Autor Thema: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf  (Gelesen 41526 mal)

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Offline Naldantis

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Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
« Antwort #275 am: 23.12.2011 | 15:10 »
Zum Killen gehört meinesachtens die Wahrnehmung einer sonst aussichtslosen Notwehrsituation, soziale Akzeptanz oder absoluter Hass. Gegenmaßnahmen wären dann als weitgehendst effektiv angenommene Umfeldunterstützung (z.B. unwahscheinliche Wiederholung, sicheres Wegsperren etc.) , eine soziale Ordnung, welche allerwenigstens intern Tötungen
ablehnt und nachvollziehbar sanktioniert (Was zusätzlich erfordert, das der Spieler die Sozialisation seines Chars versteht udn akzeptiert.) und sich die bedingungslosen Konfrontationen und gegenseitigen Entwürdigungen im rahemn halten.

Aber sind nicht all diese Voraussetzungen für das Töten in den 'üblichen' Settings gegeben: wenn die Armee des Nachbarn vor den Toren steht, die Mörder der schwarzen Hand einen jagen, oder die Orks, die schon den Familienhof niedergebrannt haben, vor einem stehen?

Wenn so ein Dämon nunmal schwer wegzuschließen ist, und Wegelagerer aus dem Nachbarreich auch nicht mehr  intern ist, wenn die Todesstrafe nunmal die einzigen Alternative zu Wehrgeld und Exil ist, und z.B. Sklaven eh als Eigentum gelten, deren Tötung durch den Besitzenden legal ist?

Warum möchte man eine Gesellschaft zeichnen, die durch negative Strukturen unserer Vergangenheit geprägt ist, dort dann zusätzliche Gefahren und Störungen in Form von Schwarzmagiern, krassen Kultisten, und agressiven Fremdrassen hinzufügen, aber dort eine utopistische Rechts- oder Gewaltausfassung einfordern?
Das KANN nicht sinnvoll funktionieren.
Wenn Ihr den Umgang mit Gewalt aus Glücksbärchis oder My Little Pony importieren möchtet, dann müß Ihr auch eine Gesellschaft aufbauen, aus der sich dieses Verhalten hätte ergeben können; sowas wie den Tod durch Hunger und Kälte als höchstes Risiko paßt dann enfach nicht.

Das ist tatsächlich billig. :)
Gut, es klappt natürlich, weil man Spiele natürlich auch um des Gewinnens Willen spielen kann (und es auch gerne tut), aber ans Rollenspiel hätte ich eben einen anderen Anspruch, als das über Metamechaniken zu erreichen. Aber ja, es ist eine Möglichkeit.

Bei Trauma benutzen wir zur Zeit auch Fanmail. Darüber könnte das der SL natürlich auch etwas anreizen.
Das ist ja im Prinzip eine Form von Gummipunkten.

Sehe ich ähnlich, viele Spieler lehnen diese Art der 'Bestechung' ab und reagieren darauf irritiert.

Was ist der Unterschied von Fanmail zu Gummipunkten?
Doch nur die Quelle, oder?
« Letzte Änderung: 23.12.2011 | 15:20 von Naldantis »

ErikErikson

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Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
« Antwort #276 am: 23.12.2011 | 15:25 »
Siehst du. Wenn es nicht tödliche Kämpfe sind, fallen dir nur langweilige Sachen ein. Mir dagegen fallen Herzöge und Könige ein, die ihre Generäle beauftragen, ihre Konkurrenten hintergehen, gute Kämpfer zu Rittern schlagen, Ländereien neu verteilen usw. usf.

Lies mal das: http://tanelorn.net/index.php/topic,63293.msg1450801.html#msg1450801

Es gibt immer ein oder zwei "Stategiespiel-Fans", die das ganz toll finden und der Rest gähnt sich einen ab.

