Warum?
Weil es ab einer gewissen Sicherungsstufe einfach nicht mehr geht.
Dann geht es "nur" noch darum, Reaktionszeiten zu unterlaufen und mit der Nummer überhaupt irgendwie durchzukommen.
Diverse Heist-Filme wie Ocean´s Eleven und ihre Auswirkungen auf die SR-Regelwerke haben maßgeblichen Anteil daran, dass sich bei vielen Spielern so eine diffuse Anspruchshaltung entwickelt hat, dass das irgendwie genau so cool ablaufen soll.
Nur wird übersehen, dass man dafür genau das falsche Regelwerk vor sich liegen hat, weil einem das dabei grad mal überhaupt nicht hilft und im Gegenteil Sachen behandelt und/oder vorschlägt, die so gar nicht dazu passen wollen.
Das ist der Widerspruch, den du festgestellt hast: Wozu so viele Knarren, die man dann doch gar nicht brauchen/benutzen will (oder soll)?
Da wissen wohl auch die Autoren als recht inhomogene Gruppe, am Allermeisten aber die Spieler nicht, wo sie genau hin wollen.
Wenn man so was spielen will, nimmt man doch auch ein Regelwerk, das einen dabei unterstützt.
Dazu muss man aber erst mal wissen, wie rum man die Frage stellen will:
"Wie kriege ich SR dazu, mir coole Heist-Geschichten zu liefern?" oder "Was mache ich mit SR überhaupt?"
In diesem Punkt hat Pyromancer Recht: Corporation ist insofern das "bessere SR", als es einem klipp und klar sagt, was Phase ist und was die SCs in diesem Spiel wie machen.
Der "Nebenverdienst" dieser klareren Linie von Corporation für mich war es, dass ich SR davon etwas differenzieren wollte/musste und sich der Fokus damit weiter weg von diesen klassischen Anlagencrawls verlegt hat.
Wie du schon sagst, hat bei SR kaum jemand Geld und aus diesem Grund fand ich im Regelwerk den Satz auch sehr einleuchtend, dass Eindringlinge bestenfalls aufgehalten werden, bis die Verstärkung, also das vertraglich geregelte private Sicherheitskommando anrückt. Das Wachpersonal vor Ort sieht dann einfach zu, dass es den Kopf unten hält.
Das ist für schlecht gesicherte Anlagen ganz ok, aber sobald man tatsächlich jemand aufhalten will/muss, kommt man um unmittelbar verfügbare Interventionskräfte nicht mehr herum.
Die Sicherungsstufe hinkt dem gesicherten Wert meistens etwas hinterher, aber so ungefähr zueinander passt es dann doch.
So wie sich die Diskussion bis hierher liest, gehe ich mal davon aus, dass es nicht hilft, wenn ich weiter aushole und eine Betrachtung vornehme, wie sich das Thema Gebäude- und Anlagensicherheit in SR für mich darstellt.
So weit sind wir nämlich eigentlich noch gar nicht: erst wenn man einmal eine grundsätzliche Entscheidung zwischen - wie Slayn es nannte - Realismus-Schiene und Profi-Schiene getroffen hat, braucht man sich darüber unterhalten.
Solange man das so diffus nebeneinander herlaufen lässt, wie es in SR der Standard ist, kommt man auf keinen grünen Zweig.
Sieht man schon an folgender Aussage zur "Realismus-Schiene":
Ja natürlich so, wie denn sonst? Ich dachte genau dafür spielt man Shadowrun?
Und im selben Atemzug schwingen Gedanken aus dem Heist Movie-Genre mit rein - eben z.B. diese absolute Ablehnung von Gewalt bzw. die Haltung, dass mit jeder Gewaltanwendung der Run automatisch gescheitert ist.
Das passt ja ganz schön zum Vasen- und Diamantenklau, aber wenn es mal an (unfreiwillig) extrahiertes Personal, Sabotage, Wetwork etc. pp. geht, wird das doch komplett absurd.
Und so drehe ich mich wieder im Kreis, weil ich einfach kein rechtes Maß finde: Wenn die Wachleute vor Ort schon Lutscher sind, dann sollten die sich sehr effizient und leise ausschalten lassen. Dann brauchst du auch niemanden mit einer großen Wumme.
Große Wumme im Sinne von Troll mit Panther-Sturmkanone tatsächlich nicht.
Aber sobald das Sicherheitskonzept aus mehr besteht als ein paar nicht überwachten Magschlössern und Opa Krause, der seine Rente damit aufbessert, nachts um die Lagerhalle zu humpeln, muss man schon schwer auf Zack sein, um da nicht frühzeitig bemerkt zu werden. Und frühzeitig heißt hier so viel wie: An einem Punkt in der ganzen Aktion, wo es einem dann nicht mehr möglich ist, das durchzuziehen, wofür man angerückt ist.
Wenn das Personal vor Ort schon tough drauf ist, willst du dann den Hammer kreisen lassen? Weil dann wird auch das Gebäudes von der zugehörigen Sicherheitsfirma entsprechend taktisch versehen sein (z.B. gut zu verteidigende Rückzugspunkte o.ä.) und mit der Verstärkung willst du dich dann gar nicht erst anlegen?
