Ich persönlich trenne inzwischen... je nach Gruppenkonstellation habe ich unterschiedliche Leistungsniveaus und die versuche ich einfach gezielt anzuspielen (ob jetzt als Spieler oder als SL). Bei Leuten, mit denen ich gut spielen kann und die eine ähnliche Gier nach Dramatik haben wie ich, arbeite ich eben daran, das Leistungsniveau hoch zu halten oder mit meinen Mitspielern an besserer Leistung zu arbeiten... und ziehe meinen Spaß eben genau daraus, dass sich Leute richtig Mühe geben und ich ein Teil dieses Aufwands sein kann (denn selbst wenn RPG mal in Arbeit ausarten sollte: Es gibt Leute, die haben Spaß an ihrer Arbeit
). Andererseits kann ich genauso Spaß haben, wenn ich mit Leuten ein bisschen rumplänkle - es wäre aber eine andere Art von Spaß und letztlich glaube ich, dass ich Rollenspiel lieber mit viel Eigeninitiative und dem Willen, alles zu geben, spielen
will...
Und meine rollenspielerische Vergangenheit: Ja, die Schüler-WoD-Zeit war schon geil... jeden Freitag und Samstag Runde mit festen Leuten. Klasse... aber auch stark abhängig von vielen Zufallsfaktoren. So habe ich lange Zeit Runden gespielt, die mir primär wegen den Charakteren gefallen haben, obwohl ich alles andere doof fand: Die Abenteuer, die Regeln, das ständige Abschweifen, der Leitstil des SLs. Ich habe trotzdem weitergemacht, aus demselben Grund, wie Bad Horse auch: Ich dachte da geht noch was! Und ja, nachdem ich mich mit Rollenspieltheorie, SL-Techniken und Independent Systemen beschäftigt habe, bin ich anspruchsvoller geworden und ging mit mir selbst und mit meinen SLs härter ins Gericht. Andererseits habe ich aber auch Vokabeln dafür, zu beschreiben, was mich beim RPG kickt und was ich als störend empfinde. Ich glaube ich schätze Mitspieler, mit denen es richtig gut läuft, inzwischen sogar noch mehr, als zu der Zeit, wo wir einfach vor uns hingespielt haben. Ich muss mich jetzt nicht mehr auf Zufälle verlassen, sondern kann Idealbedingungen für meine Art zu spielen schaffen. Und das entlastet mich letztlich... denn jetzt weiß ich, dass ich Ansprüche habe und auch Ansprüche haben darf, an meine Mitspieler, meinen SL, mich. Ich lasse mich auf keine faulen Kompromisse mehr ein, sondern nur noch auf reife.
Ich glaube das Problem mit dem vielzitierten Leistungsrollenspiel tritt nur dann auf, wenn Leistungsrollenspieler Entspannungsrollenspielern erklären wollen,
auf welche Weise sie ihre Leistung verbessern sollen. Schon zwei Leistungsrollenspieler können vollkommen unterschiedlicher Meinung sein, was Leistungsrollenspiel ist, und wie es zu betreiben ist.
Und nochwas: Klar denken wir oft, dass früher die Runden irgendwie toller waren... aber ich glaube bei mir liegt es wohl daran, dass es schön war, zu sehen, wie sich Strukturen und Gruppencodes und Insider ethablieren. Und daran, dass ich früher mehr Zeit hatte zu spielen und deshalb auch mehr gespielt habe, nicht unbedingt daran, dass ich früher mehr Zeit mit spielen und weniger mit Vorbereiten verbracht habe (bei mir ist das Gegenteil der Fall). Vielleicht ist man nach 30 Jahren Rollenspiel auch einfach übersättigt, weil die Kreativität und das einfache Sich-Begeistern-Lassen nicht mehr so 100% da sind, wie als man ein Jugendlicher war.