Eulenspiegel

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Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
« Antwort #277 am: 23.12.2011 | 15:26 »
Siehst du. Wenn es nicht tödliche Kämpfe sind, fallen dir nur langweilige Sachen ein. Mir dagegen fallen Herzöge und Könige ein, die ihre Generäle beauftragen, ihre Konkurrenten hintergehen, gute Kämpfer zu Rittern schlagen, Ländereien neu verteilen usw. usf.
Nein. Lese bitte, worum es geht.
Es ging um die Frage, ob man das spielt, was man aus dem Alltag kennt oder ob man das spielt, was man nicht aus dem Alltag kennt.
Naldantis These war, dass man beim RPG nicht den Alltag spielt sondern sich Situationen aussucht, die sich vom Alltag unterscheiden (#239). Dem hattest du widersprochen (# 242). Und daraufhin hat Naldantis nochmal nachgefragt, ob das bei dir wirklich so ist.

Mit nichttödlichen Kämpfen hat das rein gar nichts zu tun. (Außer dem Umstand, dass die Konflikte, die wir im Alltag erleben, meistens nicht tödlich sind.)

bzgl. nichttödlicher Kampf und deinen Beispielen:
  • Einen General beauftragen, ist meistens tödlich. Ich mache mir zwar nicht selber die Hände schmutzig, dafür tötet meine Armee dann um so mehr.
  • Konkurrenten zu hintergehen ist zwar nicht immer tödlich (wenn ich keinen Meuchelmörder beauftrage), aber es ist auch in den seltensten Fällen ein Kampf.
  • gute Kämpfer zu Rittern schlagen. Nunja, da ist die Frage, wo sich der Kämpfer bewehrt hat. Meistens schlägt man ja keinen Kämpfer zum Ritter, weil er ein paar hungrige Wölfe vertrieben hat. Meistens schlägt man einen Kämpfer zum Ritter, weil er sich in einem Kampf, wo es um Leben und Tod geht und wo auf beiden Seiten viel Blut geflossen ist, bewährt hat.
  • Ländereien verteilen ist zwar nicht tödlich, hat aber auch wenig mit Kampf zu tun. Ausnahme: Ich verteile die Ländereien nach strategisch militärischen Gesichtspunkten. Aber in diesem Fall rechne ich zumindest mit einem Kampf, bei dem es auch Tote geben wird.

Offline Maarzan

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Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
« Antwort #278 am: 23.12.2011 | 15:32 »
Das Ziel ist ja gar nicht Gewalt oder auch das Töten von Gegenern komplett aus dem Spiel zu nehmen. Dazu ist das im Genre wie in entsprechenden geschichtlichen Zeiten, bei denen sich die Spiele bedienen, einfach schon zuviel davon drin. Das Ergebnis so eiens Versuchs würde unglaubwürdig und hohl erschenen. Es geht darum die Psychopathenspitze abzutragen, welche manche Leute (oder auch Systeme) da reintragen.

Entsprechendes bei den Gesetzen. In entsprechendem Umfeld wird man kaum modern anmutende Rechte-Wange-Resozialisierungsgesetze finden und würden wohl berechtigt weiteren Frust auslösen, insebsodnere wenn jede Woche wieder ein Gegner ungeschoren damit davon kommt. Aber es soll hat wieder halbwegs annehmbare Relationen herstellen. Was raus soll ist gewohnheitsgemäß mit Maschinenpistolen einen Platz an der Theke behaupten, reguläre Zollstellen mit Feuerbällen bedienen und jeden Kampf auf TPK für eine Seite hinauslaufen zu lassen.  
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killedcat

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Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
« Antwort #279 am: 23.12.2011 | 18:03 »
Es geht darum die Psychopathenspitze abzutragen, welche manche Leute (oder auch Systeme) da reintragen.
Mal von gewissen kranken Auswüchsen abgesehen, die ohnehin nur geistigen Psychopathen Spaß bereiten: warum, wenn sich die Spieler damit wohlfühlen?

ErikErikson

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Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
« Antwort #280 am: 23.12.2011 | 18:12 »
Weil es kein richtiger Spaß ist. Es handelt sich um die Abwehrmechanismen Reaktionsbildung und Regression. Der Aggro-Spieler verdrängt seine unerwiderten Liebesgefühle und wandelt sie in Hass und Aggression um. Dazu fällt er auf phallische Phase zurück, in der er steckenblieb und sich daher dort leichter zurechtfindet. 

killedcat

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Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
« Antwort #281 am: 23.12.2011 | 18:49 »
Ha! Darauf hab ich nur gewartet. Auf Jemanden, der die Motive für's Spielen be- und verurteilt. Danke. Bin raus.

