Sehr ärgerlich, wenn gerade inmitten des nächsten getippten Romans alles futsch ist, ohne dass man auch nur eine Taste gedrückt hat.
Bei dem Beitrag, auf den ich zuerst antworten wollte, kommen zwei verschiedene Dinge zum Tragen,
Teylen.
Auf der einen Seite stehen die allgemeinen Dinge zum System (um die es hier ja auch gehen soll), auf der anderen Seite stehen da Details aus der aktuell gegebenen Tischrunde.
Ich fang mal mit den Details der aktuellen Runde an, die ich in diesem Thread allerdings ungern vertiefen würde:
Das Ganze orientiert sich am Sabbat, soll also schon eigentlich dahin führen (aktuell gibt es ihn noch gar nicht, wir befinden uns nämlich (noch) bei Dark Ages). Das war von vornherein so klar, weshalb beispielsweise auch einige Pfade außen vor bleiben sollten. Zugleich wurde aber explizit gesagt, dass es sich letztlich um eine Individualentscheidung der Charaktere handelt, es also z.B. möglich wäre, dass sich zwei für die Camarilla entscheiden, zwei für gar nichts und der Rest für den Sabbat.
Ich halte das grundsätzlich für eine sehr schwierige Option, auf jeden Fall aber ist es zwingend nötig, den Kanon zu beugen zu Gunsten der Runde, um das Zusammenspiel weiterhin möglich zu machen, sollte es zu unterschiedlichen Entscheidungen kommen.
Das ist dann der Schwenk hin zu den allgemeinen Vampire-Vorurteilen für mich. Denn einerseits erwarten bestimmte Leute, dass
als normaler Spieler faende ich es gut wenn es dem Spieler selbst ueberlassen wird zur welcher Haltung sein Charakter aus welchen Gruenden gekommen ist. Schliesslich spielt man einen fiktiven Charakter und nicht "sich selbst mit Faengen"
,
andererseits wird umgekehrt nicht dasselbe zugestanden - was ich wiederum als "typisch Vampire" erlebe.
Damit meine ich nun nicht dich persönlich, aber das Zitat ist perfekt, weil es nämlich genau das widerspiegelt, was ich so erlebt habe und erlebe.
Der Haken dabei: Bei meinen bisherigen Spielerlebnissen
ist da in einem Großteil der Fälle keine Haltung aus irgendwelchen Gründen.
Und genau das ist mein Hauptkritikpunkt und auch das, was ich ständig erlebe. Da wird was von Haltungen, Erfahrungen und Gründen eines Charakters ins Rennen geworfen, aber genauer wird das nicht definiert, weil es nämlich dazu keine genauen Gedanken gibt, weil das Ganze streng geheimes Wissen sein soll und andere ja zu blöd sind, Inplay und Outplay zu trennen, weil man sich keine größeren Gedanken zu einem Präludium gemacht oder ein solches ausgespielt hat etc.
Und ja, das kann man als Mitspieler durchaus beurteilen, auch wenn man nicht Bogen, Hintergrund (falls vorhanden) in der Hand hat, weil man es nämlich spätestens dann merkt, wenn es überhaupt keine Kontinuität im Charakterverhalten gibt, wenn es keinerlei Werte, Vorstellungen, Meinungen etc. des Charakters gibt, die besonders stark, besonders oft oder überhaupt sonstwie ins Spiel gebracht werden. Wenn nämlich alles genau so gedreht wird, wie es gerade optimal erscheint. Da lässt man dann nicht nur 5, sondern direkt mal 77 gerade sein, weil: Ist sonst halt uncool.
Diese Folgen aus so einer Spielart nerven mich enorm, wenn es allerdings grundsätzlich einen Charakter gibt, der wie von dir beschrieben Gründe hat (ob ich die kenne oder nicht ist irrelevant, da geht es mir wie gesagt um die Verhaltenskontinuität): bitte, soll er, kann er, darf er gern machen, was er eben so für richtig, sinnvoll oder sonstwas hält.
Umgekehrt sind es aber genau
solche Spieler, die einem dann sagen (im Bereich des Möglichen, bislang allerdings kein reales Beispiel): "Wie, kein Sabbat? Wie, Menschen kein Vieh? Wie ... (whatever)? Du MUSST aber dies und jenes, weil sonst muss mein Charakter dich leider schneiden, verraten, vernichten etc."
Wo ist denn da bitte das auch nur angestrebte Zusammenspiel oder auch nur der Wille, jedem Tierchen sein Pläsierchen zu lassen?
