscheidend - und dieses basierte nunmal auf der Schöpfung durch einen einzigen Gott.
Ohne diesen Faktor hätte die Überlieferung der alten Werke mit ziemlicher Sicherheit nicht stattgefunden.

Die Sammlung und Überlieferung von alten Werken hat es auch vor dem Christentum gegeben.
In der Bibliothek von Alexandria zum Beispiel.
Diese Art vor Sammlung ist kein Alleinstellungsmerkmal des Christentums oder anderer monotheistischer Götter.
Ich gebe Dir recht, dass dies durchaus eine Qualität des Christentums im frühen Mittelalter war,
aber es kann ähnliche Entwicklungen durchaus in alternativen Systemen geben.

Abgesehen davon schließt mein Ansatz oben auch nicht per se die Existenz einer Staatsreligion aus. Ebensowenig wird der Missionierungsdrang ausgeschlossen.
Auch sind Eroberungsfeldzüge keine Besonderheit der Christen. Das konnten die Römer zu vor schon und die Griechen auch und wenn man sich ansieht, wie weit Alexander gezogen ist, um sein Reich zu schaffen, sieht man, wie weit Leute kommen, auch ohne, dass sie den monotheistischen Ansporn der Missionierung haben.

Auch der "frühere" Untergang Roms will ich nicht pauschal ausschliessen...
Wegen mir kann Kathargo auch Rom ordentlich vermöbelt haben und der große Held der Antike wäre im alternativen Mittelalter eben Hanibal gewesen...

Und in Sachen Plausibiliät: Hey, ich schliesse oben explizit die tatsächliche Existenz des Übernatürlichen ein.
Nennst Du das plausibel?
Ich möchte keine Geschichtsstunde schreiben! Ich möchte auf interessante Ideen stoßen.

Die bekomme ich aber nicht, wenn ich nur streiche, was entsprechend nicht gegeben hätte und dann überlege, wie das aussehen würde.
Leere Stellen müssen wieder gefüllt werden. Und zwar durch kreative und konstruktive Ideen.
Plausibilität ist eine zusätzliche Qualität.
« Letzte Änderung: 5.04.2011 | 15:16 von Boba Fett [away] »
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Offline Boba Fett

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Re: [Europa - alternatives Mittelalter]
« Antwort #16 am: 5.04.2011 | 15:14 »
@lachender Mann: :d
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Offline Waldviech

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Re: [Europa - alternatives Mittelalter]
« Antwort #17 am: 5.04.2011 | 19:26 »
Zitat
(die "keine anderen götter haben ausser mich" ist ja eine monotheistische Sache)
Weswegen man das Potential für fanatische Intoleranz bei polytheistischen Religionen aber nicht unterschätzen sollte. Die Römer haben auch hier und da mal unliebsame Kulte ausradiert. (Erfolgreich bei den Bacchernalien, weniger erfolgreich beim Christentum). Die Druiden waren engstirnige Dogmatiker, die rigoros jede Entwicklung einer Schriftkultur bei den Kelten unterbunden haben.

Zitat
Ich möchte keine Geschichtsstunde schreiben!
Klar. Sonst müsste ich ja auch anmerken, dass das Mittelalter ohne Christentum im Grunde genommen kein Mittelalter wäre, sondern eher eine Fortführung der Antike - oder was ganz Anderes. ;) Was natürlich nichts daran ändert, dass die Überlegung, was gewesen wäre, wenn es kein Christentum gegeben hätte, recht interessant ist. Generell kann ich alles unterschreiben, was der Lachende Mann oben schon geschrieben hat. Ohne einigendes, spirituelles Element hätten die Völker Mittel und Nordeuropas erst wesentlich später oder garnicht aus ihrer kriegsgeilen Kleinstämmerei herausgefunden. Bei Allem, was man der Kirche an Missetaten vorwerfen kann - in unseren Breiten hier hat sie massiv zivilisierend gewirkt. Klar, vor Allem verwaltungstechnisch hat sie viele römische Erfindungen etabliert - aber diese haben die Römer selbst nördlich der Alpen nicht nachhaltig einführen können. Bestes Beispiel ist das ehemals recht stark romanisierte Britannien, in dem schon kurz nach dem Fall Roms nix mehr übrig war von römischem Know-How.

