Wir reden doch hier ohnehin von sehr langfristigen Kosten-Nutzen-Rechnungen.
Klar, es kommt drauf an, was man mit der Welt anfangen will. Allerdings wird man aus genannten Gründen keine High-G-Welt als Siedlungsgebiet hernehmen, weil das eben alles andere als kommod ist.
Auch zur Produktion von Exportgütern muss man sich genau überlegen, ob der Ertrag die Mühe wert ist; schließlich dürfte es die meisten Elemente auch auf leichter zugänglichen Himmelskörpern geben. Es mag interessant sein, wenn man gerade dort sehr seltene und teure Elemente findet, bei denen die erhöhten Transportkosten im Verhältnis zum Marktpreis nicht weiter ins Gewicht fallen. Aber auch das hält nur so lange, bis man anderswo die gleichen Elemente leichter zugänglich findet - man stelle sich vor, dass man da gerade die Infrastruktur aufgebaut hat, und dann findet man im Nachbarsystem einen Mond, auf dem das Zeug nur so rumliegt. Zack wird die Kolonie zur Geisterstadt.
Ob nun Bergbau auf Planeten (Schwerkraft) oder auf Asteroiden (Lebenserhaltung) profitabler ist, darüber scheiden sich die Geister, und es kann sicher Nischen für beides geben.
Und selbst für diese wird man mitspielen, wenn man sie nur dringend genug benötigt. Ich verweise dabei noch einmal darauf, das die theoretisch hohe Zahl an bewohnbaren Planeten für ein Hard-SF-Setting nicht bedeutet, dass man alle Nase lang über eben diese stolpert. Man hat einfach nicht den Luxus, wegen einzelner suboptimaler Faktoren auf die Kolonisation zu verzichten, weil die Suche nach der "optimalen Welt" (TM) letztlich noch viel zeit- und ressourcenfressender wäre.
Das kommt darauf an. Auch, ob man sich Zeit lassen kann mit der Suche, oder ob es eine Art Goldgräberstimmung gibt in der es gilt, möglichst schnell seinen Claim abzustecken. Wenn die Exploration immer weiter vorangetrieben wird, wird es sicher auch o.g. "Geisterplaneten" geben, deren Siedlungen durch spätere Entdeckungen obsolet geworden sind. Und wie schnell die Exploration vorangeht, wie schnell der Transport zwischen den Sternen funktioniert, und so weiter.
Ah, OK. Da im Subject von "Kolonisation" die Rede ist, hatte ich bereits bestehende Kolonien mit ihrem regelmäßigen Verkehr im Hinterkopf aus dem Setting ausgeklammert. Ich dachte, es ginge dir im Schwerpunkt tatsächlich um den Vorgang der Kolonisation selbst.
Das ist ja ein ständiger Prozess -- eine Kolonie wird ja nicht über Nacht errichtet, sondern das ist ein Prozess, der sich über Jahre und Jahrzehnte hinzieht. Und da braucht man soviel Material, wovon natürlich das meiste von oben nach unten geschafft werden muss -- aber eben in der Regel mit dem Ziel, dass es irgendwann andersrum geht und irgendwelche Güter von unten nach oben gebracht werden müssen zwecks Export/Handel.
Ich habe mal früher im Thread die Vermutung aufgestellt, dass man mitsamt Werkzeug, Maschinen, Vorräten und so weiter wohl ungefähr 1 Tonne Nutzlast pro Kolonist rechnen muss. (Eigentlich ist das sogar eher tief gestapelt, wenn man sich mal überlegt, was heutzutage schon bei einem einfachen Umzug zusammenkommt.)
Nun ist es interessant zu berechnen, wie lange eine (ständig erweiterte) Flotte wohl brauchen mag, um sagen wir mal 1 Million Siedler auf eine neue Welt zu bringen. Das brauchen wir nicht zuletzt für die "Future History" -- ich würde z.B. ein Setting, bei dem im Jahr 2100 schon hunderte Millionen Menschen außerhalb der Erde leben sollen, erstmal für unplausibel halten.
Dabei würde ich erwarten, dass nach Anlaufen des serienmäßigen kommerziellen bzw kolonialen Raumschiffbaus erstmal die Kapazität exponentiell wächst, um dann irgendwann abzuflachen, wenn der Bedarf gesättigt ist.
An der Stelle vergleiche ich ganz gern mit dem heutigen Flugzeugbau, da ich davon ausgehe, dass für ein funktionierendes Raumfahrt-Setting dieselbe etwa den Stellenwert einnehmen müsste wie bei uns heute die Luftfahrt (nur mit mehr Rogue Tradern).