 :gaga:

ErikErikson

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Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
« Antwort #282 am: 23.12.2011 | 18:57 »
Gerne.

Offline Maarzan

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Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
« Antwort #283 am: 23.12.2011 | 20:07 »
Mal von gewissen kranken Auswüchsen abgesehen, die ohnehin nur geistigen Psychopathen Spaß bereiten: warum, wenn sich die Spieler damit wohlfühlen?

Wenn alle metzeln wollen, dann nimmt man ein System, das dazu paßt - eine Frage vielleicht für den Ursprungsthread perfekter Kampf, denn auch dafür wird es dann bessere udnschlechtere Lösungen geben. Das hier wäre für solche Spielvorstellungen wahrscheinlich eine der schlechteren. 

Hier kommt aber die Frage nach Kampfmoral und damit sind wir vermutlich bei Leuten, die eher an einer funktionalen detailliert beschriebenen Spielwelt interessiert sind. Andere können ja meist gut auf detailierte Moralregeln verzichten.

Leuten die wirklich daneben sind, wird man auch nur auf Spielerebene begegnen können.

Aber wie bei Railroading und anderen Sachen ist das ja nicht zwingen ein Fall der klaren Extreme sondern rutscht meist eher so langsam und verdeckt ins Spiel, vielleicht auch gar nicht einmal mit Absicht und verstärkt sich dann. So eine Eskalation ist dann nicht unbedingt so einfach wieder einzufangen. Oder es sind Anfänger dabei, wo solche Regeln dann darauf hinweisen bzw. unterstützen wie das Spiel gedacht ist und für solche Fragen ein Bewußtsein schaffen. 
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Offline Turning Wheel

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Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
« Antwort #284 am: 23.12.2011 | 20:36 »
Generell bin ich ein absoluter Fan davon, dass alle so Rollenspiel spielen sollen, wie sie wollen.
Die Frage nach perfektem Rollenspiel oder perfektem Kampf geht für mich aber weiter, als dass alle ihren Spaß haben.
Es geht mir darum die Register voll zu ziehen und Rollenspiel auf die Spitze zu treiben.
Ich denke, Rollenspiel kann (im Vergleich zu anderen Spielen) mit ein paar richtig coolen Features aufwarten wie z.B. kreative Erzählung, sich dynamisch verändernde Spielziele und Spielfigurenbeziehungen, absolute Interaktivität usw.
Spielarten des Rollenspiels, die das nicht nutzen, würde ich, ungeachtet des Spaßes den irgenwer dabei empfindet, nicht als perfekt ansehen. Es geht mir also bei der Perfektion vor allem darum, die mögliche Spieltiefe zu maximieren. Sieht das jemand auch so?

... von allen Teilnehmern bzw. teilnehmenden Gruppen Ziele zu definieren, quasi "Stakes setzen". Damit wäre zwar ein Wechsel der Spielperspektive notwendig und die "Immersion" würde vielleicht mal wieder untergraben, aber ich überlege, ob es dafür das Ausspielen eines Kampfes erleichtern würde.
Ja, es geht mir auch um Immersion. Ich versuche mir ja das Geschehen immer auch irgendwie im Kopf vorzustellen. Dass irgendwelche SC-Dödels immerzu mordend durchs Land ziehen ist für meine realistische Vorstellungskraft zu abstrakt und mir fällt dazu auch gar kein Grund ein (ich spiele halt keine EP-Spiele mehr). Mir kommen da immer nur die blödsten Computerspielszenarios in den Sinn, die mir, wenn's hoch kommt, zwischendurch mal 5 Minuten Spaß bereiten können.
Allerdings muss es nicht unbedingt immerzu Immersion sein. Ich trete auch gerne mal einen Schritt zurück, um mir eine Situation anzuschauen und Metaaktionen zu machen. Wenn ich dann aber nur soziale Unplausibilität und aggressive Oberflächlichkeit sehe, bin ich halt draußen.
Letztenendes scheint es, wie so oft, eine gute Idee zu sein, mit den anderen über Erwartungen zu sprechen. Sei das jetzt in Form von Metaregeln oder in Form eines klärenden, informellen Gespräches.