Blieben also zwei plausible Optionen:

- Wir hätten ein recht dunkelschwarzes "Dark Age" ohne Hoffnung auf einen baldigen Wiederaufstieg, weil einer der wichtigsten Faktoren fehlt, die Wissen des Altertums in die neue Zeit gerettet hätten. Warlords, Kleinstämmerei, Dauerkrieg und Barbarei bestimmen Europas Geschick. Das auch noch unheilvolle Dinge in den Wäldern lauern, macht die Sache nur bedingt besser. Hervorragend für Dark-Fantasy

- Es gibt andere spirituelle Bewegungen, die die Rolle des Christentums übernommen haben. IMHO würde ich hier allerdings vom strunzprimitiven Polytheismus der Antike abstand nehmen. Wie man an etlichen philosophischen und religiösen Bewegungen der Spätantike sehen kann, geht dessen Zeit zumindest in den zivilisierten Gebieten langsam vorbei. Hier würde ich auf Entwicklungen wie den Manichäismus, Zoroastrismus, die Gnosis usw. setzen.

Zitat
Ich würde ja fast behaupten, dass selbst ohne Christentum sich nicht viel ändern würde
Whua.....mal im Ernst: Da würde sich gewaltig was ändern! Die Kultur, die sich in Europa ohne Christentum entwickelt hätte, hätte sich sehr sehr wahrscheinlich MASSIV von unserem Mittelalter unterschieden. Kaum ein Aspekt des europäischen Mittelalters ist ohne christlichen Einfluss entstanden. Die Bedeutung christlicher Denkweise und biblischer Überlieferungen fürs Mittelalter kann man de facto garnicht unterschätzen.
« Letzte Änderung: 5.04.2011 | 19:30 von Waldviech »
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Offline asri

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Re: [Europa - alternatives Mittelalter]
« Antwort #18 am: 5.04.2011 | 20:00 »
Der Beitrag vom lachenden Mann gefällt mir, sowie Waldviechs Hinweis auf Gnosis und/ oder Manichäismus (den ich gebracht hätte, hätt er nicht schon geliefert ;)).

Ich fände es spannend, wenn Mitteleuropa zwar Rom plattgemacht hat, das Machtvakuum aber nicht füllen konnte. Mongolen kommen aus dem Osten, und ein nordafrikanisches Großreich (hervorgegangen aus indigenen Traditionen sowie phönizisch-griechisch-römischen Siedlungen, plus Manichäismus) hat massiven Einfluss in ganz Südeuropa. Neben den diversen regionalen Reibereien sehen sich germanische und keltische Stämme dem mongolischen und nordafrikanischen Druck aus dem Osten und Süden ausgesetzt. Der Druck ist jedoch nur zu gewissen Teilen militärischer Art, auch der kulturelle Druck ist spürbar. Die Dorfjugend schnappt Paschtu-Vokabeln vom weitgereisten Händler auf, und man erzählt sich, dass die keltischen Frauen im Süden sich ihre Haut schwarz schminken, um dem mediterranen Schönheitsideal zu entsprechen. Soziale Spannungen bauen sich auf, und ab und zu entlädt sich der Frust, dass die eigenen "Straßen" sich regelmäßig in Schlammbäche verwandeln.

Aber einige schmieden Pläne. Wenn man einen Weg fände, in den Rauhnächten die Wilde Jagd selbst anzuführen... Die Bercht und die Hulda (Hullefrau) könnten helfen, aber sie sind längst nicht immer hilfsbereit. Und der Nöck liebt es, Schimpf und Scherz zu treiben...

