Leistung – wozu?
Seit einiger Zeit leite ich endlich mal wieder und nach einigen Umstellungen und Anpassungen läuft es auch sehr gut und ich bin happy. Nun ist es so, dass ich mir früher öfters mal Gedanken gemacht habe über Techniken beim Leiten, Beschreiben und so und mich stark hinterfragte. Ich wollte besser werden, mich weiterentwickeln, mehr Leistung erbringen?
Und jetzt heutzutage frage ich mich: Wozu? Wozu soll ich mehr Leistung bringen? Hab ich dann mehr Spaß? Haben die Spieler mehr Spaß, wenn ich an meinen Techniken feile?
Wißt ihr was? Das glaube ich nicht, dass so mehr Spaß aufkommt. Als ich vor vielen Jahren mit 7te See anfing, war ich glücklich und zufrieden. Ich ging unbedarft um und auch wenn es einige Ecken und Kanten gab, lief es super. Ich lernte neue Systeme und neue Spiele kennen, las im Tanelorn einige interessante Sachen zur Theorie und Techniken. Es stellte sich der Wunsch nach mehr Leistung ein, nach Verbesserung in der Kampagnenplanung, beim Erzählstil, schneller, höher, weiter…
Heute bin ich für mich zu folgender Erkenntnis gekommen: Das war alles großer Käse! Denn was hat es mir gebracht? Ich hab es schwerer Spaß am Spiel zu finden als früher, weil die Unbeschwertheit flötenging. Der Leistungsgedanke zeigte sich als absolut unnütz für das Spiel, denn er minderte den Spielspaß und Spaß ist das einzige, weshalb ich das Hobby betreibe.
Rollenspiel ist kein Leistungsspiel. Es ist nicht wie Fußball, bei dem gute Spieler Gagen bekommen, von denen sie mehr als gut leben können. RPG ist unter’m Strich doch bloß eins: Ein Gesellschaftsspiel!
Welcher geistig gesunde Mensch würde eine Art Leistungsgedanken in Spielen wie Mensch ärgere Dich nicht oder Arkham Horror reinbringen? Man spielt diese Spiele ja auch bloß, um Spaß zu haben und man überlegt zwar auch, wie man diese Spiele gewinnen kann. Aber wer geht schon ernsthaft daran und überlegt sich nicht bloß wie man gewinnt, sondern wie man den Spaß durch den Einsatz irgendwelcher Erzähltechniken etc. erhöht?
Das macht man nur beim Rollenspiel.
Ich will hier nicht die Theorie niedermachen. Ich finde die RPG-Theorie wichtig zum Designen von Spielen. Das Beschäftigen und Anwenden macht sicher auch einigen Leuten Spaß, ebenso wie Ideen über Erzähltechniken und Kampagnenleitfäden. Aber ich behaupte auch, dass diese Leute nicht den gleichen Spaß am RPG haben wie zu Beginn. Mir geht es jedenfalls so. Dummerweise musste ich feststellen, dass ich keinen Spaß an dieser Form des Spielens habe und folglich für mich das Erfolgserlebnis (also Freude am Spiel) schwerer zu erreichen ist.
Bleibt noch die Frage, ob meine Spieler mehr Spaß haben, wenn ich den Leistungsgedanken einbringe? Ich denke nicht, denn wenn ich so vorgehe, dann stelle ich höhere Anforderungen an mich als SL und das wiederum heißt, dass ich auch schneller die Lust verliere und wenn der SL die Lust verliert, dann ist die Runde erledigt.
Wozu bringt mich das? Ich bin zu der Ansicht gekommen, dass ich mich nicht mehr mit Techniken im RPG beschäftigen möchte, dass ich das Lesen von Kampagnenleitfäden, SL-Tipps, etc. für blanke und reine Zeitverschwendung halte und sogar für kontraproduktiv. Wenn man ein Problem hat, kann man mit den Spielern reden, sich Feedback einholen oder in einem Forum wie dem Tanelorn nachfragen. Aber ansonsten sollte man sich imho nur mit dem einzig wahren Aspekt des RPGs befassen und das ist das Spielen und damit meine ich nicht „besser Spielen“, sondern einfach bloß „Spielen“. Es gibt für mich kein besser oder schlechter mehr.
Es gibt Spieler, mit denen hat man Spaß und es gibt Spieler, mit denen hat man keinen Spaß. Es gibt Spiele, mit denen hat man Spaß und es gibt Spiele, mit denen hat man keinen Spaß. Das ist imho bei jeglichen Gesellschaftsspielen so, Brettspielen, Blinde Kuh, Topfschlagen,…
Also ist mein persönliches Fazit: Ich will mich nur noch damit beschäftigen, mit wem ich Spaß habe und womit und auch sogar noch über das Wie (ein Abenteuer muss ich mir ja schon noch ausdenken), aber tiefer gehen, werde ich nicht mehr und ganz besonders werde ich jeden Gedanken an „Wie werde ich ein besserer Spieler/Spielleiter“ aus meinen Runden streichen.