Weil es kein richtiger Spaß ist. Es handelt sich um die Abwehrmechanismen Reaktionsbildung und Regression. Der Aggro-Spieler verdrängt seine unerwiderten Liebesgefühle und wandelt sie in Hass und Aggression um. Dazu fällt er auf phallische Phase zurück, in der er steckenblieb und sich daher dort leichter zurechtfindet. 
Muhahä, geil. :D

@ Eulenspiegel:
Es ging zu keiner Zeit um völlig nichttödliche Kämpfe. Mit dem Begriff "nichttödliche Kämpfe" (habe zumindest ich) Kämpfe gemeint, bei denen eine hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass sie nicht tödlich enden (halt so wie in der Realität).
« Letzte Änderung: 23.12.2011 | 21:09 von Das Nichts »

Eulenspiegel

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Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
« Antwort #285 am: 24.12.2011 | 05:49 »
Es ging zu keiner Zeit um völlig nichttödliche Kämpfe. Mit dem Begriff "nichttödliche Kämpfe" (habe zumindest ich) Kämpfe gemeint, bei denen eine hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass sie nicht tödlich enden (halt so wie in der Realität).
Wenn du dir meinen vorletzten Post anschaust, dann wird dir klar, dass ich unter "nichttödlich" auch verstehe, dass dies nur eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit aber keine absolute Sicherheit bedeutet.

Falls du dich auf meinen letzten Post beziehst:
Also bei einem Krieg besteht eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit, dass eine der beiden Parteien stirbt.

Und es ging hier um eine ganze Menge, je nachdem, bei welchem Diskussionsstrang man ist. Es ging zum Beispiel bisher um:
- jemanden nichtkämpferisch sozial runtermachen (z.B. Intrigen, Mobbing etc.)
- Kämpfe zur sozialen Unterwerfung
- Kommentkämpfe
- Kneipenschlägereien
- Krieg
- alltägliche Kämpfe vs. nichtalltägliche Kämpfe

Daher ist es ja so wichtig, auch anzugeben, auf welchen konkreten Diskussionsstrang man sich gerade bezieht. Und bei den Diskussionsstrang, auf den ich mich bezogen habe, ging es zum Beispiel gar nicht um die Frage der Tödlichkeit sondern die Frage, wie sehr wir Kämpfe nachspielen, die wir aus dem Alltag kennen, oder ob wir lieber Sachen im RPG spielen wollen, die nichts mit unserem Alltag zu tun haben. Die Frage nach der Tödlichkeit ist dabei (in diesem konkreten Diskussionstrang) nachrangig.
Ja, es gab in diesem Thread auch Diskussionsstränge, in denen diese Frage wichtig ist. Aber nicht in dem Diskussionsstrang, auf den ich mich in meinem letzten Post bezogen habe.

Offline Oberkampf

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Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
« Antwort #286 am: 24.12.2011 | 22:48 »
Mal kurz zum Thema "Immersion" (und vielleicht zur Klarstellung):

Mir persönlich ist "Immersion" vollkommen schnuppe, und ich teile dieses Ideal der maximalen Immersion nicht. Genau darum kann ich mir eben gut vorstellen, dass Kämpfe im Rollenspiel auch anders verlaufen können als durch die detailgetreue Abbildung von Einzelaktionen der Teilnehmer, die in eine Metzelei ausartet. 
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Offline Turning Wheel

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Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
« Antwort #287 am: 25.12.2011 | 03:19 »
Also bei einem Krieg besteht eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit, dass eine der beiden Parteien stirbt.
Was meinst Du mit Partei? Einen Kriegsteilnehmer?
Was meinst du mit hoher Wahrscheinlichkeit? Über 50%?

Eulenspiegel

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Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
« Antwort #288 am: 25.12.2011 | 03:43 »
Mit der Partei sind die Leute, die auch tatsächlich kämpfen (sprich die Soldaten), gemeint.
Und mit hoher Wahrscheinlichkeit meine ich über 50%. Wobei das nicht die Wahrscheinlichkeit für jede einzelne Person ist, sondern die Wahrscheinlichkeit, dass bei dem Kampf überhaupt jemand stirbt.

