Ich habe es, es wurde getestet.
Space Opera reinsten Blutes, keinerlei Anflug von Hard-SciFi.
Kurze Beschreibung des zugrundeliegend Konzepts: Man spielt eine Truppe interstellarer, hochkompetenter, freischaffender Polizeisöldner, die ständig die laufenden Kosten ihres Raumschiffs und diverser cybertechnischer Implantate und Spezialausrüstung decken müssen und bei jedem Auftrag eventuell wieder knapp am Bankrott vorbeischrammen. Ein Setting irgendwo zwischen CSI, A-Team und Schuldnerberater Peter Zwegat. Die Charaktere sind lager-than-life und deshalb schickt man auch sie auf den rebellierenden Planeten und nicht eines der wenigen verbliebenen Kriegsschiffe.
Zum Hintergrund: Nach einem mörderischen intergalaktischen Krieg liegt das ehemals stolze Kombinat in Trümmern, es gelingt gerade noch so, die wichtigen Kernwelten am laufen zu halten, deshalb hat man in einem entfernten Aussensektor die Aufgabe, für Recht und Ordnung zu sorgen, an freischaffende, lizensierte Ordnungskräfte outgesourced. In diesem Metier sammeln sich nun alle nach 15 Jahren Krieg ausgemusterten Spezialkommandokillersoldaten, alle Unzufriedenen und Unangepassten, die sonstwo keiner haben will, ebenso wie Heerscharen von Glücksrittern und Hasardeuren, kurz gesagt also: die Spielercharaktere.
Das System ist klassisches Gumshoe mit ein, zwei kleinen Änderungen. Es gibt ein nettes System für Raumkämpfe mit geringen tatkischen Elementen. Dieses System ist nett, aber nichts überwältigendes. Das beste, was man darüber sagen kann ist, das wirklich jeder Spieler dabei eingebunden ist und das es schnell und zweckmäßig ist. Grandios innovativ ist es allerdings nicht.
Man besitzt ein eigenes Schiff, das man aus über zehn Klassen auswählen kann, jede Klasse hat merkliche Vor- und Nachteile und wirkt sich tatsächlich auf das Spiel aus.
Es gibt haufenweise Technik, mit der man sein Schiff oder seinen Charakter verbessern kann, allerdings erhöht fast alles die laufenden Kosten, die von der Crew gedeckt werden müssen. Das führte zu einigen interessanten Entscheidungen.
Zentrales Element ist das Reputationssystem. Bei jedem Auftrag, den man annimmt hängt die Bezahlung von dem Ruf ab, den man aufgebaut hat. Schafft der Public-Relations-Offizier es nicht, dubiose Aktionen mittels gelungener Würfelwürfe den offziellen Stellen zu erklären (Ja selbstverständlch war es nötig, den Verdächtigen mit einem Kabel hinter unserem Schiff herzuschleifen und dann durch ein Asteriodenfeld zu fliegen, das war folgendermaßen...), dann sinkt die Reputation, man bekommt weniger Geld und kann seine Einbauten nicht mehr bezahlen, woraufhin sie vorerst den Dienst verweigern. Das zugrundeliegende System dafür funktioniert sehr gut, solange man sich nicht dauerhaft benimmt wie die Axt im Walde, braucht man sich nicht zu sorgen, das man aus ökonomischen Gründen aus dem Spiel genommen wird.
Es gibt sieben Völker zur Auswahl, alle mit deutlichen regeltechnischen Vorteilen und interessanten Hintergründen, die als Storyaufhänger dienen können.
Wa man nicht erwarten darf ist ein detailliertes Setting. Der bespielte Sektor ist grob angerissen, es gibt ausser einer zentralen Raumbasis keine festgelegte Örtlichkeit oder größeren Machtfaktor. Das war meines Erachtens nach allerdins keine Schwäche des Spiels, sondern wird zu seiner Stärke gemacht. Das ganze Spiel ist von A bis Z auf die Charaktere und die Spieler ausgerichtet. Jeder Spieler beschreibt bei Erschaffung für seinen Charakter einen eigenen, mehrteiligen Story-Bogen, der im Spiel nach und nach eingebaut werden soll (Ich bin auf der Suche nach meiner verlorenen Schwester: 1.Ich treffe jemanden, der sich für meine Schwester ausgibt, 2. Ich treffe jemanden, der meine Schwester da und da gesehen hat, 3. Ich finde meine Schwester in der Gewalt von Sklavenhändlern und wir greifen ihre Raumfestung an). Das ganze Buch ist voller Inspirationen für eine jeweils eigeine Version der Spielwelt: interessant beschriebene Alienrassen, politische und religiöse Strömungen, kuriose Lebensweisen auf fremden Planeten und unerklärliche, galaktische Phänomene. Außerdem Seitenweise gute Abenteuervorschläge. Einfache Nebensätze haben bei mir Inspirationen für ganze Kampagnen ausgelöst. Robin Laws in Höchstform halt.
Und damit kommen wir zu dem Teil, der wohl für manchen ein Problem darstellen könnte, explizit in diesem Forum: Robin Laws Sicht auf Rollenspiel. Das Spielleiterkapitel (welches seinen Zweck, Anleitung für investigatives, freies Spiel zu geben, exzellent erfüllt) ist voll von Ansichten die fern jeglicher Forge-Gruppenvertrag-seltsame, nicht hilfreiche Railroadingdefiniton-GNS-Überlegungen sind.
Er schreibt Dinge wie:
In the end, it may be more important to appear as if you´re catering to their (the players´) taste than actually doing it
The trick to successfully running investigative scenarios is striking the right balance between the two extremes (railroading klassischer Definition und narrativer Freiheit)
Für ihn besteht Freiheit darin, die Ideen der Spieler in den Plot zu integrieren und ihnen damit die Möglichkeit zu geben, das Geschehen mitzugestalten. Aber Railroading ist demgemäß eine valide Technik und nicht die Wurzel allen Übels.
Davon sollte man sich aber nicht abhalten lassen, sich von den wirklich hervorragenden Abenteueransätzen insprieren zu lassen, die dieses Buch bietet. Es ist wirklich hervorragend und ich kann es jedem, der nicht aus ideologischen Gründen einen Anfall bekommt, wenn man abseits von der Forge diskutiert, nur empfehlen.
Fazit also:
Mir gefällts. Aber wie man weiß: De gustibus non disputandum est.