@Storytelling:
Sorry fürs Missverständnis, das Wort ist leider ein Reizwort für mich, obwohl ich eigentlich weiß, dass die "offizielle" Bezeichnung für den von mir am meisten gehassten Spielstil "Erzählonkeln" heißt.
@Reale Kriege/Reale Gewalt und RPG
Genau da ist die Frage, inwieweit das Rollenspiel reale Gewalterscheinungen, vor allem solche der letzten 100 - 150 Jahren (wo sie ja angeblich
immer weniger werden) als Vorlage nehmen soll. Erstmal ist natürlich reale Gewalt durch Darstellung und Aufnahmekontext verzerrt, selbst die Berichte von Leuten, die es persönlich erlebt haben, leiden unter den Schwächen (bzw. eigentlich Stärken) des menschlichen Erinnerungsvermögens (weswegen ja Oral History und andere quantitative Forschung so ein umstrittenes Feld ist).
Zweitens haben wir eben eine besondere historische Situation. Westliche Armeen allgemein, aber auch speziell die Bundeswehr, haben sich eben zu ethischen Prinzipien der Kriegsführung verpflichtet, die aus meiner Sicht eher ungewöhnlich (aber äußerst erfreulich!) sind. Zwar gibt es auch historische Versuche der Zähmung von Kriegerkasten (Lehre des Gerechten Krieges, Ritterkodex, Samuraikodex etc.), aber deren Erfolg blieb eher bescheiden. (Natürlich kann auch der Westen in ausgedehnten Kriegshandlungen die Kontrolle über die Armeen verlieren und die Disziplinierung der Soldaten nur bedingt aufrecht erhalten - aber vergleichsweise zu "rüher" gelingt das nach meinem Eindruck trotz des langen Afghanistan-Krieges immer noch gut.)
Drittens ist zu berücksichtigen, dass Unterhaltungsmedien eben nicht unbedingt an realer Gewaltdarstellung interessiert sind. Selbst wenn wir also sagen könnten, das unser gegenwärtiges Wissen über reale Gewalt unverzerrt zutreffend ist (Punkt 1) und aus diesem Wissen direkte Folgerungen über reale Gewalt allgemein (außerhalb unseres besonderen historisch-räumlichen Kontextes) ziehen können und in andere Gewaltkontexte hineininterpretieren können (Punkt 2), bleibt eben noch zu berücksichtigen, dass Genres ihre eigene Form der Gewaltdarstellung verlangen (das ist wieder dieser Punkt: "will ich Realismus oder genretypisches Spiel?").
Aus diesen Gründen bin ich sehr vorsichtig, wenn es darum geht, Kriegserfahrungen, - berichte oder -dokumentationen fürs Rollenspiel zu nutzen. Ich glaube, selbst wenn ich irgendwann mal ein 1. WK-Szenario leiten sollte, würde der Erste Weltkrieg da eher reine Kulisse sein, bestenfalls pikanter Nebeneffekt.
@D&D(4):
Es gibt die Möglichkeit, sich durch Second Wind - i.d.R. einmal im Kampf - selbst zu heilen. Wie das dann aussieht (Atem schöpfen & ein paar Schweißtropfen von der Stirn waschen, Schweren Treffer als Fleischwunde deklarieren, verlorene Kampfmoral durch Heiligenerscheinung zurückgewinnen) bleibt dem Spieler/der Gruppe überlassen. Im Großen und Ganzen ist D&D(4) aber eben
nicht realistisch (sowenig wie irgendein ein anderes D&D).
@Generelles Thema:
Nochmal zur Klarstellung: ich würde es ausdrücklich begrüßen, wenn ein Regelwerk sinnvolle Mechaniken für den nichttödlichen (aber trotzdem physisch gewaltsamen) Konflikt liefert. Momentan fällt mir aber da wirklich nur Vereinbarung von Kampfzielen ("Stakes setzen") und hohe Abstraktion der Kampfhandlungen im Regelwerk ein.