Offline Turning Wheel

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Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
« Antwort #289 am: 25.12.2011 | 03:56 »
Mir persönlich ist "Immersion" vollkommen schnuppe, ...
Und was hättest du zur Maximierung der Spieltiefe als Ziel der Perfektion zu sagen?

Offline Oberkampf

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Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
« Antwort #290 am: 25.12.2011 | 11:18 »
Und was hättest du zur Maximierung der Spieltiefe als Ziel der Perfektion zu sagen?

Das grundsätzliche Problem sehe ich darin, dass es im Rollenspiel viele verschiedene Ziele gibt, die nicht gleichzeitig in Perfektion verwirklicht werden können. Manchmal ist mir eine unvorhersehbare (und dadurch spannende), gemeinsam erspielte Geschichte z.B. viel wichtiger als die Möglichkeit der Spieler, tief in ihrem Charakter zu versinken. Hierzu kann es dann hilfreich sein, die Charakterperspektive aufzugeben und sich Gedanken um die Entwicklung des Abenteuerverlaufs und die Einbeziehung der anderen Spieler/SCs zu machen - was den Spielern nunmal eine Metaperspektive abverlangt, die traditionell eher allein der SL aufs Auge gedrückt bekommt. Spieler, die sich dieser Art der Mitverantwortung verweigern, sind mMn das Resultat der "Immersions-Vergötterung" (leicht übertrieben gesagt  ;)).

In Kampfangelegenheiten kommen da noch ganz andere Probleme hinzu, wobei die Spitze des Eisbergs die gefürchteten "Luschencharaktere" sind. Darum ist es mir, wie gesagt, lieber, einen Kampf als eine vergnügliche Etappe des Abenteuerverlaufs zu sehen, deren Ausgang entscheidend zur Weiterentwicklung des Abenteuers beiträgt (und zur Einbindung des Abenteuers in Spielwelt/Genre), und weniger als eine Action-Zwischensequenz, die möglichst realistisch/naturalisch abgebildet werden muss.
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Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
« Antwort #291 am: 26.12.2011 | 21:40 »
Ich glaube der realistische/naturalistische Ablauf des Kampfes hat bei der Frage nach einem nichttödlichen Ausgang gar nicht so viel Relevanz, oder? Dinge, die sich der immersionistische Simulierer oder gamistischer Regelmacho hart erarbeiten muss, kann ja der Storyteller schon längst mit einem Fingerschnipp.

Offline Oberkampf

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Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
« Antwort #292 am: 31.12.2011 | 00:19 »
Ich glaube der realistische/naturalistische Ablauf des Kampfes hat bei der Frage nach einem nichttödlichen Ausgang gar nicht so viel Relevanz, oder?

Nunja, ein Teil der Diskussion über Realismus im RPG ist da wohl in meine Antwort eingeflossen.  ;D

Da streift anscheinend ein Thema das andere, gewissermaßen sind ja reale Kommentkämpfe nichttödliche Kämpfe und müssen in "realistischen Rollenspielen" ("realitätssimulierenden" Rollenspielen, wobei Realismus eigentlich nur eine Position im weiten Feld des Simulationismus ist) auch als solche verregelt sein. Die andere Frage ist natürlich, wie (spiel-)blutig ein Nichtkommentkampf (also ein "echter" Kampf auf Leben und Tod) mit realistischer Verregelung wäre - und ob dann Kämpfen noch eine große Rolle im Rollenspiel spielen würde. Ich glaube ja, dass es dann völlig unattraktiv wäre (weil es in RL nunmal auch nicht gerade Zuckerschlecken ist).

Dinge, die sich der immersionistische Simulierer oder gamistischer Regelmacho hart erarbeiten muss, kann ja der Storyteller schon längst mit einem Fingerschnipp.

