Dann mal zum letzten Abenteuer… Ich gehe das mal der Reihenfolge nach durch das Abenteuer und halte meine Eindrücke fest.
Der Einstieg hat mich gleich verwirrt. Ich bekomme zwar eine Einleitung zu den groben Ereignissen, aber dann kommen gleich Charaktere. So habe ich erst bei Humboldt gemerkt, dass mir hier ein Kinderabenteuer präsentiert wird. Das hätte ich gerne vorher gewusst und es mir gespart, dass Indiana Jones in meinem Geiste plötzlich auf fünfzehn Jahre schrumpft und ich mich frage, was das eigentlich soll
Außerdem war ich mir nicht sicher, was es mit der Erfahrung auf sich hat. Klingt nach einem neuen System, ohne dass es erklärt wird (später gibt es zwar einen kurzen Absatz dazu, aber ich hätte mir dann konkretere Angaben gewünscht, wie ich das mit den XP in bekannten Systemen mache und wie ich das meinen Spielern kommuniziere).
Die Charaktere an sich finde ich aber sehr nett und spielbar. Die Namen finde ich generell sehr spaßig und sie geben ein gutes Feeling für die einzelnen Charaktere. Ich würde aber die Kurzbeschreibung der SCs vor die ausführliche Beschreibung setzen. Das erleichtert den Überblick.
Die grundlegende Idee eines Konfliktes zwischen Freiheit und Sicherheit finde ich schön. Ich sehe ihn aber nicht konsequent im Abenteuer umgesetzt. Wenn ich mir die Charaktere und die Ereignisse ansehen – können sie sich da anders als gegen Gauß entscheiden? Ich hätte noch ein paar echte Gefahren eingebaut, die den Kindern zeigen, dass das Übernatürliche eben nicht nur aus missverstandenen Krähen besteht.
Die Links zu Bildern und Videos finde ich gut – sie ersetzen aber für mich nicht Flufftexte. Ja, tatsächlich, ich vermisse in dem Abenteuer Flufftexte! Beim Lesen sind in meinem Kopf kaum Bilder entstanden. Wie genau sehen die fliegenden Inseln aus? Und die Nebelkrähe? Wie groß ist die? Die Orgel? Wie stelle ich mir einen Pfeifendschungel vor? Da fühle ich mich als SL etwas alleingelassen.
Die Abenteuerhandlung ist in feste Szenen verpackt. Ich finde das sehr strikt und mit vielen Flaschenhälsen belastet, zusätzlich leider auch ziemlich unübersichtlich. Ich kann mir nur selten vorstellen, wie genau die Szenerie aussieht, was wo ist und welche Möglichkeiten es zur Problemlösung gibt. Ehrlich gesagt würde ich mich mit nicht in der Lage sehen, das Abenteuer ohne viel Extraarbeit zu leiten. Ich bin mir auch ziemlich sicher, dass die strikte Form mich schnell in Probleme bringen würde.
Bestimmte Ereignisse sind auch sehr railroadig und lassen einen trotzdem alleine. So steht fest, dass Schiller stirbt. Aber nicht, wie er stirbt.
Viele Szenen müssten nach meiner Meinung auch klarer erklärt werden. Wie können die SCs zum Beispiel die Nebelkrähe finden? Oder ihr Junges?
Ein paar Sachen finde ich auch gar nicht verständlich. Teetasse (S.11)? Was für eine Teetasse? Die kommt in Szene 9 gar nicht mehr vor. Und die Karte von den Kontinenten? Brauche ich die oder ist die optional? Und wenn ich sie brauche, wobei hilft sie?
Die Anmerkungen zu Aktionen und Erfahrung würde ich weglassen. Die Charakterblätter sind ja sehr gut gemacht, da bekommt sicher jeder von alleine Ideen, was sein Charakter mal machen könnte. Und als SL kann ich ja nicht beeinflussen, ob Lilienthal jetzt ein Gedicht schreibt oder nicht. Als Spieler wiederum fände ich einen SL, der mir ständig vorschlägt, was mein SC jetzt mal machen könnte, nicht so toll.
Bei besonders wichtigen Problemen, wie dem Eindringen in den Orkan oder der Orgelpfeife kann man dem SL ein paar Möglichkeiten an die Hand geben, wie das gelöst werden könnte (mehrere, nicht nur eine).
Und nach so viel Kritik… wie hätte ich’s gemacht? Ich würde eine Karte des neuen Kontinents mit vielen fliegenden Inseln anlegen und jeder Insel ein Thema zuweisen. Zum Beispiel Sicherheit, Freiheit oder der Konflikt der beiden. Jede Insel bietet einen kleinen Subplot wie den mit der Nebelkrähe. Auf den Inseln lassen sich auch Dinge/Hilfe sammeln, mit der man auf die nächste Ebene aufsteigen kann. Ich habe in dem Fall – da es ja vordringlich um die Erfahrungen der Charaktere geht – auch nichts gegen Illusionismus, in dem Sinne, dass es egal ist, welche Insel in welcher Reihenfolge ich ansteuere, weil ich immer die gleichen drei Items bekomme, so der Konflikt einer Insel gelöst wird (zum Beispiel Krähenfedern, einen Sonnenstein, einen Windfächer). Auf bestimmten Inseln kann man auch Spezialgegenstände wie den Blickstahl finden und Informationen zu den NSC bekommen. Da es um Entscheidungen geht, sollten die SCs lieber früher als später wissen, wie die drauf sind. Zum Beispiel kann die Insel der Wilden Jungs (Thema Freiheit, so was wie die Kinder bei Peter Pan) eine hohe Meinung von Schiller haben, weil der ihnen immer eine Ladung Süßigkeiten bringt. Die idyllische Insel der Eigenheime findet Schiller dagegen doof, weil der immer Partys bei ihnen feiert und dabei wie ein Rockstar alles zu Bruch haut und nicht aufräumt.
Gescholtene Methoden wie etwas dass die SCs trotz aller Erkundung von Inseln immer genau dann bei Bach ankommen, wenn Gauß auch ankommt, finde ich persönlich unproblematisch und würde ich auch einsetzen. Gerade in einem Kinder-Entdeckungsabenteuer sollte die Zeit nicht so drängen.
Zusätzlich schön fände ich:
- Eine Einleitung, in der erklärt wird, was das Spiel eigentlich soll und wo die Ziele liegen
- eine Liste der NSCs mit Kurzbeschreibungen und ihrer Motivation. Ich bin mir bis jetzt nicht ganz sicher, ob Gauß ein Kartomant ist oder nicht. Es ist außerdem sehr wichtig, dass ich ein bisschen weiß, wie Bach so tickt, wenn man ihn überzeugen soll.
- Eine Karte
So, dass war’s erstmal
Ich hoffe, die Kritik kommt jetzt nicht zu scharf an. Ich finde ein Lukas-der-Lokomotivführer-Abenteuer süß, nur ist es so für mich nicht leitbar. Deshalb würde ich mich über eine Überarbeitung freuen.