Ich habe als Spielleiter immer noch eine Menge Ressourcen um Ingame gewisse "Pfade" vorzugeben, wenn mir als SL das unbedingt als wichtig erscheint. Ob ich "NEIN verdammt noch mal, ich bin der Meister" als Feedback der Gruppe zurück gebe oder mich doch lieber für das "Ja,...aber das wird nicht leicht", macht einen großen Unterschied. Bei beiden entscheide ICH als Spielleiter etwas. Der Unterschied: Die eine Entscheidung ist absolut, die andere bezieht die Spieler aktiv mit ein.
Aber selbst, wenn ich diese Resourcen aus irgendeinem Grund einsetze, kommt doch immer noch das Geheule von manchen und vielen hier, das sei Entwertung von Spielerentscheidungen. Man nehme das berühmte Moria-vs.-über-den-Berg-Beispiel: "Ihr habt euch für den Berg entschieden? Na schön, prima, also das sind erst mal fünf Klettern-Proben + jenseits von Gut und Böse, ein Sturz hat 1w6 Halbtods zur Folge, und bei jedem misslungenen Widerstandswurf + abartiger Zuschlag, erleidet ihr pro Runde mörderischen Kälteschaden." Reaktion: "Du böser SL willst ja bloß nicht, dass wir über den Berg kommen!" Und dabei habe ich nur Resourcen eingesetzt und die Spieler aktiv miteinbezogen.
Das ist ein sehr ungünstiges Beispiel, ich weiß, und es hat auch nichts mit Charakterspiel vs. Storyspiel zu tun. Dazu kommt, dass ich den ganzen Thread auch nicht gelesen habe, nur mal hier und mal da. Aber in der Haltung der Fraktion, die so sehr das "offene" Spiel propagiert, schimmert für mich da immer etwas Scheinheiliges durch. Ich habe das schon einmal in einem anderen Thread geschrieben: Entweder ich mache eine reine Sandbox, wo ich eben auch auswürfle, welche Konflikte entstehen und wie lange die SCs in der Kneipe sitzen müssen, bis ihnen ein Plothook über den Weg hoppelt, oder ich gestehe ein, dass ich als SL autoritär vorgehe. Diese Autorität ist freilich abgeschwächt, wenn ich eine Gruppe habe, die von alleine ein wenig Fiasco-mäßig funktioniert, d.h. wo sich auch die Spieler ihre Konflikte und Abenteuer aktiv suchen und gestalten.
Wenn ich das aber nicht habe, bedeutet das, dass der SL eben durchaus sanfte Gewalt anwenden muss (oder anders gesagt: "Resourcen"), und zwar nicht unbedingt, um einen "Plot durchzuboxen", sondern um die SCs in Konflikte zu zwingen. Denn nur dann geht es richtig ab. Ich erlaube mir, hier mal meinen ironisch gemeinten
Beitrag zum miesen SL-Thread zu verlinken. Das ist -- ähnlich wie die vielen so sehr verhasste Gefangennahme -- eine Situation, wo ich erst einmal darauf pfeife, was die SCs eigentlich wollten. Dafür sind sie in einem Konflikt, der einige Zeit Action und Spielspaß bringt. Und unabsehbare Folgen hat. Sprich Abenteuer.
Wir erleben das ja auch in glisanders Ars Magica-Runde: Da werden die Grogs halt erst mal vom Hauptmann alle gemacht und müssen wochenlang Schuhe putzen (das ist nur eines von vielen Beispielen, und das ist auch nicht völlig handgewedelt, aber durchaus mit "Resourcen" und mit aktiv einbezogenen Spielern herbeigeführt), denn Zuckerschlecken ist halt nicht so spannend wie Konflikt, Leidensdruck und Kampf.
Will sagen: Natürlich wollen Spieler Konflikte und Abenteuer, aber dafür muss man als SL eben auch "Resourcen" einsetzen, um die SCs in Konfliktsituationen zu manövrieren. Das soll alles nicht heißen, dass Spielerentscheidungen überhaupt keinen Einfluss haben sollen/dürfen oder dass das von mir verlinkte Beispiel jederzeit statthaft wäre (ist es nicht, es eignet sich als Einstieg, aber in einer laufenden Kampagne wäre es ohne Absprache natürlich nicht denkbar). Oder dass ein SL mit einem plumpen "Das geht nicht" hantieren sollte. Ich will nur noch einmal darauf hinweisen, dass ich Leuten, die so tun, als gäbe es nie auch nur einen Willkürakt seitens ihrer Spielleitung, einfach nicht glaube, es sei denn, sie praktizieren die
reine Sandbox, in der alles, aber auch alles ausgewürfelt wird, oder spielen gleich etwas wie Fiasco.
Ansonsten plädiere ich eben für die Mischform, die bei mir (nicht in der Realität, sondern im Idealfall) so aussieht: Die Spieler lassen sich vom SL ein bisschen schieben und schieben ein bisschen zurück, und alle haben ihren Spaß.