Autor Thema: Das goldene Zeitalter des Rollenspiel-Designs  (Gelesen 7961 mal)

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Offline Der Nârr

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Re: Das goldene Zeitalter des Rollenspiel-Designs
« Antwort #50 am: 16.11.2011 | 07:14 »
Selbst Feng Shui ist schon von 1996. Der Mechanismus ist ja ähnlich wie FATE mit 2d6 zu spielen (d6-d6), das durchschnittliche Ergebnis entspricht dem Wert und mir ist zumindest früher auch immer erzählt worden, das sei voll toll cinematisch. Heute redet da niemand mehr von, insofern denke ich, dass es eher eine Modeeerscheinung der 90er war.

Die Dragonlance: 5th Age SAGA Edition ist auch schon von vor 2000 (Fokus auf die Erzählung statt auf das Bewältigen von Herausforderungen, gespielt wird mit speziellen Spielkarten statt Würfeln). Vielleicht nichts besonderes für ein Spiel Ende der 90er, aber anders als WoD m.E. eben wirklich ein regelleichtes System und kein "wir wollen Story, geben dazu aber die volle Dröhnung Regeln".

Ich muss sagen, dass ich die eigentlichen Spiele der 90er gar nicht so mag. WoD, Feng Shui, ich konnte damit wenig anfangen. Gespielt habe ich in 90ern quasi nur DSA und Shadowrun, gegen Ende auch ein bisschen Earthdawn. Denen fehlt ja eigentlich dieser Fokus auf die Story. (Die Werbeflyer für Earthdawn haben zwar etwas anderes behauptet, aber das Regelwerk sprach Bände.) Auch jetzt spiele ich lieber D&D3.5 als 4e, ich spiele gerne Gurps und Arcane Codex finde ich sowieso klasse. Der ganze neumodische Kram erwies sich für mich tendentiell eher als enttäuschend, auch, weil es sich im tatsächlichen Spiel zumindest in meinen Runden einfach nicht bewährte. Aber so ist das eben in der Postmoderne. Man muss nicht jedem Trend hinterhereilen und es sollte genug für alle da sein. Wenn wir also ein goldenes Zeitalter erleben, dann eigentlich wirklich nur das der Vielfalt - es wird ja jetzt wirklich an ganz verschiedenen Fronten entwickelt. Ich meine, einerseits erscheinen hier nun Spiele wie Western City oder Doomstone, die sich um Konventionen nicht kümmern, andererseits werden dann Traveller und Rolemaster neu aufgelegt. (Ich will eine RIFTS-Übersetzung, verdammt noch mal!) Ich meine, immer nur Forge, Forge, Forge. Die Old-school-Welle ist ja auch nur EINES der Alternativangebote zur Forge-Welle.

Außerdem erleben wir in diesem goldenen Zeitalter, dass die früheren Fan- und semiprofessionellen Publikationen nicht mehr einfach kopiert daher kommen, sondern ganz schnell als Hochglanzprodukte von Verlagen publiziert werden können. Die Ansprüche sind gestiegen und offenbar auch die Möglichkeiten. Also auch wenn wir doch wieder nur das gleiche in den Büchern finden, wie vor 20 Jahren, ist es jetzt wenigstens gut aufgemacht.
« Letzte Änderung: 16.11.2011 | 07:17 von Der Narr »
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Offline Benjamin

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Re: Das goldene Zeitalter des Rollenspiel-Designs
« Antwort #51 am: 16.11.2011 | 07:56 »
Ja, und dadurch absolut am (Nischen-) Markt vorbei.

Und weil ich heute rabaukenmäßig unterwegs bin:

Ich erlebe derzeit eine Ära finsterster Düsternis, in der ich verzweifelt versuche, noch all die Dinge aus der Guten Zeit zu ergattern.

Kann mir eines der gelobten Spiele die ausgefeilten sozialen wie politischen Grundlagen eines Traveller-Universums bieten, oder die skalierbaren Konflikte aus Battletech? Regeln für Verwaltung von Königreichen, große Schlachten, Scharmützel UND Duelle?

