Kannst du das mal näher erklären?
Gerne.
Die Frage ist, ob man die Unterscheidung Unterhaltungsliteratur (U-Literatur) und ernsthafte Literatur (E-Literatur) mitmacht, oder für ein Relikt der klassischen deutschen Kulturphilosophie hält. Ich bin zwar kein Literaturtheoretiker, aber ich bin bereit, diese Unterscheidung in einigen Bereichen zu akzeptieren. Unterhaltungsliteratur ist Literatur, die rein zum Zweck der Unterhaltung (möglichst vieler Personen) geschrieben wird.
Rollenspiel, so wie ich es mir als Spiel vorstelle, bewegt sich in einem Raum zwischen Brettspielen, Theater/Schauspielkunst und Erzählungen (Literatur, Filme etc.). Alle drei Elemente gehören für mich zum Rollenspiel dazu, wird eins vollständig Weggelassen betreibt man etwas anderes als RPG - das auch Spaß machen kann u.ä., aber (nach meiner Meinung!) nicht mehr in das Begriffsfeld Role-Playing-Game fällt.
Im Literaturbereich fand, rollenpielhistorisch beginnend mit D&D gesehen, die erste Berührung mit der Unterhaltungsliteratur statt. Einige Leute rechnen den Herrn der Ringe zwar zur Hoch- und Weltliteratur, aber ich glaube, man kann sich einige sein, dass zumindest die von ihm inspirierte Fantasyliteratur eher zur Unterhaltungsliteratur gehört. Der für die Zurechnung zur Weltliteratur nicht unbedeutende Faktor der Sprachanalyse und Sprachschöpfung in Tolkiens Werk wurde dabei in der rollenspielerischen Adaption kaum beachtet.
Auch die weiteren Entwicklungen des RPG suchten eher die Berührung mit dem Unterhaltungsteil der jeweiligen Genres. Es wurden zwar immer neue Genres erschlossen, aber immer dominierte die Suche nach den abenteuerlichen, actionreichen Varianten dieser Genres. Das leigt unter anderem darin, dass Action sich besser spielereisch umsetzen lässt, aber uch darin, dass Rollenspiel einen gewissen Popkorn-Effekt hat: Leute treffen sich, um miteinander zu spielen, nicht um fundamentale Einsichten in die Welt (oder das Mittelalter
) zu erringen oder Kunst zu schaffen.
Es gibt/gab natürlich Versuche, aus dem Rollenspiel etwas anderes als ein Spiel zu machen, ein Kunstwerk oder eine Erkenntnisfindung - aber dabei wurde dann häufig der SPIEL-Aspekt unterschlagen. Letzten Endes ist und bleibt Rollenspiel aber ein Gesellschaftsspiel, dass sich auf der Erzählungsebene am Besten mit den Teilen eines Literaturgenres verträgt, die sich spielen lassen. Bei der ernsthaften Literatur ist das nur begrenzt der Fall. E-Literatur kann natürlich als Spiel mit den Formen gesehen werden, aber das ist eine andere Art von Spiel.
Cyberpunk sag ich damals als eine Literatur an, die sich auf anspruchsvolle Art mit gesellschaftlichen Zukunftsfragen beschäftigt, diese Fragen versucht, angemessen darzustellen und den Leser zum darüber nachdenken anzuregen. Ziel war (meiner Meinung nach damals) nicht allein, und nicht mal überwiegend, die Unterhaltung des Lesers. Die rollenspielerische Ebene sind dann Shadowrunner, die über Elfen mit dicken Wummen reden.
Weil das spielbar und unterhaltsam ist.