Ah, doch, es passt wohl ein reales Beispiel, wenn auch nicht aus der aktuellen Runde: Genau diese Nummer ist nämlich im Grunde auch bei der Forenrunde Sabbat damals passiert: "ICH will ein Blutfestmahl, weil ICH bin voll cool im Sabbat und ICH hab das auch im Buch gelesen, dass das so gemacht wird, deswegen scheiße ICH darauf, dass das hier nicht gewünscht wird, deswegen interessiert es MICH nicht, dass hier auch Minderjährige lesen und darum auch laut Forenregeln nicht geht, weil IHR sonst nämlich einfach alle uncool, unflexibel und nicht krass genug für den Sabbat seid. So."
Und genau da sind wir dann wieder bei den Vorurteilen, dass dieser Spielertyp zwar gerne Förmchen und Schüppchen haben möchte, aber zu egozentrisch ist, auch mal ne Schüppe Sand abzugeben.
Sachen wie vergleichbares Machtniveau der Charaktere, Umgang mit Tabus und Grenzüberschreitungen usw. können natürlich noch dazu kommen, aber die halte ich nicht für wesentlich beim Kernproblem.
Und sicherlich gibt es irgendwo Leute, die die "äußerliche Form des Horrors direkt thematisieren", zu gut deutsch: einen mehr oder weniger ausgeprägten Hang zu Splatter/Gore haben, und die dennoch nicht "das Drama, den psyschologischen Horror, die moralischen Konflikte oder Tragik ausblenden". Ich weiß es nicht genau, aber ein paar (keine Hand voll) kenne ich vermutlich sogar, bei denen das so ist.
Das entspricht aber nicht dem gängigen Spielertyp bei Vampire, zumindest nicht meiner Erfahrung nach an unterschiedlichen Orten, zu unterschiedlichen Zeiten, mit unterschiedlichen Menschen, in unterschiedlicher Form.
Und ehrlich gesagt wundere ich mich auch, warum auch heute noch viele V:tM-Fans bei diesem Hintergrund und diesem Regelsystem überrascht sind, dass da Gewaltorgien vorkommen und eine Menge Powergamer mitspielen wollen.
Also mich wundert es nicht, nur finde ich die offenbar immer wiederkehrende Bestätigung des Ganzen enttäuschend.
Mag sein, dass die Regeln von V:tM wirklich extrem anders sind als die der sonstigen oWoD, so regelfest bin ich da wie gesagt nicht, aber eigentlich sollte das so unterschiedlich doch nicht sein, da alle dasselbe Grundgerüst verwenden?
Und V:tM-Fan ... bin ich nicht und wie es aussieht, werde ich es auch nicht mehr werden *seufz*.
Hinsichtlich der "Gewaltorgien".
Also ich halte es einerseits nicht fuer ein V:tM spezifisches Problem. Da kann man mit jedem Setting reintappen - zumindest mir ist es bei HEX passiert.
Allenfalls das es sich vermutlich noch verstaerkt wenn ein Setting den Themenbereich Horror umfasst.
Da hilft normalerweise wenn man vorher drueber redet wo so die Ekel / Gewaltgrenze liegt und wie man nun die Menschlichkeit handhabt.
Noch mal: Mir geht es nicht im allgemeinen um Grenzüberschreitungen, Ekel-, Tabu- oder Gewaltgrenzen als solche.
Und ich halte es nach wie vor für ein V:tM-spezifisches Problem, auch wenn ich es nicht verstehen kann.
Ich habe Werwolf gespielt, Dämonen, Mumien, Changeling, Wraith ... von Systemen abseits der WoD, die zum Horrorgenre zählen oder gezählt werden, habe ich bislang Little Fears/Kleine Ängste gespielt, Cthulhu, KULT und bislang nur einmal All flesh must be eaten.
Ich hab in
keinem dieser Systeme bislang dieselben oder auch nur ähnliche Erfahrungen gemacht wie bei Vampire.
Komisch, oder?
Okay, zugegeben: Die KULT-Runde habe ich sehr schnell verlassen, weil sie mir persönlich zu krass war. Das hing allerdings nicht mit dem Gewaltlevel oder Grenzüberschreitungen zusammen, sondern hatte andere Gründe. Ist hier jetzt auch irrelevant, zumal es persönliche Gründe waren.
Das war dennoch eine sehr gute Gruppe mit einem wirklich supertollen SL, und mit der Aussage habe ich mich damals auch aus der Runde verabschiedet. Das war einfach zum damaligen Zeitpunkt aus bestimmten Gründen zu heavy für mich und ich find's okay, das einfach so einzusehen und als Konsequenz dann zu gehen. Das hatte aber nur etwas mit mir zu tun, nicht mit dem System, nicht mit dem SL und nicht mit der Gruppe. Ich würd's heute wieder spielen mögen.
