Social Combat gibt es in vielen nWoD-Bänden, Vampire the Requiem - Invite Only hat welche (mit Einbindung von Disziplinen), im Band Night Horrors: Grim Fears gibt es den Fighting Style Social Maneuvers, Requiem for Rome hat ihn, viele SAS-Szenen beinhalten Regelkonstrukte für soziale Auseinandersetzungen und selbst das Grundregelwerk besitzt Regelungen für soziale Auseinandersetzungen (Kapitel: Skills) ...etc
Na gut, da ich mich vor allem auf die Bände der Grundreihe und von Mage und Werwolf eingeschossen habe, kann ich keinen der genannten Bände mein Eigen nennen. Das Grundregelwerk bietet einige spezialisierte Skillanwendungen, die aber in den meisten Fällen asymetrisch sind und daher nicht die Qualität des Kampfsystems erreichen.
Beispiel
Unter Intimidation ist als Anwendung ein Verhör angegeben. Der Verhörer würfeln Wits+Intimidation+Bonus gegen Stamina+Resolve des Verhörten. Das Verhör gewinnt, wer zuerst die Willenskraft des Gegners an Erfolgen erreicht, je nachdem gibt der Verhörte alle Informationen preis, die er hat, oder der Verhörende erfährt gar nichts.
Es gibt keinerlei Möglichkeiten, den Spieß umzudrehen, vielleicht seinen Wert in Subterfuge oder Persuasion einzusetzen, um falsche Informationen zu streuen oder einfach unschuldig zu wirken, keine Möglichkeit, dem Verhörenden vielleicht Informationen zu entlocken.
Das wäre so, als würde ich im Kampf Strength+Brawl gegen Stamina+Dexterity des Opfers würfeln, wenn ich zuerst seine Gesundheitsstufen in Erfolgen erreiche, habe ich es verprügelt, wenn es zuerst meine Gesundheitsstufen in Schaden erreicht, ist es unverprügelbar
Das Grundsystem basiert auf den Attributen und Skills und schreibt Regeln fürs Würfeln und für Erfolge und Misserfolge vor. Das Kampfsystem baut auf diesen Regeln auf und fügt weitere Elemente wie einen genauen Handlungsablauf, Defensivwerte und Gesundheit hinzu. Damit ist das Kampf- und Schadenssystem sehr viel genauer geregelt als andere Bereiche im Spiel und nicht umsonst gibt es im Grundbuch neben dem Regelkapitel ein extra Kapitel für Kampf.
Ebenso gibt es weitere Regeln, die an die Kampfregeln anknüpfen, etwa verschiedene Kampfmanöver, exakte Ausrüstungsboni in Form von Waffen und Regeln für das Zerstören von Gegenständen, die wieder Grundlage für die Fahrzeugkampfregeln sind. Im Gegenzug gibt es in den Grundregeln keine sozialen Manöver und es gibt kein Ausrüstungsbuch für Makeup, Krawatten und Schönheits-OPs.
Wenn ich im Spiel eine Glasflasche zerdeppern oder ein Loch in eine Brandschutztüre reißen will, dann kann ich genau nachlesen, wie das geht. Wenn ich an einem Türsteher vorbeikommen oder den Prinzen der Stadt erpressen will, dann muss mit dem ST verhandelt werden, welche Fähigkeiten zum Einsatz kommen, welche Schwierigkeiten und Boni es gibt und welche Ergebnisse möglich sind.
Auch andere Spielelemente wie Morality oder Nachteile sind regeltechnisch schwammig: Ok, das Paradox schlägt zu, du erleidest Bedlam und bist jetzt geisteskrank. - Cool, was macht das? - Nix, spiel es halt aus.
Natürlich kann man immer Werte gegenrechnen, aber ich finde, das macht wenig Sinn, wenn dieselben Werte im System verschieden eingesetzt werden. Brawl und Weaponry sind nicht gleichwertig, weil ich aus Weaponry mit Waffenboni sehr viel bessere Werte herausbekomme. Ob es Sinn macht, Punkte in Firearms oder Persuasion zu stecken, liegt daran, ob der SL großzügig mit "Boni für gute Einfälle" ist, so dass ich im sozialen Bereich auch mit schlechten Werten auf dem Blatt gute Chancen habe. Ob ein Vampir mit Majesty oder ein Sterblicher mit gutem Aussehen und einem schicken Auto in einer gegebenen Situation besser abschneiden, lässt sich ohne Weiteres nicht sagen, wohingegen ein Gangrel mit Claws of the Wild und ein Söldner mit Schutzweste und AK 74 direkt miteinander vergleichbar sind.
Nur wehre ich mich gegen die Aussage, die WoD wäre streng nach Buch regelärmer als andere Regelwerke und würde daher kein Balancing benötigen aufgrund der Storyteller-Ausrichtung. Das hat nichts mit der Spielausrichtung zu tun. Wenn die Werkzeuge nicht untereinander funktionieren, dann kann das bei jedem Spielstil zu Problemen führen.
Andere Regelwerke haben aber andere Ansätze. D&D4 etwa ist ein Action-Kampf-System, das zwar auch andere Bereiche abdeckt, aber im Kampf spezialisiertes Heldenteam gegen exotische Monster ganz klar seine Stärken hat.
Fiasco ist ein Spiel, in dem es um Beziehungen und katastrophale Ereignisse geht und das diese Dinge auch vornehmlich mit den Regeln abbildet.
Reign dreht sich um Konflikte in großem Maßstab und auch auf politischer und wirtschaftlicher Ebene und bietet dazu Regeln an.
Die WoD will ein Horror-Rollenspiel sein, bietet aber Regeln an, die eher zu einem Action- oder Superheldenrollenspiel passen würden. Allerdings mit der Idee, dass die Aufteilung dazu dient, Charakterinteraktion und Stimmung nicht mit Regeln zu überfrachten, während Action schnell über Regeln abgewickelt werden kann.
Das funktioniert nach meiner Ansicht ganz gut, macht aber Aussagen zum Balancing schwerer.
Daher denke ich, ist Balancing innerhalb der Splats gegeben, bei Crossovern funktioniert es, solange man einen guten Gruppenvertrag hat. Aber RAW ist das Balancing nicht gegeben.
So wie du Balancing beschreibst, kann ich dem zustimmen: Die verschiedenen Splats sind von den Regeln her kompatibel, aber nicht darauf ausgelegt, miteinander zu funktionieren oder ausgeglichen zu sein.
Ich sehe beim Balancing allerdings im Vordergrund, ob alle Charaktere gleich nützlich sind und ob die Regeln es allen Spielern ermöglichen, in gleicher Weise am Spiel teilzunehmen und da muss ich sagen, dass das ST-System zumindest der WoD ziemlich ausgeglichen ist: In fast jeder Situation gibt es für die meisten Charaktere Gelegenheit, sich sinnvoll einzubringen und auch für einen gewöhnlichen Sterblichen ist es möglich, sich in einem Gebiet zu spezialisieren und dort kompetent zu sein, ohne dass einer der "Übernatürlichen" ihm dort automatisch den Rang ablaufen würde.
Und ja, mit Mages ist es am einfachsten, in allen möglichen Bereichen gut zu sein...