@Vash:
Darf ich auch?
Und warum keine Richtung? Wie ist die allgemeine Entwicklung von Shadowrun? Wo siehst du Kritikpunkte?
SR drückt sich immer noch vor der Entscheidung, ob man doch noch irgendwie zumindest ein bisschen Retro-Cyberpunk sein will, "nur" zeitgenössische Near-Future-SF oder ob man es sich leisten kann, wie D&D größtenteils selbstreferentiell zu werden.
Solange man das nicht weiß, hakt es immer irgendwo.
Speziell bei der halbwegs aktuellen Near-Future-SF kann man nicht sinnvoll mitziehen, ohne den Markenkern, sprich das gewachsene Setting, bis zur Unkenntlichkeit zu verändern (wobei unterschiedlich alte Säcke diese Linie natürlich schon längst überschritten sehen) und obendrauf Sachen einzubringen, die den eigentlichen Spielkern gar nicht betreffen (sollten).
Klar bot SR schon immer eine Spielwiese für alles Mögliche, was in anderen SF-Medien irgendwie cool war.
Es ist aber ein Unterschied, ob sich das in Fan-Abenteuern ausdrückt, in kleinen offiziellen Ausrutschern wie der Sturmkanone, in explizit als einmalige Vorkommnisse ausgelegten Andeutungen oder ob daraus ganze Erweiterungen und Kampagnen werden, die alle in unterschiedliche Richtungen zerren.
Selbst zu dem Versuch, "all things to all people" zu sein, bekennt man sich nicht. Dann könnte man nämlich zumindest hergehen und diese unterschiedlichen Strömungen einigermaßen sauber trennen, anstatt so halbgare Gedanken wie die Zuteilung verschiedener Spielstile zu den SR-Jahrzehnten vorzunehmen (in der Art: 2045-55 war alles Pink Mohawk, ab 2060 war der Wechsel zu Black Trenchcoat vollzogen usw.- Der Medizinmann wird wissen, wo das steht; mir ist es entfallen). Damit das was wird, müsste man vor Allem mal eine schlüssige Gesamtperspektive auf das Setting haben und die hat bei CGL gefühlt überhaupt keiner. Oder jedenfalls keiner, der irgendwas zu melden hat.
Zum Vergleich: Diesen absoluten Luxus hat Warhammer 4 jetzt, weil die Alte Welt ja offfiziell beendet ist - es gibt also einen klar abgegrenzten Zeitstrahl, auf dem man sich je nach Spielzweck und -inhalt frei verorten kann. Das wäre mMn in ähnlicher Form für SR die einzige Variante, wie man sich mittel- und langfristig sauber aufstellen könnte.
Spielmechanisch ist es ähnlich verzettelt. Aus dem großen Cut zur 4. Edition hat man letztlich nichts gemacht. Hier mal einen Schritt vor, da einen Schritt zurück und unterm Strich schleppt man altbekannte Probleme immer noch mit sich herum und bastelt sich obendrauf noch neue.
Auch da habe ich nicht nur das Gefühl, dass niemand bei CGL eine Vorstellung davon hat, wie eine fertige 5. Edition am Ende regeltechnisch aussehen soll, ich bin obendrauf der Ansicht, dass CGL als Kollektiv nicht mal im Kleinen in der Lage ist, zielführend Spielmechanik zu entwickeln.
Die 6. Edition müsste in andere Hände gegeben werden und von Grund auf als klassisches rules-medium-System neu aufgezogen werden.
Das (alte/frühere) Setting zieht immer noch Leute (wie hieß es im Eskapodcast jüngst so schön: "
Jeder hat einmal im Jahr Bock auf Shadowrun!") und an
a) der unüberschaubaren Zahl an Konversionen auch und gerade auf konventionelle/klassische Systeme und
b) dem relativ großen Erfolg von SR Anarchy
sieht man meiner Wahrnehmung nach ganz gut, dass SR eher trotz als wegen seines Systems gespielt wird.
Aus heutiger Perspektive ist es für mich erstaunlich, in wie viele Richtungen seit der 1. Edition verschlimmbessert und rumgeeiert wird, anstatt einfach mal stumpf die Baustellen sauber abzuarbeiten.