Ein Airbus A380 z.B. hat ein Leergewicht von etwa 300 Tonnen und kostet ca 400 Mio €. Moderne zivile Flugzeuge kosten also grob gegriffen 1-2 Millionen pro Tonne. EADS kann etwa 30 A380 pro Jahr produzieren, dazu kommen noch andere Modelle und dann das ganze nochmal für andere Hersteller (in 1. Linie Boeing).
Auf ungefähr das Niveau müssten wir auch mit den Raumschiffen kommen. Warum auch nicht, eigentlich dürfte ein Raumschiff eher weniger bewegliche Teile haben. Aber der Vorteil ist, Raumschiffe sind wie Ameisen und können ein Vielfaches ihres Leergewichts auf einmal transportieren.
Der Nachteil ist, für einmal hin und zurück sind sie wahrscheinlich relativ lange unterwegs (eher vergleichbar mit Ozeanfrachtern).
Hängt natürlich wieder vom Setting und Techlevel ab, aber bei Redshift rechne ich je nach Kolonie mit 1-3 Monaten für den round trip. Sagen wir mal im Schnitt 2 Monate für 1000 Tonnen Fracht bzw 1000 Kolonisten mit Ausrüstung, also 6000 pro Jahr.
Nehmen wir mal an, pro Jahr kann eine Kolonialmacht 50 neue Raumschiffe in Dienst stellen, wenn die Technologie einigermaßen ausgereift ist. (Wir nehmen mal der Einfachkeit halber an, die werden alle auf einen Schlag einmal im Jahr in Dienst gestellt.)
Im ersten Betriebsjahr verfrachten also 50 Schiffe insgesamt 300.000 Siedler.
Im zweiten sind es schon 100 Schiffe, die weitere 600.000 Siedler transportieren können.
Und so summiert sich das dann auf. Immer vorausgesetzt, man genügend Freiwillige oder "Freiwillige".
Nach 10 Jahren Ranklotzen haben wir also 500 Schiffe, die bis dahin schon über 16 Millionen Menschen transportiert haben können, und eine jährliche Kapazität von 3 Millionen Tonnen im Jahr aufweisen.
Das überrascht mich jetzt selber, denn das sind ja schon sehr ordentliche Zahlen für eine so relativ kurze Zeitspanne. Selbst wenn man die Baukapazitäten und Reisezeiten konservativer ansetzt, kommt relativ schnell einiges zusammen.
-> bei maximalem Wachstum kann eine Kolonie innerhalb von 50 Jahren von 0 auf über 200 Millionen anwachsen, wenn man nur genügend Menschen freiwillig meldet.
Zumal ab einem bestimmten Zeitpunkt die Kolonie soweit etabliert sein dürfte, dass man nicht mehr eine ganze Tonne pro Siedler rechnen muss. Naja, andererseits ist wie gesagt auch 1t pro Kolonist in der Anfangsphase zu niedrig gegriffen. Schwierig abzuschätzen.
Aber jedenfalls kann man hier sehen: _so_ quälend langsam muss der Prozess gar nicht ablaufen, und entsprechend weniger weit muss man in die Zukunft gehen, um Kolonien interessanter Größe ansetzen zu können.
Vertu dich mal nicht, gerade was Atmosphären angeht. Strömungsmechanik ist ein äußerst kitzliges Gebiet, und kleine Unterschiede in der Beschaffenheit des Mediums können große Auswirkungen auf die Anforderungen an Rumpf- und Flügelform haben. Sprich, was auf der Erde super gleitet, könnte auf Titan wie ein Stein runterplumpsen und umgekehrt.
Meinste? Kann ich mir kaum vorstellen. Aber selbst wenn, das lässt sich ja kontern durch moderne Werkstoffe, die adaptive Aerodynamik erlauben - sprich, das Lift/Drag-Profil kann on the fly an die jeweiligen Verhältnisse angepasst werden.
Ich gehe ja wie gesagt von einer massiven Verwendung von Superkohlenstoffen aus, die wirklich federleichte Strukturen erlauben. Das erlaubt es, das "Ameisenprinzip" nicht nur auf Raumschiffe, sondern auch auf Lifter anzuwenden. Entsprechend können sie auch, sogar mit Ladung, ein sehr günstiges Gleitprofil haben, und müssen nicht wie ein US Space Shuttle unwesentlich langsamer als ein Stein durch die Atmosphäre fallen.