Warum müssen Punkte etwas innerspielweltliches repräsentieren? Wenn man schon eine an sich derart abstruse Abstraktion wie "Abenteuerpunkte" für Lebenserfahrung vornimmt, dann kann man doch auch noch einen Schritt weiter gehen ...
Ich bin schon der Meinung, dass man zwischen einer hilfreichen Abstraktion (also einem notwendigen Übel, um nicht in Buchhalterungetümen unter zu gehen) wie Abenteuerpunkten und einem in sich redundanten (wie gesagt, der Effekt von aufgebohrten Spielwerten unterscheidet sich meines Erachtens nicht wirklich von entsprechenden Notfallpunkten) Halteseilen, die den Buchhaltungsaufwand eher erhöhen als senken (schliesslich wird damit eine weitere Kategorie eingeführt, die man im Auge behalten muß), differenzieren. Und zu Mindest ich sehe da auch eine klare qualitative Abstufung was den Nutzen für das Spiel angeht, da ich davon ausgehe, dass im direkten Vergleich der Weg, der den wenigsten Aufwand für das gewünschte Ergebnis - in diesem Fall die Absicherung der Spielercharaktere - mit sich bringt in aller Regel der bessere ist.
Das ist sozusagen das Grundproblem. Bei reinen Metagaming-Konzepten ohne Gegenwert in der Spielwelt ist, komme ich über den Eindruck eines reinen Kunstprodukts ohne Substanz nicht hinweg. Durch die Verzahnung von Abbildungsform (Spielregeln) und Abgebildetem (=Spielereignisse) wird das ganze Spiel zudem enger verknüpft und konkreter und meines Erachtens intuitiver und somit leichter verständlich während die Regeln selbst mit mehr Substanz unterfüttert und somit "legitimiert" werden, was das ganze zu einer Win-Win Situation aufwertet. Das ist natürlich von persönlichen Präferenzen und Aneignungsmethoden geprägt, weil dieser intuitive Ansatz in aller Regel für mich sehr zugänglich ist und sehr stromlinienförmig anfühlt, während ich reines Regelspiel ohne konkrete Spielwelteinbeziehung als abgehoben und holprig empfinde.
Ich hab beides ausprobiert, und sehe da ein klares Qualitätsgefälle, zu mindest aus meiner persönlichen Warte.
Und das Problem der unterschiedlichen Kompetenzniveaus wird aus meiner Sicht zufriedenstellend geregelt. Balancing gehört ja auf die Metaebene und nicht in die Simulation der Welt. Es ist schlicht unglaubwürdig, dass alle Magier Blind, Lahm, Fett oder größenwahnsinnig sein müssen.
Eben. Es ist unglaubwürdig. Das Balancing-System, wie es bei DSA4 durchpraktiziert wird, funktioniert aber nicht anders und zwingt den SPieler regelrecht dazu, zu minmaxen, um gewisse Standards des Settings wie Akademiekrieger oder Gildenmagier zu spielen. Und daher finde ich diesen Ansatz auch eher hinderlich fürs Spiel. Wenn ich davon ausgehe, dass es sich innerhalb der Spielwelt so verhält, dass eine mehrjährige, intensive Ausbildung mit kompetenten Lehrmeistern und ein reichhaltiger Erfahrungsschatz eben auch in den Kenntnissen und Fähigkeiten des Charakters niederschlägt ( ja ich weiß, eine gewagte These), dann ist es schon etwas an den Haaren herbeigezogen, wenn ich auf der anderen Seite verlange, dass der Bauernjunge, dem all diese Vorteile abgehen, auf einer abstrakten Ebene "genauso gut" sein muss.
Daher kann man entweder das System balancen, oder versuchen, die Spielwelt konsistent wieder zu geben - DSA versucht beides (mit eher mäßigem Erfolg) und verursacht zusätzliche Probleme, da sich diese beiden Ansätze nun mal widersprechen.
Mal ganz davon abgesehen dass es mit den jetzigen festgelegten Regeln nahezu unmöglich ist, archetypische Ikonen des Settings wie Raidri, Tarlisin von Borbra, Nahema oder dergleichen darzustellen und mir diese "Schau mal, was wir hier schönes haben, aber nur kucken, nicht anfassen" der Über-NSCs gehörig auf die pelzigen Eier geht.
Die einzige echte Alternative wäre ein auszuwürfelndes Lifepathsystem, aber das hat ja mit Kaufsystem nur noch wenig zu tun.
Ich bin da hin- und hergerissen, da ich oft erlebt habe, dass ein auszuwürfelndes System oft dazu führt, dass die Spieler de facto ein Stück weit entmündigt werden und der von ihnen zu spielende Charakter eben ein Stück weit ihrer Einflussmöglichkeit entzogen wird. Das halte ich daher nicht für eine ideale Lösung.
Wesentlich besser fände ich es, einfach den Spielern selbst zu überlassen, wie sie ihre (DSA-) Charaktere aufbauen, ohne die sonst üblichen Powergamer-Bremsen des Kiesowschen Erbe (denn auch die absurde Furcht vor bösen Powergamern finde ich... nun ja absurd) und als Spielleiter nur einen groben Rahmen vorzugeben, der sowohl thematisch wie auch spielwerttechnisch grob umschreibt, was ungefähr "angemessen" ist, und die Spieler dann eigentverantwortlich in diesem Rahmen werkeln zu lassen. Bei der AP-Vergabe gehe ich eh schon in diese Richtung und halte sie für die fairest mögliche Lösung, daher wäre es eigentlich konsequent
Für ein zukünftiges DSA-System wäre es daher nett, wenn an die entsprechenden Charakterkomponenten so ließe, wie sie sind bis auf die Kosten. Die kommen weg.
Ich kann - und sollte vermutlich - dies mal ausserhalb des Blubberthreads etwas detailfreudiger schildern.