Erstmal danke für den ausführlichen Beitrag.
Freut einen ja als Verlag auch, wenn sich jemand so sehr für die eigene Arbeit interessiert, dass er sich längere Gedanken macht.
Es stimmt, dass wir (gerade mit den neu angekündigten Sachen) einige Projekte parallel laufen haben. Auch bei uns wird mitunter ganz schön darüber gestritten, ob wir nicht noch dieses oder jenes tolle Spiel übersetzen oder zu jenem Thema ein Spiel machen sollten. In 90% der Fälle einigen wir uns dann sogar darauf, es nicht zu machen. Ihr seht also nur die Spitze des Eisbergs.
Wir sind uns unserer Ressourcen ganz gut bewusst und versuchen uns nicht zu übernehmen, denn es ist auch nicht in unserem Interesse, dass einzelne Linien vernachlässigt werden. Dabei arbeiten wir aber tatsächlich am oberen Anschlag dessen, was für uns machbar ist. Diese Grenze verschiebt sich aber konstant. Zur Orientierung: Vor einem Jahr bestand Uhrwerk noch einzig und alleine aus Patric. Alle übrige Arbeit wurde von Freelancern erledigt - wobei ich und Nicole schon in unserer Freizeit quasi teils bei Uhrwerk gearbeitet haben, damit das Pensum stemmbar ist. Uhrwerk war damals nämlich an einem Übergang: Zu groß für eine Person, aber zu klein um mehr als eine Person plus laufendem Programm zu ernähren. Inzwischen ist es so, dass wir zu dritt sind, denn unsere Bemühungen vom letzten Jahr sind gefruchtet: Uhrwerk ist jetzt in der Lage uns alle halbwegs zu ernähren.
Das erhöht natürlich verglichen mit vor anderthalb Jahren die Kapazitäten deutlich. Dazu kommt, dass Uhrwerk inzwischen nicht mehr von Patric zu Hause geführt wird, sondern wir (klar, zu dritt wäre das anders auch schwieriger) zusammen in einem Büro arbeiten. Auch das hat bessere Organisation, kürzere Wege und dadurch eine "Produktivitätssteigerung" mit sich gebracht.
Uhrwerk von heute lässt sich also nur bedingt mit Uhrwerk von früher vergleichen - es beruht darauf, hat aber deutlich erweiterte Kapazitäten. Trotzdem sind auch die inzwischen wieder stark ausgelastet, das ist klar. Unser Ziel ist es weiterhin, dass wir so weit wachsen können, dass wir noch 1-2 weitere Leute einstellen können. Um da hin zu kommen müssen wir aber am Anschlag arbeiten, denn anders ist es nicht machbar.
Nach diesem kleinen Exkurs zum Verlag an sich aber zu deinen konkreten Punkten. Bitte dabei beachten, dass ich jetzt vor allem auf organisatorische und finanzielle Aspekte eingehe und Herzblut für bestimmte Spiele oder Linien ausblende. Die haben natürlich auch immer einen Anteil an Entscheidungen (etwa ob man etwas macht obwohl man schon gut ausgelastet ist; ob man ein Spiel trotz schlechter Zahlen weitermacht; oder ob man etwas völlig neues aufzieht), aber das ist ja für deine Fragestellung erstmal zweitrangig.
- Erstmal die eingangs genannten (größtenteils neuen) Spiele. Deponia wird nicht von uns intern betreut und geschrieben, sondern von einem Autorenteam, die direkt mit den Deponia-Machern kooperieren. Wir sind gewissermaßen nur der Verleger. Bei Starslayers ist es ähnlich wie bei anderen Slayers-Sachen so, dass wir vor allem das von CK (und anderen) kommende Material drucken bzw. bei Organisatorisches Layout und Korrektorat/Lektorat übernehmen. Das braucht zwar Ressourcen, aber die sind überschaubar und an konkrete Produkte gebunden. 13th Age ist eine Übersetzung, die machen per se schon mal weniger Arbeit (im Normalfall, nicht immer), zumal das Übersetzerteam extern unter Schirmherrschaft des netten Glinnefitz arbeitet - auch hier kommen wir erst in späteren Arbeitsschritten rein. Und Sea Dracula ist Sea Dracula. Zwar das laut Patric beste Rollenspiel der Welt, aber sicher nix, was uns mehr als einen Nachmittag Arbeit macht.