Alles was ich sehe sind Systeme, die genau ein Genre bedienen und damit letztendlich einen verkümmerten Bastard der alten glorreichen regelschlanken (!) Vorväter darstellen.

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Offline Beral

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Re: Das goldene Zeitalter des Rollenspiel-Designs
« Antwort #52 am: 16.11.2011 | 08:24 »
Regeln für Verwaltung von Königreichen, große Schlachten, Scharmützel UND Duelle?
Macht Battletech das?
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Offline Vargy72

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Re: Das goldene Zeitalter des Rollenspiel-Designs
« Antwort #53 am: 16.11.2011 | 08:41 »
Hallo,

ja Battletech macht das, es gab in Mechkrieger ein Verwaltungssystem für Lehen, es gibt ein Regelwerk um Schlachten auf Battailionsgröße (106+ Fahrzeuge) oder größer zu spielen, Scharmützel ist im grunde das eigentliche Spiel, Duelle können mit Solaris IV-Regeln ausfeführt werden.

Offline Beral

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Re: Das goldene Zeitalter des Rollenspiel-Designs
« Antwort #54 am: 16.11.2011 | 09:09 »
Würde ich mir gerne anschauen. Aber gottverdammt, alles muss natürlich so teuer sein... Naja, demnächst beim Rollenspielstammtisch anfragen, ob es jemand hat.

Golden finde ich, dass viele verlagsproduzierte Rollenspiele als PDF online verfügbar sind, damit man bei Interesse reinschauen kann! Hoffentlich greift dieser Trend weiter um sich.
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Achamanian

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Re: Das goldene Zeitalter des Rollenspiel-Designs
« Antwort #55 am: 16.11.2011 | 10:30 »

Alles was ich sehe sind Systeme, die genau ein Genre bedienen und damit letztendlich einen verkümmerten Bastard der alten glorreichen regelschlanken (!) Vorväter darstellen.

An der Frage der Genrevielfalt kann es aber nicht liegen, da hatte doch auch jedes Jahrzehnt seine spezialiserten und seine Universal-Systeme. Früher gab's halt GURPS oder Rolemaster, heute FATE oder ORE.

Offline OldSam

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Re: Das goldene Zeitalter des Rollenspiel-Designs
« Antwort #56 am: 16.11.2011 | 11:55 »
Alles was ich sehe sind Systeme, die genau ein Genre bedienen und damit letztendlich einen verkümmerten Bastard der alten glorreichen regelschlanken (!) Vorväter darstellen.

Solche kleinen Systeme gibt es doch nach wie vor, v.a. im Independent-Bereich... Im professionellen Verlagssektor stimme ich Dir aber zu, da ist das nicht (mehr) viel vertreten, aber vorhanden ist es schon. Ummerhin finden sich z.B. Sachen wie die Aborea-Box, die bewusst an das regelleichte Prinzip von früher anknüpfen und eine günstige "all-in-one"-Komplettlösung mit Einführungsabenteuer, Weltkarte und allem für EinsteigerInnen anbietet.

An der Frage der Genrevielfalt kann es aber nicht liegen, da hatte doch auch jedes Jahrzehnt seine spezialiserten und seine Universal-Systeme. Früher gab's halt GURPS oder Rolemaster, heute FATE oder ORE.

Zudem ist IMHO auch entscheidend, dass die Ersteren sich weiterentwickelt haben und nicht einfach nur weiterexistieren ;) Bei Rolemaster weiss ich nicht genau, wohin die Reise ging (habe es nie selbst aktiv gespielt), aber bei GURPS z.B. wurde das System für die heutige 4. Version mit Verarbeitung vieler Jahre von Fan-Feedback und Autoren-Erfahrung sehr gut überarbeitet, im Kern schlanker und was die Gesamtheit angeht in sich noch konsistenter. Auch kommen regelmäßig viele neue Add-Ons, qualitativ i.d.R. auf sehr hohem Standard.
FATE ist auf jeden Fall ein sehr großer Gewinn für die RPG-Community, nicht nur als Spielsystem selbst, sondern IMHO v.a. weil es wichtige, neue Perspektiven eingebracht hat und damit auch Inspiration für spezielle Verbesserungen in anderen Spielen bringt und die ORE hat eine schöne Würfel-Innovation, Company-Rolls u.a. ergänzt. Man hat heute einfach generell sehr viel Auswahl und es existiert auch viel mehr reflektiertes Wissen über verschiedene Spielansätze (allerdings in der Tat auch viel Unwissen und Halbwissen).