Sind nur ein paar lose Gedanken, aber vielleicht ist ja etwas dabei, was schmeckt.

Offline Merlin Emrys

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Re: [Europa - alternatives Mittelalter]
« Antwort #19 am: 6.04.2011 | 01:31 »
Hmm... ich würde als erstes mal die Ethik komplett umkrempeln. Mitleid z.B. galt bei den römischen und griechischen Philosophen als Laster (weil es den Gerechtigkeitssinn vernebelt), und Vorstellungen von unsterblichen Seelen sind wohl kaum sonderlich attraktiv, wenn man nur auf einen Hades / Tartarus hoffen kann. Als Tugenden des "mos maiorum" habe ich gefunden: auctoritas, constantia, cultus, dignitas, disciplina, fides, gravitas, religio, virtus. Mit auctoritas, dignitas und gravitas sind Elemente deutlich betont, die die persönliche Würde des einzelnen betreffen. Religio und cultus dürften beide die "öffentliche Teilnahme am Staatskult" betreffen, die aber nicht von innerer Überzeugung getragen sein muß. In jedem Fall war die späte römische Entwicklung von Überlegungen des Maßhaltens geprägt. Aristoteles empfiehlt in der Nikomachischem Ethik nichts mit solcher Inbrunst wie das Maßhalten.

Während das Christentum auf "Innerlichkeit" gesetzt hat (wenn auch mal mehr, mal weniger), zielt das Wertespektrum des "mos maiorum" eher auf Außendarstellung ab. Die Folge könnte sein, daß der Umgang mit der Ehrlichkeit sich anders entwickelt, parallel zur Entwicklung im asiatischen Raum etwa. Generell zählen Erfolg und, das Gesicht wahren zu können. In China und Japan haben sich daraufhin Regeln entwickelt, die darauf abzielen, jedem anderen nach Möglichkeit dabei zu helfen; im mittelöstlichen dagegen muß sich eher jeder selber vorsehen, und Ansehen hat, wer andere in die Pfanne hauen kann, aber selbst nicht in der Pfanne landet. Angesichts der Überlegungen zum Maßhalten scheint mir eher eine Tendenz zu der fernöstlichen Variante zu bestehen.
Gedanklich interessant wäre sicher, einmal zu versuchen nachzuvollziehen, wie sich eine maßgeblich von der Stoik geprägte Weltanschauung damit verbunden haben könnte.

Aber zurück zur Geschichte.

Teil 1: Konstantin, seine Söhne und Enkel

Nehmen wir an, Konstantin hat zwar die Schlacht bei der Milvischen Brücke am 28. Oktober 312 gewonnen, kann sich aber (infolge der fehlenden Basis) nicht mit Licinius auf das Toleranzedikt von Mailand einigen. Aufgrund der größeren Ressourcen dürfte Konstantin schon zu der Zeit als Sieger aus dem Krieg hervorgehen. Die Verlegung des Amtssitzes nach Konstantinopel ergibt Sinn genug, um anzunehmen, daß dies geschehen wäre.
Bleiben wir zunächst auch weiterhin der Geschichte treu: Konstantin II., Constantius II. und Constans teilten auf der Konferenz von Viminacium das Reich unter sich auf.
~ Constans: Italien und Africa und die  Balkanhalbinsel;
~ Constantius II.: Gebiete östlich des Mittelmeeres bis Ägypten und südlich des schwarzen Meeres;
~ Konstantin II.: Gallien, Britannien und Hispanien.
Constantius II kämpft schwerpunktmäßig gegen die Perser. Lassen wir das mal so. Aber Constans hat kein Religionsproblem, bleibt also zunächst einmal fest im Sattel, besiegt Konstantin II und eignet sich dessen Bereich an. Damit gibt es ein Reich im Westen, das von Spanien bis zum Bosporus reicht, und eins im Osten, das flächenmäßig kleiner, aber ressourcenmäßig doch gut aufgestellt ist.