Das sehe ich in Bezug auf meine bisherigen Vampire-Erfahrungen anders.
Was genau sind übertriebene Grausamkeiten? Für eine Sabbatrunde und dabei noch einen der Tschi...-Chi...-äh na die Foltertruppe halt - ist es irgendwie ein interessantes Gegenstück und stimmungsförderndes Element in meinen Augen. Man(n) muss es ja nicht unbedingt übertreiben, aber die Perversität des Sabbats stellt für mich ein stimmungsintensives Element dar.
Edit(h): Habt ihr eigentlich schon 'mal Backgroundstories wie Eternal Hearts gelesen? Die Grundinspiration und Herangehensweise von VtM war ziemlich hart(bzw. Hardcore) in allen Richtungen.
Nö, ich kenne keine Backgroundstorys.
Aber weil es sich gerade so anbietet: Wo übertriebene Grausamkeit anfängt, entscheidet jede Gruppe immer individuell, denke ich.
Mir geht es aber nicht darum, dass der Gewaltlevel bei V:tM oder beim Sabbat mir generell zuviel wäre, sondern ich finde die erlebte Umsetzung desselben zumeist schlicht als - ich schrieb es schon - platt und primitiv. Das hat mit Stimmungsförderung oder -intensivierung nichts zu tun, vielmehr was mit Stimmungstötung.
Man kann mit wenigen Sätzen oder mit den Dingen, die man eben nicht sagt oder zeigt, meist sehr viel mehr erreichen als mit exzessiver Darstellung unklarer Motivation. Exzessive Darstellung vor dem Hintergrund persönlich orientierter Motivationen stellt da für mich eher so ein Mittelding dar.
Das soll nicht heißen, dass das Mittel der Wahl sein sollte oder muss. Ich sehe durchaus sinnvolle Einsatzmöglichkeiten auch für explizite und umfangreichere Darstellungen ... wenn auch nur relativ wenige, insofern es wirklich der Stimmung dienen soll. Kann aber sein, klar, und das sind nicht die Dinge, die ich ablehne, sondern eben das tumbe "Moshen" ohne Hintergrund und ohne Konsequenz. Und letzteres scheinen sich halt die meisten Vampire-Spieler warum auch immer auf die Fahnen geschrieben zu haben.
Ich glaube langsam, dass Scimis Beitrag von Seite 1 da sehr viel Gewicht hat.
Es gibt dummerweise zuviele Spieler, die sich in der Regelmechanik des Spiels verhaken und dort den heiligen Gral suchen. Oftmals kommt sowas vor allem auf Cons vor, aber es liegt eigentlich am Menschen selbst, der das Spiel spielt. Das ganze fängt an bei Dingen wie "ich möchte irgendwie meine Generation senken" - "ich möchte diese und jene (überaus komplizierte) Disziplin" - "ich möchte diesen Clan spielen (und habe keine Ahnung davon wie man das tut, aber die Diszis lesen sich geil)" und endet bei Munchkin-Bauten mit höchst suspekten Disziplinsausprägungen und -höhen und Blutbädern von Spielern, die noch keine 18 sind, oder sich selbst für eine Verkörperung des Death-Metal-Anarchen halten. In keine anderen Spiel findet man so viele Blödnasen und Psychopathen. Leider.
Ich find's gerade ein bisschen erschreckend, wie bekannt mir das vorkommt ...
Wenn ich aber diese mir unsympathische Oberfläche wegnehme bleiben aus meiner Sicht viele ernsthaft gute und komplex denkende Spieler übrig, die das Ganze mit Farbe füllen. Ich habe über zwei Dutzend genialer Spieler kennengelernt, die so mannigfaltige Charakterideen haben und diese sehr gut umsetzen und spielen können - und dabei zwar die Regeln kennen, aber sie nicht für sich ausnutzen möchten.
Und daraus besteht meine Hoffnung. Ich finde die Grundidee zu V:tM ja nett, warum sonst würde ich es überhaupt immer wieder mal versuchen?
Allerdings sehe ich diese Lichtblicke, die du hier beschreibst, immer nur gepaart mit den Beispielen von weiter oben und nicht getrennt voneinander.
Schade.
Ein anderer Punkt ist, man muss das Spiel ungemein eingrenzen, vor allem bei den Optionen den Charakter zu bauen. (...) Bei mir dürfen zum Beispiel Die Clansdisziplinen sich allerhöchstens um zwei Punkte unterscheiden, ich habe zuviele Startcharaktere gesehen mit Verdunklung 5 oder Geschwindigkeit 5. Gibts bei mir nicht. Zudem beschränke ich die Nichtclansdisziplinen auf die Höhe der niedrigsten Clansdisziplin. Das Blut des Clans ist nicht zu leugnen.