Naja, es gibt einen Typ des "Storytellings", den ich am allermeisten fürchte, und das ist der actionarme Teil, wo man dann nur noch mit NSCs übers Wetter und ihre Wehwehchen quatscht. Wenn der gamistische Regelspieler dann ein Regelwerk vorgelegt bekommt, das genau dieses Verhalten als sinnvollste Spielalternative (mit geringster Sterberate der SCs) erscheinen lässt, wechsel ich vielleicht das Hobby in aufregendere Spiele. Mensch ärger dich nicht z.B.  ;)   

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Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
« Antwort #293 am: 31.12.2011 | 01:13 »
Um Gottes Willen, es geht mir auf jeden Fall auch um Action!
Wenn ich von fingerschnippenden Storytellern rede, dann meine ich kein Kneipengespräch sondern konsequentes Erzählen und spannender Ablauf interessanter Spielinhalte (was das auch immer für den einzelnen sein mag).
Und wenn ich von nichttödlichen Kämpfen spreche, dann meine ich Kämpfe, bei denen es wahrscheinlich nicht zum Tod kommt.
Dazu zählen eigentlich alle Kämpfe, bei denen nicht das eigentliche Ziel ist, den anderen zu töten, sondern es nur billigend in Kauf genommen wird (Wer bekommt die Geldbörse? Wer bekommt das Mädchen? Wer bekommt das Wasserloch? Wer bekommt die Ölfelder?).

Ich war ja auch selbst mal kurz Soldat. Immerhin hat man mir da eingetrichtert, dass es NICHT ums Töten geht.
Es wird nicht mal wirklich billigend in Kauf genommen. Man soll es, wenn möglich, tunlichst vermeiden.
Und das ist nicht nur bei Soldaten so, sondern auch bei Polizisten, Bankräubern oder irgendwelchen Menschen, die in ernsthafte kämpferische Konflikte reingehen.
Es gibt einen gewissen Prozentsatz von durchgeknallten Freaks, die Töten wollen, aber diese Menschen sind (entgegen unserem Wissen aus Hollywoodfilmen) in der Realität eher selten anzutreffen.

Mal ein krasses Beispiel:
Meine beiden Opas haben, wenn man das so formulieren will, beide insgesamt fünf mal den zweiten Weltkrieg verloren (drei mal zur Kampfunfähigkeit verwundet und zwei mal gefangen genommen). Beide haben den Krieg überlebt, so wie zig Millionen anderer deutscher Soldaten - obwohl der Krieg insgesamt klar verloren wurde.
In sechs vollen Kriegsjahren mit zahllosen Kampagnen und Schlachten verloren die Deutschen 5,3 von 18,2 Mio Soldaten. Das ist weniger als ein Drittel.
Wenn der 2. WK in D&D stattgefunden hätte, wären die jetzt alle tot.
Ich hätte jetzt aber nicht gesagt, dass der reale zweite Weltkrieg kein Action-Stoff wäre, oder solche Plots auf Mensch-Ärgere-Dich-Nicht-Level ablaufen, weil "nur" so wenige gestorben sind. Und ich glaube auch nicht, dass der zweite WK in D&D interessanter oder härter gewesen wäre. Gerade eben nicht!

Rollenspiele nähern sich irgendwelchen Kämpfe meistens nur von der Seite der totalen Vernichtung. Die gibt es in der Realität sicher auch hin und wieder, aber so späktakulär die totale Vernichtung auch sein mag, interessant ist sie nicht, weil daraus im Weiteren nichts Konstruktives mehr erwächst (außer dem Leichenfleddern).

Ich glaube, die Regelmechanik, die vor allem dazu führt, dass Kämpfe bis zum Schluss ausgefochten werden, ist wenn es bis zum Schluss keine Einschränkung auf die Handlungsmöglichkeiten gibt.
« Letzte Änderung: 31.12.2011 | 02:25 von Das Nichts »

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Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
« Antwort #294 am: 31.12.2011 | 02:37 »
Rollenspiele nähern sich irgendwelchen Kämpfe meistens nur von der Seite der totalen Vernichtung.

Das liegt nach meinem Empfinden zu großen Teilen an den verwendeten Regelwerken.

Wenn z.B. ein Kämpfer bis zum letzten Lebenspunkt Vollgas geben kann und dann beim nächsten Treffer unversehens tot umfällt, kann da kein plausibles Verhältnis von Toten zu Verwundeten rauskommen.