Ab jetzt also geht es mit der Phantasie weiter: Constans hält das "Weströmische Reich" zusammen, ist damit aber ausreichend beschäftigt. Er schafft es gerade noch, Britannien zu "befrieden". Philosophisch-religiös bleibt man im weströmischen Reich den römischen Traditionen halbwegs treu, allerdings unter Aufnahme philosophischer Elemente aus dem griechischem Raum und später auch aus dem Druidentum der "Nordländer" (u.a. Germanien und Britannien).

Da Constantius II sich das Westreich infolge der ausbleibenden Religionsprobleme nicht einverleibt, kann er die Perser in Schach halten bzw. die Pläne seines Vaters Konstantin weiterverfolgen, sich weiter ins Sassanidenreich auszudehnen. Die Bereiche nördlich des Schwarzen Meeres dürften verglichen damit ziemlich unattraktiv erschienen sein. Der Kaukasus als natürliche Grenze ist ganz okay, aber Constantius verschafft sich Zugang zum Kaspischen Meer, indem er "Albania" annektiert. Die Sassaniden schließen einen unsicheren Frieden mit den "Oströmern", die ich jetzt mal in "Konstantianer" umtaufe, "zu Ehren des großen Konstantin und seines mindestens genausogroßen Sohnes Constantius II" oder so ähnlich.
Philosophisch wird rasch die Alexandrinische Schule bestimmend, natürlich ohne christliche Elemente. Dafür kommen indische Elemente stärker zum Tragen. Es bildet sich ein "neuplatonistischer Monismus" aus, der das graeco-romanische Pantheon als zwischenzeitlich verehrte, machtvollere Emanationen betrachtet, über die man allmählich gedanklich hinauswächst. Der Urgrund des Seins ist nun der neue Fixpunkt der Philosophie.
Sassaniden und Konstantianer stellen derweil auch fest, daß sie einen gemeinsamen Feind haben, die Araber. Die Konstantianer kommen von der Mittelmeerküste her mit ihnen in Konflikt, die Sassaniden von Norden her. Die Araber sind dem Zweifrontenkrieg nicht gewachsen, die arabische Halbinsel wird schließlich zwischen Sassaniden und Konstantianern aufgeteilt. Der Einfluß der arabischen Philosophie wird zwar nicht so bedeutend wie der der durch die Perser vermittelten indischen, dafür bringen sie einen eminenten Praxisbezug ein. Die reine Gedankenarbeit der Philosophen soll doch auch fruchtbar gemacht werden.
Konstantinopel ist also die Regierungshauptstadt, aber Alexandria ist der neue "Mittelpunkt der Welt". In Alexandria entstehen die Baupläne für die Brücken über den Bosporus, die Gedanken für zukunftsträchtige Zoll- und Steuersysteme...

Soviel zu Teil I, Teil II (Der Beginn der Völkerwanderung) folgt bei Gelegenheit... (Falls es wen interessiert, heißt das.)
« Letzte Änderung: 6.04.2011 | 01:34 von Merlin Emrys »

Offline Thot

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Re: [Europa - alternatives Mittelalter]
« Antwort #20 am: 6.04.2011 | 06:34 »
[...]
Was wäre, wenn...

... Kaiser Konstantin I (der Große) seinerzeit nicht zum Christentum übergetreten wäre und das Christentum entsprechend zur wichtigsten Religion in Europa geworden wäre (und auch der Islam entsprechend keine Rolle spielen würde), sondern höchstens als "kleine Sekte" existieren würde
und
... es übernatürliches geben würde, also Magie, Zauberei, Göttermacht, nichtmenschliche (auch übernatürliche) Wesen (bitte explizit kein tolkieneske Elfen, Zwerge, Hobbits, Orks!) und was man sich noch so vorgestellt hat.

Wie würde Europa dann im Mittelalter aussehen?
Wäre das ein interessantes Setting?
Welche "Epoche" wäre am Interessantesten?
Welche Nationen könnte es geben?
Welche Religionen? Welche würden im Widerstreit miteinander liegen?
Inwiefern würde sich Übernatürliches manifestieren?
[...]