Du hälst es also auch für unabdingbar, bei Vampire im Vorfeld oder möglichst frühzeitig sehr klare Definitionen, Grenzen etc. festzulegen und als "Rundengebote" (oder meinetwegen Hausregeln
) festzunageln?
Und findest du, dass V:tM das nötiger hat als andere Systeme?
Was gerade bei Werewolf daran liegt das es einen recht 'stumpfen' Eindruck macht. Kurz gesagt, das bisschen Zwischenwelten gespringe sowie die Umwelt Einstellung macht mir die Beschreibung als gewaltaetige, unglaublich starke Werwoelfe nicht schmackhafter. Der Comic "Black Furies" bestaetigte die Vorurteile eher. Haette es ganz spannend gefunden, aber letztlich kaempfen sich die Charaktere dort unter massiver Gewaltanwendung durch die Geschichte. An die Theo "Shaft" Bell im Anschluss nicht heran kommt.
Ja, den Eindruck hatte ich auch lange von Werwolf (Comics sind, wie gesagt, nicht mein Ding, also ich kenne die nicht). Ich dachte mir: Wenn Vampire schon dauernd so aus dem Ruder zu laufen scheint bzw. einen bestimmten Typ Spieler anzieht, wird Werwolf dem Ganzen wohl die Krone aufsetzen.
Ich war überrascht zu erfahren, dass das nicht so ist. Die Charaktere, die ich bei Werwolf erlebt habe, hatten genau das, was mir bei Vampire meist fehlt: Hintergrund und Motivation sowie eine kontinuierliche Spielform.
Ich halte es fuer massiv falsch bei Spielern, welche brutale oder detaillierte Szenen einbringen beziehungsweise beschreiben, darueber zu philosophieren das dort irgendwelche persoenlichen Eigenheiten des Spielers nach aussen projieziert werden.
Als Spieler trenne ich strikt zwischen dem Charakter und meiner Person.
Nun und ich erwarte eigentlich von meinem Umfeld das es die Trennung akzeptieren kann.
Insbesondere wenn es sich hierbei um andere Rollenspieler handelt.
Naja, das wäre auch wieder ein Thema für sich. Das Thema kommt ganz gern mit Nicht-Rollenspielern auf, die dann postulieren, dass ja Eigenschaft X oder Verhalten Y zwingend in einem drin stecke, weil man es sonst nicht spielen könnte und sie mit Erschrecken darüber nachdenken, was das wohl über die wahre Persönlichkeit eines Spielers aussagt.
Ich denke: Das stimmt - und es stimmt nicht.
Kein Mensch fragt: Wieso malst du so ein düsteres Bild? Warum schreibt jemand einen Horrorroman? Weswegen entsteht ein Horrorfilm?
Wenn man dann aber in eine Charakterrolle im Rahmen des RPG schlüpft, wird es komischerweise plötzlich persönlich und fragwürdig. Halte ich für Unsinn.
Dennoch kann man tatsächlich nur spielen, was man spielen kann, ganz simpel formuliert. Wenn diverse Sachen nicht Teil der eigenen Persönlichkeit sind, kann man sie nicht (gut) spielen, weil man sie nicht mal im Ansatz (ausreichend) nachvollziehen kann.
Trotzdem ist eine Trennung ungemein wichtig - um mal ein weniger emotionsgeladenes Beispiel zu nennen: Wer gerne Diebe spielt, ist nicht zugleich auch kleptoman veranlagt, hat vielleicht noch nie in seinem ganzen Leben gestohlen und wird es auch nie tun. Kann sein - und muss man
unbedingt trennen.
Vorstellen kann die Person es sich aber in irgendeinem Hinterstübchen schon, sonst wird der Dieb nicht plausibel.
Dennoch kann man da nicht vom Charakter auf die Persönlichkeit des Spielers schließen. Einmal, weil schon Nuancen eine Charakterpersönlichkeit verändern können und natürlich auch, weil man eben
spielt. Tun Schauspieler auch und werden nicht in ihrer Persönlichkeit hinterfragt, nicht mal die obligatorischen Bösewichte.
Aber bei einer Verschmelzung von Charakter und Spieler bzw. der Trennung von Fiktion und Realitaet, bekaeme man doch bei dem ganzen Horror, potentiell, direkt gesagt, einen Dachschaden?
Wahrscheinlich - vor allem, wenn man verschiedene Charaktere, Systeme etc. spielt.