Die Schattenseite heute (quasi der Beginn der Düsternis) würde ich darin sehen, dass sehr viele Publikationen, gerade etwa deutsche Übersetzungen, jede Menge Fehler und Unsauberheiten enthalten und sich auch viiel mehr als in der Frühzeit Produkte finden, die schlecht getestet wurden und einfach "ärgerlich" sind. Der Kapitalismus mit seinen Prinzipien wie "Schnell raushauen und Geld kassieren, der Kunde wird es schon mitmachen" macht halt leider auch vor dieser Branche nicht halt - bzw. die Spieleentwickler lassen sich da leider mit reinziehen (ist auch vielfach sicherlich nicht einfach dem Druck zu entgehen).
« Letzte Änderung: 16.11.2011 | 12:00 von OldSam »

Offline Terrorbeagle

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Re: Das goldene Zeitalter des Rollenspiel-Designs
« Antwort #57 am: 16.11.2011 | 12:23 »
Sollten wir tatsächlich in "Goldenen Zeiten" leben, hieße dann nicht, dass der Zenit erst mal erreicht ist es irgendwann demnächst wieder abwärts gehen müßte?

Ich persönlich glaube nicht, dass die Rollenspiele der letzten paar Jahre unbedingt besser oder schlechter sind als andere. Es gibt positive Aspekte, es gibt negative. So ist das immer. Geschmäcker ändern sich, und mit den Geschmäckern auch die Bewertung der gebotenen Möglichkeiten (wobei es da glaub ich eine Wechselwirkung gibt).
Würde ich tatsächlich jedes Mal, wenn ich sinnbildlich Lehrgeld bezahlen würde, tatsächlich Geld verteilen, wäre ich arm.

Offline Oberkampf

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Re: Das goldene Zeitalter des Rollenspiel-Designs
« Antwort #58 am: 16.11.2011 | 14:15 »

Ich muss sagen, dass ich die eigentlichen Spiele der 90er gar nicht so mag. WoD, Feng Shui, ich konnte damit wenig anfangen. Gespielt habe ich in 90ern quasi nur DSA und Shadowrun, gegen Ende auch ein bisschen Earthdawn. Denen fehlt ja eigentlich dieser Fokus auf die Story. (Die Werbeflyer für Earthdawn haben zwar etwas anderes behauptet, aber das Regelwerk sprach Bände.)

Ich war die letzten Tage/Wochen am Lesen alter oder neu aufgelegter Earthdawn-Abenteuer beschäftigt, soweit es die Zeit zuließ. Viele (zum Glück nicht alle) davon sind pure "Storyt"-Abenteuer im Verständnis der 90er Jahre: Drehbücher für eine geschlossene Story, in die ich Zeit und Mühe investieren muss, um sie aufzubrechen. Da gibt es pro Kapitel sogar einen eigenen Abschnitt "Troubleshooting", in dem drinsteht, wie man streunende Charaktere zurück auf die Schienen setzen kann/soll. Insofern würde ich schon behaupten, dass ED ein typisches 90er Jahre Story-"Spiel" war. Über shadowrun kann ich nur vom Hörensagen sprechen, aber zumindest irgendsoein Harlekin-Ding soll, den Aussagen von guten Freunden nach, ähnlich aufgebaut gewesen sein.
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Samael

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Re: Das goldene Zeitalter des Rollenspiel-Designs
« Antwort #59 am: 16.11.2011 | 14:27 »
Die frühen SR Abenteuer waren ergebnisoffen. Da gab es am Ende sogar verschiedene Zeitungsartikel für verschiedene denkbare Enden.