Sobald regelseitig Möglichkeiten bestehen, wie Kampfunfähigkeit deutlich vor dem Exitus eintreten kann, sieht das ganz anders aus.


OT:
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"Kannst du dann bitte mal kurz beschreiben, wie man deiner Meinung bzw. der offiziellen Auslegung nach laut GE korrekt verdurstet?"
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Eulenspiegel

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Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
« Antwort #295 am: 31.12.2011 | 04:26 »
Wenn der 2. WK in D&D stattgefunden hätte, wären die jetzt alle tot.
Wenn es D&D4-Regeln gewesen wären, dann würde man das reale Überlebens-Ergebnis ungefähr erreichen. (Vorausgesetzt man lässt seine eigenen Leute nicht verbluten sondern leistet 1. Hilfe.)

Bei DSA ist es ähnlich: Von +5 bis -KO LE ist man nur kampfunfähig.

Offline Turning Wheel

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Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
« Antwort #296 am: 31.12.2011 | 09:29 »
... sondern leistet 1. Hilfe.)

Kann man in D&D4 auch an sich selbst Erste Hilfe leisten wenn man verblutend ist?
Gibt es dort den Status kampfunfähig überhaupt oder ist das dann gleich ohnmächtig?

Heißt das bei DSA tatsächlich kampfunfähig?

OT:
(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)

Danke für den Hinweis. Hätte ich mir auch selbst denken können, weil wir danach gleich auf die Schießbahn sind und Pappkameraden in den Kopf schießen sollten. ::)
Nein, aber mal Scherz beiseite. Natürlich werden Tote gebilligt, aber in keiner Armee die der Genfer Konvention folgt, ist es erlaubt, Verletzte zu töten oder Sanitäter bei der Versorgung von Verletzten zu behindern. Oder hat man mir da auch wieder Mist erzählt.
Andererseits weiß man ja über den Krieg in Afghanistan auch, dass die Amerikaner da reingeholzt haben ohne sich um so was zu scheren. Nach dem Motto:"Selbst Schuld, wenn die ihre Kinder mit aufs Schlachtfeld bringen."

Aber mal abgesehen davon ob es gebilligt wird, dass andere sterben, tatsächlich stehen ja die Todesopferzahlen der Realität absolut gegen die verbreitete rollenspielerische Wahrheit, dass bei einem Kampf auf Leben und Tod ziemlich sicher einer von zweien stirbt.
« Letzte Änderung: 31.12.2011 | 10:00 von Das Nichts »

Offline Oberkampf

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Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
« Antwort #297 am: 31.12.2011 | 11:33 »
@Storytelling:

Sorry fürs Missverständnis, das Wort ist leider ein Reizwort für mich, obwohl ich eigentlich weiß, dass die "offizielle" Bezeichnung für den von mir am meisten gehassten Spielstil "Erzählonkeln" heißt.

@Reale Kriege/Reale Gewalt und RPG

Genau da ist die Frage, inwieweit das Rollenspiel reale Gewalterscheinungen, vor allem solche der letzten 100 - 150 Jahren (wo sie ja angeblich immer weniger werden) als Vorlage nehmen soll. Erstmal ist natürlich reale Gewalt durch Darstellung und Aufnahmekontext verzerrt, selbst die Berichte von Leuten, die es persönlich erlebt haben, leiden unter den Schwächen (bzw. eigentlich Stärken) des menschlichen Erinnerungsvermögens (weswegen ja Oral History und andere quantitative Forschung so ein umstrittenes Feld ist).

Zweitens haben wir eben eine besondere historische Situation. Westliche Armeen allgemein, aber auch speziell die Bundeswehr, haben sich eben zu ethischen Prinzipien der Kriegsführung verpflichtet, die aus meiner Sicht eher ungewöhnlich (aber äußerst erfreulich!) sind. Zwar gibt es auch historische Versuche der Zähmung von Kriegerkasten (Lehre des Gerechten Krieges, Ritterkodex, Samuraikodex etc.), aber deren Erfolg blieb eher bescheiden. (Natürlich kann auch der Westen in ausgedehnten Kriegshandlungen die Kontrolle über die Armeen verlieren und die Disziplinierung der Soldaten nur bedingt aufrecht erhalten - aber vergleichsweise zu "rüher" gelingt das nach meinem Eindruck trotz des langen Afghanistan-Krieges immer noch gut.)