Ich glaube, dass die Frage nache Poly- oder Monotheismus nicht so entscheidend gewesen wäre. Eine Staatsreligion hatte Rom von Alters her, und viele (wenn nicht alle) der wichtigeren Ideen, die das Christentum für sich beanspruchte, hatten die alten Griechenphilosophen der antiken Welt schon davor eröffnet. Die Missionierung Europas mit dem einhergehenden Bildungstransport wäre ausgeblieben, aber die meisten Schriften überlebten nicht wegen des Christentums, sondern weil intelligente Menschen sich dafür interessierten, egal welchen Beruf sie nun gerade ausübten. Das Christentum hat ebenso viel zur Verbildung wie zur Bildung der Völker Europas beigetragen (Hexenverbrennungen und dergleichen Aberglaube, sag ich nur - oder allerlei Dogmen zum Weltbild), ich würde behaupten, das gleichte sich aus.

Viel bedeutender wäre bei den Eingangsvoraussetzungen die andere gewesen: Magie. Also, insbesondere militärisch nutzbare Magie. Dabei hinge natürlich vieles davon ab, wie der Zivilisationsgrad sich auf die magische Leistungsfähigkeit einer Armee auswirkt. Welches Magiesystem sollen wir hier annehmen?

Die verschiedenen Barbarenvölker, insbesondere germanische Stämme, konnten Teile Roms von außen und innen erobern, weil sie eine wichtige militärische Ressource mitbrachten, nämlich bedingt durch eine andere Ernährung sehr viel größere und stärkere Kämpfer - und viele davon. Sie übernahmen römische Kampfweisen und Ausrüstungsarten, und zugleich waren die römischen Streitkräfte im Westen nicht mehr zahlreich genug und ihrerseits wesentlich aus "foederati" zusammengesetzt. Sicher gab es auch wirtschaftliche und vielleicht auch kulturelle Gründe für den Niedergang, aber letztendlich entschied sich Westroms (und später ja auch Byzanzens) Untergang auf dem Schlachtfeld.

Magie ist in den meisten Systemen schwer zu erlernen, zudem Geheimwissenschaft und in vielen Systemen von Begabung abhängig. Die Barbaren könnten dies nicht einfach so übernehmen, es sei denn, man will unbedingt.

Wenn die Geschichte bis etwa 300 gleich geblieben sein soll, muss man annehmen, dass Magie und Übernatürliches zuvor in der Geschichte keine bedeutende Rolle gespielt haben. Vielleicht war es in dieser Zeitlinie ja Kaiser Konstantin, der die Magie entdeckte oder einführte - statt seiner Konvertierung zum Christentum steht vielleicht eine Initiation als Magier. Und dann hat Rom eine Waffe, mit der die Barbaren weiter auf Abstand gehalten werden können. Je nach Art der Magie wäre wmöglich sogar die Spaltung des Imperiums ausgeblieben, und 1000 Jahre später wäre Rom noch immer die dominante Macht Europas, mit germanischen Königen an der Nordgrenze und einem persischen Reich, das zwischen Mongolen und Römern zerrieben wird im Osten... oder vielleicht wären Germanen und Perser auch vor Roms Macht gefallen und längst Teile des Reiches... womöglich hätten die Römer den Traum Alexanders des Großen erfüllt.

Natürlich kann man es auch so einrichten, dass alle Völker gleich starke Magie besitzen, dann könnte die Geschichte wohl bleiben, wie sie ist. Aber wäre das spannend?