Achtung Cthulhu macht da schon etwas mehr Arbeit, da wir es teilweise selbst übersetzen - aber auch das ist soweit machbar. Mutant Chronicles ist noch gar nicht konkret geplant, da wird erstmal nur gemunkelt.
- Zu Hölle auf Erden ist die Übersetzung von "Wasted West" sehr weit, das sollte in absehbarer Zeit kommen. Das hat länger gedauert als gedacht, vor allem auch durch Schluffigkeit auf unserer Seite. Aber eben auch, weil Deadlands insgesamt nicht so gut läuft, dass es höchste Priorität hat. Das spielt natürlich deinem großen Punkt in die Arme und wir haben vor einiger Zeit auch schon darüber gesprochen, ob es Sinn macht Deadlands weiter zu machen. Aber zum einen sind wir große Fans (da sind sie doch, die emotionalen Begründungen ...) und zum anderen ist der Aufwand vergleichsweise gering. Das sollte sich noch mehr so ergeben, jetzt wo Zornhau die Übersetzungen federführend übernimmt und wir vor allem nur noch die Endbearbeitungen selbst machen müssen. Aber auch in einer idealen Welt ist nicht damit zu rechnen, das mehr als jeweils 1-2 Produkte pro Jahr für Deadlands und Hölle auf Erden rauskommen. Dafür sind auch die Verkaufszahlen einfach zu niedrig.
- Space Kickstarter ist grad ein großer Brocken Arbeit, ber das englische Regelwerk ist endlich im Layout. Die weiteren Bücher sind auf deutsch teilweise fast fertig (Venus, Merkur folgt relativ bald danach) oder auf Englisch in Arbeit oder teilweise schon fertig (die Kickstarter-Abenteuer und -Supplements der englischsprachigen Autoren). Miniaturen sind schon fertig, Soundtrack ja sowieso. Hier sind wir also ganz gut dabei aktuell.
- L5R ist ziemlich gefloppt, das stimmt. Das lag zum Teil auch damals an Uhrwerk (die Übersetzung war in der Tat nicht sonderlich gut und auch an Werbemaßnahmen hätte vllt mehr kommen können), aber vor allem hat sich das Buch zu schlecht verkauft. Und zwar so schlecht, dass es für eine so teure Linie (die Bücher sind vollfarbig und aufwendig zu produzieren, das ist was anderes als ein Schwarzweiß-Softcover), dass es sich einfach nicht mehr gelohnt hat. Zwar stimmt es, dass eine Linie auch dadurch lebt und belebt wird, wenn weitere Produkte rauskommen, aber im Falle von L5R war es eben so schlecht, dass es den Verlag stärker belastet hätte das Spiel weiter zu machen als sich dazu durchzuringen, es einzustellen. Das ist sehr schade, aber manchmal lohnt es sich einfach nicht, ein Spiel fortzusetzen, wenn die Zahlen deutlich hinter den Erwartungen zurückbleiben und das Produkt sehr teuer in der Produktion ist. Letzteres ist da vor allem ein Faktor. Deadlands beispielsweise verkauft sich auch nicht unbedingt besser, ist aber in der Produktion deutlich billiger, weswegen man hier auch ohne großen Ertrag eher weitermacht.
