Dann mal zur aufgekommenen
"Charakterfrage", also Abgrenzung von
Sim[Character(+X)] von einer
narrativen Agenda bei gleichem thematischen Inhalt. Einen kurzen Grundlagen Abschnitt muss ich aber vorschieben
.
Ist etwas ausführlicher geworden, aber ich hoffe diese Ausführlichkeit dient dem Verständnis^^.
Wenn es jemand verständlich in Kürzer ausführen kann, bin ich dafür sehr zu haben
.
Sim ist nicht gleich Sim usw.Sim ist nicht gleich Sim, Nar nicht gleich Nar und Gam nicht gleich Gam und nicht jeder der eine Ausformung von einer Agenda mag, mag auch automatisch alle anderen.
Beispiel: Ich krieg die Krise wenn du mich in einem Sim-Spiel mit Clolour zuschüttest und erwartest, dass ich länger als eine 15 Minuten jetzt im leeren Raum meinen Chara auspiele während ich auch Leute kenne die ernsthaft meinen, Plot beeinträchtigt das Charakterspiel und an dieser Art von Charakterspiel unglaublich viel Spaß haben. Dafür habe ich in einem Pulp- oder Superheldensetting gar kein Problem ein geradliniges schnelles Abenteuer zu spielen, dass nur vom Genre und den einzelnen Situationen lebt.
Siehe hierzu auch meinen
früheren Beitrag zum Thema wie sich Sim auf der Sim Ebene in die Quere kommen kann.
Dann noch ein paar einfaches Gam Beispiele: Eine Gruppe die gemeinsam ihre Feinde möglichst effizient bekämpft oder eine Gruppe in der es darum geht als Einzelner möglichst viele Feinde zu legen und möglichst coole Aktionen zu machen. Misch das und du hast über kurz oder lang Beef obwohl doch alle einer Gam-Agenda folgen (nur eben nicht derselben).
Was ist denn jetzt mit Character..Genau die Frage stelle ich mir immer wieder, wenn ich mich dazu durchringen kann, die Erklärungstexte aus der Forge zu lesen. Da SIM noch in verschiedene Unter-SIMs aufgedröselt wird und es Charakter-SIM als eigenständige SIM-Form gibt/geben soll, habe ich da meine Probleme.
Gut erstmal was ich schon in dem oben verlinkten Post angesprochen habe: Exploration ist nicht gleich Sim. Jedes Rollenspiel hat und braucht Exploration, es ist sogar das Unterscheidungsmerkmal bspw. zum Brettspiel. Das heißt jede Art von kreativer Agenda hat automatisch Character / Setting / Situation / System / Colour. Eine Sim Agenda erklärt nun einen oder mehrere dieser Bestandteile zum „Selbstzweck“ und ordnet die anderen Bereiche unter oder vernachlässigt sie zumindest zu deren Gunsten.
Die Gam und Nar Agenden haben alle diese Bestandteile der Exploration natürlich auch, aber hier werde sie genutzt, die Agenda zu stützen. Nehmen wir an wir haben eine Nar Agenda. Der Charakter wird damit zu einem Mittel diese Agenda zu verfolgen (genauso wie die anderen Elemente auch: das System bspw. sollte entsprechendes Verhalten belohnen und das Setting sollte passendes Konfliktpotential mit sich bringen [man schaue sich nur Dogs in the Vineyard an]).
Stellen wir mal eine Sim[Character+X] einer narrativen Agenda entgegen (und schauen wie sie das Charakter Element nutzt):
Wir haben den noblen Krieger mit seinem Ehrenkodex als ein wichtiges Thema: Schütze die Schwachen / Kämpfe stets ehrenhaft, etc.
EDIT: Ein ähnliches Beispiel (GURPS und Sorcerer) bringt Edwards selbst in einem seiner großen Aufsätze.