Es geht nicht ums Wollen, es geht ums Müssen, weil es eben keine andere halbwegs plausible Variante gibt, wenn man keine Heist Movie-Schemata haben will.
Dieses ganze Konglomerat aus schonend betäubten Wachen, Flic Flacs durch Laserschranken im künstlichen Nebel und dem grundsätzlichen Gedanken, dass jede Sicherheitsmaßnahme ein in sich geschlossenes Hindernis ist, dass man einmal "bearbeiten" muss und ab diesem Zeitpunkt mental hinten runter fallen lassen kann - das beißt sich fundamental mit allem, was nicht 100% zu diesem Genre gehört.
Ich kann dazu nur sagen, dass ich diese ganzen Sachen so weit wie möglich aus "meinem" SR fernhalten will. Das ist mein Ansatz, die Genre-Pampe, die SR da angerührt hat, irgendwie wieder genießbar zu kriegen.
Allerdings verstehe ich nicht, warum die Überlegung, ob die Charakter das schaffen könnten, keine Rolle mehr spielen sollen? Natürlich müssen sie das? Ich kann mir als SL natürlich überlegen, dass ich das mit einem super high tech labor absolut knorke finde, alle Wachmänner sind Cyberzombies und den Astralraum bewacht ein Drache.
Genau das meinte ich mit der Rüstungsspirale in der Anlagensicherung, die SR mit seiner diffusen Haltung in Gang gesetzt hat.
Es gibt da mMn durchaus eine recht klar erkennbare Obergrenze, wie diverse Sachen abgesichert sind (Hinweis: Automatische Geschütztürme in einem Burgerladen gehören nicht dazu...
).
Wenn man dahingehend einfach auf dem Boden bleibt, kommt ein eingespieltes Runnerteam in viele Anlagen rein und vielleicht sogar wieder raus.
Aber an einem gewissen Punkt müssen sie eben sagen: Sorry Mr. J., mit diesem Personalansatz und diesen Mitteln nicht machbar.
Natürlich muss ich mich an dem orientieren, was die Charaktere so können und innerhalb dieser Parameter muss der Run aufbereitet werden.
Hier überschneiden sich SL- und Ingame-Ebene deutlich:
Der
Johnson muss sich an dem orientieren, was die Runner können bzw. muss umgekehrt wissen, was für Leute er braucht (ist ja im Endeffekt das selbe).
Für die Sachen, die die SCs nicht schaffen, holt er sich andere - oder hätte sie sich zumindest holen müssen; ein bisschen Spielraum ist da ja auch.
Das ist doch eines der Dauerthemen bei jeder Diskussion über gewisse Plausibilitätsfragen von SR:
Da kommt einer, gibt den Runnern einen Appel und ein Ei und dafür dürfen sie absurde Mengen an Hardware und Fachwissen in Bewegung setzen - am Besten unter Zeitdruck und mit lächerlich mangelhaften Informationen.
Natürlich beißt sich das irgendwo, und hier muss man sich eben wieder überlegen:
Will man einen Heist-Movie, wo sich das Ganze sowieso irgendwie wieder einrenkt, oder geht man eher in Richtung Heat/Ronin, wo solche Sachen längerfristig laufen, der Johnson deutlich mehr involviert ist usw..
Und um es nochmal zu wiederholen, bevor dieser Thread ausartet: Es muss doch Richtlinien (Erfahrungswerte?) geben, um die Gegner (sei es in Form deren Attribute, Fertigkeiten oder die Stufe von Hosts, Kraftstufe von Geistern, welche Art von Sicherheit ist überwindbar) auf das Niveau der Charaktere anzupassen.
Anpassungsrichtlinien gibt es keine.
Es gibt mit den Professionalitätsstufen eine grobe Einteilung, wie gefährlich diverse Parteien für eine normale (lies: frisch erstellte) Runnergruppe sind.
Dementsprechend bewegen sich erfahrene Runner etwas höher in dieser Nahrungskette.
Im Prinzip bleibt dir bei vielen Sachen nur der Vergleich zwischen systembedingt maximaler Poolgröße/Limit usw. und dem, was Anfangsrunner so erreichen können.
Ach, ok, das erklärt so einiges. Genau deswegen bin ich ja auf dem Punkt so rumgeritten.
Also in dem Fall: Nein, die SR5 Regeln unterstützen genau diese Art zu spielen nicht. Sie sind dazu gedacht einer "Mission"-Struktur zufolgen und diese auch als solche zu unterstützen. Sprich: Einen Plot, aufgeteilt auf x Runs, dazu y Runs so dazwischen, wobei keine der einzelnen X oder Y Runs mehr als 4 Stunden benötigt (6 zu 4 Verhältnis).
Demzufolge ist der Run nicht das Knacken eines Site-based Puzzles sondern folgt einem komplett anderen Story-Aufbau, der in den regeln vorgegeben wird.
Wenn du willst kann ich dir gerne ein Beispiel dafür liefern.
Da hätte ich auch gern eines.
Die
SR Missions-Struktur bekommt man im GRW der fünften Edition ja nun wirklich nicht an jeder Ecke um die Ohren gehauen.
Das ist eine Parallelveranstaltung/alternative Spielweise, die zumindest meiner Lesart nach nicht unbedingt den allgemeinen Standard darstellen soll.