- Splittermond ist in der Tat sehr viel Arbeit für uns, eben weil wir es komplett selbst machen und von unserer Zentrale aus steuern. Wir haben zwar ein hervorragendes Team an Freelancern, das viel Arbeit abnimmt - aber trotzdem geht ein großer Teil unserer und vor allem meiner Arbeitskraft gerade aktuell (Weltband gerade fertig, GRW in den Endzügen) dafür drauf. Dennoch ist das ein Punkt, wo wir dies als lohnend auffassen. Splittermond hat ein sehr großes Potenzial, das uns auch die aktuellen Vorbestellerzahlen und die riesige Resonanz im Splittermond-Forum zeigen. Jedenfalls besteht aktuell keine Gefahr, dass Splittermond von uns zu wenig Aufmerksamkeit kriegt. Da ist es dann eher ein Faktor, dass wir durch Splittermond natürlich weniger Zeit für andere Linien haben.
- FATE ist für uns durchaus erstmal ein Selbstläufer - und zwar insofern, dass das Team da ganz von selbst läuft und gute Arbeit macht.
Auch hier ist wie bei Malmsturm unser Job vor allem das Drucken und die Organisation. Shadom hat ja schon was dazu gesagt. Meines Erachtens macht jedenfalls Domenic einen super Job bisher bei Organisation des Team und der ganzen Übersetzungsarbeit.
- 13th Age kann ich dir gar nicht genauer was zu sagen, da wir da noch ganz am Anfang stehen und außerdem eher Patric in der Baustelle involviert ist. Das Spiel ist bei uns so neu, dass es in meine Splittermond-Arbeitsphase fiel und ich mich daher weitgehend rausgehalten hab aus der konkreten Arbeit.
Aber das illustriert vielleicht, dass wir im Verlag eben gar nicht alle in jedem Projekt immer total weit involviert sind. Ich mach viel Splittermond-Arbeit und kümmere mich auch vor allem um Myranor. Nicole managet die DER-Sachen und vieles bei Space praktisch alleine. Patric macht den ganzen organisatorischen Kram (Illus, Kontakt zu Lizenzgebern, Finanzen, etc.). Da gibt es natürlich immer Überschneidungen und jeder macht hier und da was - aber ich verlasse mich zum Beispiel bei Der Eine Ring darauf, dass Nicole alles im Griff hat und nachfragt, wenn sie Hilfe braucht. Das klappt bisher ganz gut - und wir sind in der Konstellation ja seit inzwischen knapp einem halben Jahr dran.
- Mutant Chronicles ist wie oben gesagt noch gar nichts spruchreif - daher macht es erstmal noch nicht viel Arbeit.
Ich bin intern übrigens selbst der größte Kritiker neuer Systeme, eben weil wir viel zu tun haben. Ich verstehe deinen Grundpunkt also völlig und teile ihn auch. Wir arbeiten am oberen Rand unserer Kapazität und können nicht weit darüber hinausgehen - wir tun das aber sehr bewusst und auch mit klarer Zielsetzung. Es ist dabei nie auszuschließen, dass irgendwo was schief läuft (auch weil wir es verraffen). Es ist auch nie auszuschließen, dass wir irgendwas aufhören weil es sich einfach von den Verkaufszahlen nicht lohnt (im Normalfall aber nicht nach einem Grundbuch, meist versuchen wir zumindest zu schauen, wie ein Produkt mit ein paar Erweiterungen läuft, da das wie gesagt durchaus Einfluss hat). Aber es ist definitiv auszuschließen, dass wir leichtfertig neue Sachen anfangen oder irgendwelche Projekte nicht sehr bewusst angehen.
Wir sind ein kleiner Verlag, aber wir haben eine große Zahl motivierter, erfahrener und sehr guter Freelancer um uns herum, die uns enorm viel Arbeit abnehmen. Manche Linien werden quasi von externen Teams selbst gesteuert, andere liegen sehr stark bei uns - die Mischung macht es da.
In jedem Fall nochmal danke für deinen ausführlichen Beitrag. Ich hoffe meine Antwort gibt dir ein bisschen Einblick in unsere Pläne und Herangehensweise an die ganzen Systeme.
Ansonsten gerne bei Rückfragen melden.