In einem Sim-Spiel mit Focus auf Character:Die Integrität des Charakters muss gewahrt werden und optimalerweise hat er die Möglichkeit seinen Charakter in seiner Größe zu zeigen oder in seiner Unfähigkeit dem Codex nachzukommen und dem dadurch ausgelößten „bedauern“ über diese Unfähigkeit.
Ein Dilemma, das kein klares Verhalten vorschreibt ist ein Dealbreaker. Ein Beispiel meiner Jugend (it were the dark nienties) war der Spieler eines Rondrageweihten, der den SL pissig ansah und meinte „Was soll dass, du weißt ganz genau, dass mein Charakter hier jetzt in den Tod gehen muss!“ Ein weiteres Beispiel wäre mein alter DSA SL, der auf gar keinen Fall Praiosgeweihte zulassen kann, weil man die ja nicht richtig spielen kann ohne dass die Gruppe oder das Abenteuer drunter leidet.
In einer narrativ ausgerichteten Runde:Hier ist der Kodex gerade sein Angriffspunkt, sein Konfliktpotential und eine Basis auf der jede Menge „Prämissen“ aufbauen. Hier gibt der Codex nicht vor wie er sich Verhalten soll, ganz im Gegenteil! Hier ist er mehr eine „Fragestellung“.
Was ist der Charakter bereit für ihn zu opfern? Was wenn sich zwei Bereiche des Codex in Konkurrenz treten? Ist er bereit dafür zu sterben oder beugt er sich der Situation? Was passiert wenn sein Codex und Idealismus an der harten Realität scheitert? Kann er sich das eingestehen? Was wenn sein Codex grausames von ihm fordert?
Zum Beispiel die Spieler kommen in ein Dorf das von einem Herrscher unterdrückt werden. Was jetzt, wenn die Dorfbewohner jetzt irgendwo selbst verschuldet in dieser Situation stecken und der Herrscher zumindest nachvollziehbar handelt? Was wenn die Dorfbewohner dazu alle noch Pissnelken sind die den SC auch noch ganz stark in die Richtung treiben wollen, dass er ihnen gefälligst helfe? Und wenn er sich mit dem Tyrannen stellt müsste er dazu noch entweder auf unlautere Methoden zurückgreifen oder das Risiko eingehen dabei draufzugehen. Wie geht er damit um?
Was also wenn die ganze Situation nicht so einfach ist?
Das ist genau das was der Nar-Spieler haben will: Welche Elemente seines Codex sind dem Chara wichtiger? Ist den Schwachen zu helfen wirklich immer das richtige? Rechtfertigt der Zweck vielleicht doch die Mittel? Was ist er bereit für seinen Codex zu opfern und für was ist er bereit seinen Codex zu opfern? Das alles finden wir jetzt im Spiel raus.
Für eine Sim[Chara]-Gruppe wäre dies ein Dealbreaker. Der Spieler kann seinen heldenhaften Charakter nicht auspielen, sein Charakter wird in Frage gestellt. Die einzige Alternative stellt ein Risiko dar, dass den Charakter höchstwahrscheinlich umbringt. Der Charakter kann also nicht nicht heldenhaft handeln bzw. das was seinem Codex entspräche würde das Spiel höchstwahrscheinlich durch den Charaktertot beenden.
Jetzt kommen wir aber an den Punkt wo ich nochmal betonte: kreative Agenden sind keine thematischen Elemente! Thematisch kann so etwas ohne Probleme Teil einer Sim-Agenda sein; sehen wir uns das mal an:
Wenn die Gruppe so oder so einen Focus hat der gar nicht auf Character liegt, wird von dem Spieler erwartet, dass er sich unterordnet, also die „Agenda des Charakters“ in den Hintergrund drängt, mitzieht und am Ende vielleicht noch mal zur nachträglichen Rechtfertigung das betont was im Bereich seines Codex liegt; er ordnet das Character-Element also bspw. dem Setting (oder der Situation, je nachdem) unter.