Belchion

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Re: [Europa - alternatives Mittelalter]
« Antwort #21 am: 6.04.2011 | 08:00 »
Im Unterschied zu Alexandria waren die mittelalterlichen Klöster aber dezentral und damit weniger angreifbar: Selbst wenn ein Kloster zerstört wurde, lebte das Wissen in anderen Klöstern weiter und konnte wiederbeschafft werden. Im Gegensatz dazu ging bei den Zerstörungen Alexandrias jedes Mal unglaubliches Wissen verloren, weil es eben nur an einem Ort exisitierte. Europa mangelte es im Mittelalter an großen Städten, die eine solche Bibliothek hätten unterstützen können. Von daher wäre zumindest für (Nord-)Europa tatsächlich viel vom antiken Wissen verloren gegangen, der Einfluss des römischen Erbes entsprechend schwächer.

Die Mysterienkulte könnten die kulturelle Verklammerung Europas übernehmen - nämlich als internationale Geheimgesellschaften, denen in ihrer Gesamtheit fast die gesamte Elite angehört. Dabei gibt es unterschiedliche, miteinander um Macht und Einfluß konkurrierende Geheimgesellschaften. Diese Gesellschaften könnten auch einen gewissen intellektuelle Anspruch haben, womit sie vielleicht in gewissen (niedrigen) Umfang auch die Klöster ersetzen könnten (zumindest für magisches Geheimwissen).

Dann hätten wir in Nordeuropa instabile Reiche, die mit den Dynastien wachsen und fallen, deren Eliten aber durch verschiedene Mysterienkulte miteinander verbunden sind. Die Mysterienkulte halten ihre Position durch magisches Geheimwissen.

Militärisch nutzbare Magie würde ich mehr oder weniger ausschließen, sondern eher Richtung RuneQuest gehen - "jeder" kennt "kleine" Zauber, um Klingen zu scharfen, den Bösen Blick abzuwehren, Geister zu verletzen usw. Als militärisch sinnvolle Magie könnte es Hellsicht (zur Aufklärung) und Verschleierung geben. Aber keine Feuerbälle o.ä.

(Hexenverbrennungen und dergleichen Aberglaube, sag ich nur - oder allerlei Dogmen zum Weltbild), ich würde behaupten, das gleichte sich aus.
Oh, der Aberglauben von Hexenverbrennungen im Mittelalter! Im Mittelalter gab es keine großflächigen Hexenverbrennungen, weil es (nach offizieller kirchlicher Lehre) keine Hexerei gab. Trotzdem gab es natürlich einen verbreiteten Hexenaberglauben, von dem auch der hohe Klerus beeinflusst war. Solange wir von einem alternativen Mittelalter reden, sind die Hexenverbrennungen der Frühen Neuzeit daher total belanglos.

Offline Waldviech

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Re: [Europa - alternatives Mittelalter]
« Antwort #22 am: 6.04.2011 | 11:52 »
Zitat
Die Mysterienkulte könnten die kulturelle Verklammerung Europas übernehmen - nämlich als internationale Geheimgesellschaften, denen in ihrer Gesamtheit fast die gesamte Elite angehört.
Mysterienkulte, denen die Elite sind ansich ne geile Idee. Dabei wäre allerdings zu berücksichtigen, dass denen die kulturelle Verklammerung nicht mal halb so gut gelingen würde, wie einer breiten Volksreligion. Die Wirkung kleiner elitärer Grüppchen wird oftmals "verschwörungstheoretisch" überschätzt. Christentum, Islam, Zoroastrismus, etc.pp. waren vor allem deswegen so wirkungsmächtig, weil sie absolut jeden ansprachen (und ansprechen konnten), egal welcher gesellschaftlichen Schicht er angehörte und sich auf breiter Front nach außen wendeten. Ein Mysterienkult, der sich per se nur an eine ausgewählte Gruppe wendet und kaum was nach Außen trägt, hat es schwer kulturell was zu bewirken. Wenn, dann wirkt er nur sehr indirekt, was erfahrungsgemäß nur ziemlich bescheiden funktioniert. Der Einfluss der Mysterienkulte war auch nicht deswegen so bedeutend, weil Einzelkulte so viel Macht gehabt hätten, sondern weil es eine Riesenmasse dieser Sekten gab. (Und ne Riesenmasse an Mini- und Mikrosekten kann nichts verklammern, da jeder Kult sein eigenes Süppchen kocht...)