Offline Oberkampf

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Re: Das goldene Zeitalter des Rollenspiel-Designs
« Antwort #60 am: 16.11.2011 | 14:28 »
Ich erlebe derzeit eine Ära finsterster Düsternis, in der ich verzweifelt versuche, noch all die Dinge aus der Guten Zeit zu ergattern.

Allein für den Satz sollte dir ja meiner Meinung nach eine Medallie verliehen werden  :d

Aber trotzdem muss ich ein paar Einwände bringen. Leider sehe ich einige Dinge anders, so sympathisch mir ja auch viele OSR-Positionen sind. Ist das nicht ironisch, wie böswillig die Welt sein kann?

Kann mir eines der gelobten Spiele die ausgefeilten sozialen wie politischen Grundlagen eines Traveller-Universums bieten, oder die skalierbaren Konflikte aus Battletech? Regeln für Verwaltung von Königreichen, große Schlachten, Scharmützel UND Duelle?

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Also alles gibts vielleicht nicht, aber:

Trotz meiner Kritik an den zahllosen Stunts im D&D3.x-Stil hat LoA (FATE) eine recht schlanke Mechanik, die auf höheren Ebenen noch funktioniert. Königreiche, große Schlachten, Scharmützel und Duelle sind damit absolut drin. Und innerhalb der Fantasy kann man jedes Untergenre damit bedienen, außerhalb der Fantasy kann man andere FATE-Zuschnitte nutzen.

Institutionen und die Konflikte zwischen ihnen werden auch von Reign/ORE spielbar gemacht.

Savage Worlds bietet ebenfalls einiges an Möglichkeiten, inklusive Massen- und Fahrzeugkampf, und soweit ich weiß, sind in der Hellfrost-Variante auch Regeln für Belagerungen und Burgenbau. Das ist vielleicht noch keine Königreichsverwaltung, aber zumindest mal ein Ansatz. Und so dick ist das (englische) Regelwerk auch nicht.

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Die frühen SR Abenteuer waren ergebnisoffen. Da gab es am Ende sogar verschiedene Zeitungsartikel für verschiedene denkbare Enden.

Ok, wie gesagt, ich kenne kaum SR, aber für das Schwestersystem ED kann ich sagen, dass bei sehr vielen (Nicht allen!) publizierten Abenteuern weder ein offener Verlauf noch ein offenes Ergebnis angestrebt wurde.
« Letzte Änderung: 16.11.2011 | 14:31 von youth nabbed as sniper »
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alexandro

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Re: Das goldene Zeitalter des Rollenspiel-Designs
« Antwort #61 am: 16.11.2011 | 14:48 »
...die skalierbaren Konflikte aus Battletech? Regeln für Verwaltung von Königreichen, große Schlachten, Scharmützel UND Duelle?

Alles was ich sehe sind Systeme, die genau ein Genre bedienen und damit letztendlich einen verkümmerten Bastard der alten glorreichen regelschlanken (!) Vorväter darstellen.

Weder die Kompanie-Regeln aus "Battleforce", noch die Jäger-/Raumschiff-Regeln aus "Aerotech" und "Battlespace" und schon gar nicht die Infanterieregeln auf "Battletroops" oder gar die Duell-Regeln aus der (dreimal verfluchten) Solaris-Box würde ich als "regelschlank" bezeichnen. Folglich spielt man Battletech entweder eng fokussiert (nur Mechkämpfe mittlerer Größenordnung) oder man hat ein Regelmonster vor sich, welches nur schwer zu bändigen ist.

Was Traveller angeht, so habe ich festgestellt, dass die angeblichen "sozialen wie politischen Grundlagen" eher abseits des Systems stattfinden, da das was ich da auswürfele einfach keine Tragkraft hat.
« Letzte Änderung: 16.11.2011 | 14:50 von alexandro »