Hat die Gruppe jedoch einen Fokus auf Character, so wird es auf ein klassisches „Pseudo-Dilemma“ heraus laufen: Erstmal scheint das ganze unlösbar, aber nach und nach finden die Spieler raus, was das moralisch Richtige ist (die Entscheidung wird also quasi vom SL vorgegeben) und es gibt klare Hinweise wie sich der Charakter sich zu verhalten hat damit sein Codex gewahrt wird; Alternativ kann es auch sein, dass der SC den Herrscher eben doch konfrontiert; er also gerade die Opferbereitschaft für seinen Glauben demonstriert, aber es so gebogen wird, dass er natürlich überlebt (indem sich die Gefahr als doch nicht so groß herausstellt, oder der Herrscher vielleicht sein Recht auf einen fairen Kampf im letzten Moment „verwirkt“ oder einfach das Glück / Schicksal auf Seite des Helden ist oder auch durch einen Deus Ex Machina). Auf jeden Fall wird der Spieler am Ende sagen können „Mein SC konnte nur so handeln“ und die Charakterintegrität gilt als gewahrt.
Der Nar Spieler wäre natürlich verärgert, wenn der SL ihm die Lösung des „Dilemmas“ gerade vorzeigt und von ihm erwartet auf eine bestimmte Art zu handeln. Bei einem echten Dilemma wäre natürlich der Sim[Chara] Spieler verärgert, weil er keinen Handlungspielraum hat, der seinen Charakter kompromittiert.
Kleiner Exkurs: Wie hält das denn DSA?Wer einen Blick auf die das Regeln wirft, dürfte unschwer erkennen dass hier in DSA "mechanisch" eine Sim-Agenda vorgesehen ist: Ein Ehrenkodex oder auch Vorurteile sind harte Nachteile von denen auch erwartet wird, dass sie ausgespielt werden und sich der Charakter entsprechend verhält. Los wird man sie nur indem man dafür Punkte ausgibt und das ist extrem teuer. Es soll eine Einschränkung sein und man soll den Spieler darauf festnageln können. Man kann solche Nachteile zwar wegkaufen, aber durch die verbundenen Kosten wird einem das sehr madig gemacht. Dafür bekommt er bei der Charaktererschaffung Punkte für andere Bereiche als Belohnung. Wer hier Nar Spielen will, muss gegen die RAW (rules as written) gehen und zwar sehr stark. Vorurteile sind in diesem Zusammenhang auch sehr schön, da sie dem Spieler auch noch harte Mali auf die Proben geben; er wird als mechanisch auf diese Form der Charakterdarstellung festgenagelt; er kann sich RAW gar nicht dagegen entscheiden.
Nehmen wir dagegen ein System das eine Nar-Agenda unterstützen will: Solar System. Hier würde ein Charakter mit einem solchen Codex für das „thematisieren“ Erfahrungspunkte einstreichen (nicht durch das Befolgen, sondern auch durch das in Frage stellen und das Abkehren!) und vielleicht nach so einem fulminanten Dilemma seinen Codex, dargestellt über einen Pfad, aufgeben und nochmal dafür dicke XP einstreichen. Davon kauft er dann gleich einen neuen der die Erkenntnisse des Charas und seine neuen Ziele wiederspiegelt. Hier wird eine Nar-Herangehensweise aktiv unterstützt und ein Charakter der seine Pfade nicht „abarbeitet“ sondern nur „auslebt“ wird von den XP immer hinter dem Rest zurückbleiben (während was passiert in das mit dem, der in DSA seine Vorurteile und seinen Verhaltenscodex „abarbeitet“? Genau, er zahlt dafür Erfahrungspunkte und das wählen von neuen „Nachteilen“ ist glaube ich im System nicht mal vorgesehen geschweige denn, dass es belohnt wird).
Keine Wertung, nur eine Gegenüberstellung. Hoffe die Sachlage ist jetzt klarer, wenn nicht nachfragen^^.