Zitat
Oh, der Aberglauben von Hexenverbrennungen im Mittelalter! Im Mittelalter gab es keine großflächigen Hexenverbrennungen, weil es (nach offizieller kirchlicher Lehre) keine Hexerei gab. Trotzdem gab es natürlich einen verbreiteten Hexenaberglauben, von dem auch der hohe Klerus beeinflusst war. Solange wir von einem alternativen Mittelalter reden, sind die Hexenverbrennungen der Frühen Neuzeit daher total belanglos
Sehr sehr richtig. Zumal Hexenwahn ansich auch kein Phänomen ist. Es gibt z.b. auch afrikanische, indische, arabische oder indonesische Hexenwahnwellen, die nach sehr ähnlichen Dynamiken funktionieren wie die europäische Hexenwahnwelle. Mittlerweile dürfte die, zur Zeit gerade laufende, Hexenverfolgungswelle in Afrika sogar schon ähnliche (oder höhere) Opferzahlen aufweisen wie die europäische.

Edit:
Zitat
Von daher wäre zumindest für (Nord-)Europa tatsächlich viel vom antiken Wissen verloren gegangen, der Einfluss des römischen Erbes entsprechend schwächer.
Bzw. garnicht erst vorhanden gewesen. Ist ja nicht so, als ob die germanischen,slawischen und keltischen Stämme des Nordens in der Antike großartig über römisch-griechisches Wissen verfügt hätten. Für unseren Bereich Europas ist das Märchen von den großen Rückschritten im Mittelalter ja genau das: ein reines Märchen. Klar, im Süden ging Westrom unter und riss einiges mit sich. In unseren Breiten allerdings wurden im Frühmittelalter aus primitiven kleinen Stammesreichen große, modernere Feudalreiche.
« Letzte Änderung: 6.04.2011 | 12:15 von Waldviech »
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Offline Thot

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Re: [Europa - alternatives Mittelalter]
« Antwort #23 am: 6.04.2011 | 12:11 »
Ach herrjeh, da hab ich was angerichtet mit einem einzelnen, sorglos verwendeten Wort in einer Klammer. ;D Weitergehen, diesen Teilaspekt nicht beachten, zurück zum Thema...

Ich finde wirklich, dass die Möglichkeiten und Beschränkungen des verwendeten Magiesystems bekannt sein sollten, bevor man eine gute Antwort auf die Eingangsfrage geben kann. Welches Magiesystem soll's denn sein?


Offline Waldviech

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Re: [Europa - alternatives Mittelalter]
« Antwort #24 am: 6.04.2011 | 12:21 »
Zitat
Ich finde wirklich, dass die Möglichkeiten und Beschränkungen des verwendeten Magiesystems bekannt sein sollten, bevor man eine gute Antwort auf die Eingangsfrage geben kann. Welches Magiesystem soll's denn sein?
Naja, wenn´s nach mir ginge, dann eines das sich eher an Konventionen der Spätantike als an Konventionen der modernen Fantasy orientiert. Also keine feuerballwerfenden Magier mit Bierhumpen der Kühlung und Schweinen des Ewigen Schinkens. Ich könnte mir eher vorstellen, dass Magie stark in Richtung Hellsicht und Fluchmagie geht und ohne großartige Leuchteffekte vonstatten geht. Das Orakel von Delphi oder Runenwerfen funktionieren in einem gewissen Rahmen halt wirklich und Schadmagie bewirkt, dass dem Opfer unwahrscheinliches Pech wiederfährt. Will ein Magier jemanden umbringen, dann streckt er ihn nicht mit grün leuchtenden Blitzen aus dem linken Nasenloch nieder, sondern hängt ihm die Pest an oder sorgt mit magischen Mitteln dafür, dass ihm an der richtigen Stelle ein Dachziegel auf den Kopf fällt.
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