Ha, ich habe gerade in einem ganz anderen Zusammenhang etwas gepostet, das mir auch zu diesem Thema zu passen scheint, nämlich hier:
http://www.indie-rpgs.com/forge/index.php?topic=32392.msg289303#msg289303Kurz gesagt geht es um die Frage, ob der SL für das "Pacing" verantwortlich sei, also das Überblenden zu Szenen und Spielinhalten, die das meiste Spannungspotential haben. Der Threadersteller im oben verlinkten Beitrag empfindet es als Entlastung, dies nicht mehr tun zu müssen, ich halte verwundert dagegen, dass es doch gerade für mich als SL langweilig sei, wenn die Spieler zwar ihrem freien Willen folgen, aber nur total öde Sachen machen. Als Beispiel nenne ich Einkaufen oder nicht-handlungstragende Reisen.
Obwohl es keine großartige Erkenntnis ist, habe ich beim Schreiben dieses Beitrags zum ersten Mal gemerkt, dass dieses Merkmal meiner Spielleitung ganz direkt mit der Zuschauerrolle zu tun hat. Ich möchte am liebsten was zum Spiel beitragen, Inhalte einbringen, die von anderen aufgenommen und weiterverarbeitet werden. Am zweitliebsten möchte ich aber als SL den Spielern wenigstens bei interessanten Sachen zugucken und nicht bei total ödem Kram. Ich habe mir da immer ein bisschen selbst in die Tasche gelogen und behauptet, dass ich das nur für die Spieler tue, damit die auch mal was Interessantes machen, die Armen. Ehrlicherweise hat das aber mehr mit mir zu tun: Ich will an Stellen, wo die Spieler mich gut unterhalten können. Nun gibt es aber eine ganze Reihe Sachen, die für Spieler durchaus unterhaltsam sein können, mich als SL aber super langweilen.
Beispiel Planung: Spieler können endlos und anscheinend auch ganz angeregt darüber debattieren, welche Strategie sie beim Einbruch, bei der Verhandlung, bei einem Kampf vielleicht möglicherweise verfolgen könnten. Und ich sitze dann immer da und denke: Boooring. Am liebsten möchte ich dann sagen: Macht doch einfach mal. Auch wenn es total schief geht, es ist immer noch spannender, als hier rumzusitzen.
Möglicherweise ist es aber nur für mich spannender. Denn wenn die Spieler nicht bereden, was sie eventuell machen könnten, fallen sie wieder in die Charakterrollle und performen ordentlich für mich. Außerdem ist es ungeplanter, ich bin als SL beim Zuschauen aufmerksamer, beteiligter, weil ich weiß, dass ich gleich reagieren muss. Wenn die Spieler hingegen schon im Vorhinein alles durchplanen, weiß ich als SL ja schon, was ungefähr läuft, bevor wir die Szene angefangen haben.
Dieser Wunsch, als SL gut unterhalten zu werden und als Zuschauer gepackt zu werden, weil ich weiß, dass ich auf das Dargebotene spontan reagieren muss, beeinflusst mein Rollenspiel viel, viel stärker, als ich bisher gedacht hätte:
Ich wähle keine Settings, die viel Planung provozieren (Shadowrun! D&D mit der TPK-Option!)
Ich vermeide Regeln, die aufwendige Charaktererschaffung betreiben (denn dann werden die Spieler die mühsam gebauten Tschars nicht in Gefahr bringen wollen und wieder viel planen) und/oder jede (Kampf-)handlung mit aufwendiger Ressourcenabwägung über viele miteinander gekoppelte Skills verbinden (Planung, Planung, Planung).
Ich setzte SL-Techniken ein, die direktes, spontanes Handeln der Spieler in der Charakterrolle ermutigen. Dazu zählt die Vermeidung von Railroading auf der eine Seite, auf der anderen Seite aber auch die Gewalt über das Scene Framing und das Pacing für mich zu beanspruchen.
Die für mich interessante Beobachtung ist a) dass die Zuschauerrolle für mich nur dann spannend ist, wenn sie die aktive Rolle antizipiert (es ist interessant, was die Anderen machen, weil ich gleich darauf reagieren muss) b) dass die Lust an gut anzuschauenden Inhalten mein Rollenspiel bis hin zur Spielwahl bestimmt (bloß nicht Shadowrun, da sitze ich als SL ja die ganze Zeit nur rum und hab nix zu gucken) vor allem aber c) dass ich das Spiel so zurechtbiege, dass möglichst viel für mich Interessantes dabei ist. Und dabei dachte ich immer, ich bin ein so selbstloser SL, dem es nur um die Spannung für die armen Spieler geht! Ts!
In einer größeren Perspektive scheint mir, dass im traditionellen Rollenspiel mit SL und Spielern Pacing und Scene Framing wahrscheinlich sehr oft Instrumente sind, um in der SL-Rolle als Mitspieler auf seine Kosten zu kommen. Und dass umgekehrt Dinge wie Ressourcenaufteilung und die damit verbundene Planung eine Art Pacing/Scence-Framing-Tool für die Spieler sind, denn der SL hat ja keine Charakterressourcen, und ist also bei diesen Spielanteilen an den Rand gedrängt.
Vielleicht ist das auch ein Grund für dysfunktionales oder wenig befriedigendes Spiel: Die Macht darüber, was man als Zuschauer erleben möchte, ist SL und Spielern in traditionellen Rollenspielen auf unterschiedlichen (und zwar auch nicht-gleichwertigen) Ebenen gegeben, der Macht, Handlungsrahmen zu geben, also die Interaktion der Spieler über die Charaktere mit der Spielwelt zu determinieren auf Seiten des SL, und der Macht, als Spieler mit den Ressourcen des eigenen Charakters und als Gruppe mit den geteilten Ressourcen umzugehen auf Seiten der Spieler. Vielleicht ist manches, was da nicht funktioniert, im Grunde ein unausgesprochenes Gerangel darum, wer wie und in welcher Rolle gesehen werden will/darf.
Keine ganz neue Erkenntnis, aber für mich interessant, das noch mal aus dem gedanklichen Ansatz der Zuschauerrolle aufzuziehen.
Und ihr musstet jetzt nur mitlesen, während ich mich produziert habe, ha
!