Drittens ist zu berücksichtigen, dass Unterhaltungsmedien eben nicht unbedingt an realer Gewaltdarstellung interessiert sind. Selbst wenn wir also sagen könnten, das unser gegenwärtiges Wissen über reale Gewalt unverzerrt zutreffend ist (Punkt 1) und aus diesem Wissen direkte Folgerungen über reale Gewalt allgemein (außerhalb unseres besonderen historisch-räumlichen Kontextes) ziehen können und in andere Gewaltkontexte hineininterpretieren können (Punkt 2), bleibt eben noch zu berücksichtigen, dass Genres ihre eigene Form der Gewaltdarstellung verlangen (das ist wieder dieser Punkt: "will ich Realismus oder genretypisches Spiel?").

Aus diesen Gründen bin ich sehr vorsichtig, wenn es darum geht, Kriegserfahrungen, - berichte oder -dokumentationen fürs Rollenspiel zu nutzen. Ich glaube, selbst wenn ich irgendwann mal ein 1. WK-Szenario leiten sollte, würde der Erste Weltkrieg da eher reine Kulisse sein, bestenfalls pikanter Nebeneffekt.

@D&D(4):
Es gibt die Möglichkeit, sich durch Second Wind - i.d.R. einmal im Kampf - selbst zu heilen. Wie das dann aussieht (Atem schöpfen & ein paar Schweißtropfen von der Stirn waschen, Schweren Treffer als Fleischwunde deklarieren, verlorene Kampfmoral durch Heiligenerscheinung zurückgewinnen) bleibt dem Spieler/der Gruppe überlassen. Im Großen und Ganzen ist D&D(4) aber eben nicht realistisch (sowenig wie irgendein ein anderes D&D).

@Generelles Thema:
Nochmal zur Klarstellung: ich würde es ausdrücklich begrüßen, wenn ein Regelwerk sinnvolle Mechaniken für den nichttödlichen (aber trotzdem physisch gewaltsamen) Konflikt liefert. Momentan fällt mir aber da wirklich nur Vereinbarung von Kampfzielen ("Stakes setzen") und hohe Abstraktion der Kampfhandlungen im Regelwerk ein.
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rhiow

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Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
« Antwort #298 am: 31.12.2011 | 13:18 »
ich sehe die art der kämpfe (wie sehr sie auf reines töten ausgelegt sind) stark vom setting, dem spielleiter und der situation abhängig, sprich was gibt es für alternativen zum töten. ich sehe da eher weniger notwendigkeit für regeln, als dafür das man vorher mit den mitspielern über das setting und den spielstil redet.

nehmen wir mal
- spärlich besiedeltes setting (reisen zwischen siedlungen werden in tagen gemessen)
- es gibt eine art straße und handelsruten, denen man folgen kann
- praktisch keine patroullien
- ein justizsystem, das entsprechend härtere strafen für raubmord als für raub verhängt, und es zumindest eine möglichkeit für die räuber gibt wieder frei zu kommen
- sklaverei ist akzeptiert

situation 1:
wir sind unterwegs auf einer handelsroute, gruppe von 5 leuten besteht aus mehreren offensichtlichen kriegern (blechdosen, bogenschützen o.ä.), wir reisen alleine zu pferd, sind mehrere tage von der nächsten siedlung entfernt. wir tragen offen das wappen des hiesigen herrschers. wir sind ohne dringende eile unterwegs.
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siuation 2:
ähnlich wie situation 1, nur wird die gruppe von 20 händlern und ihren wägen begleitet (bzw, eskortiert die händler)
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situation 3:
ausgangslage ist wie situation 1 oder 2, nur spielleiter agiert nach dem schema "monster der woche":
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Eulenspiegel

  • Gast
Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
« Antwort #299 am: 31.12.2011 | 15:13 »
Heißt das bei DSA tatsächlich kampfunfähig?
Ist schon eine Weile her und ich habe gerade nicht die DSA-Regelwerke verfügbar. Aber die offizielle Bezeichnung ist, wenn mich meine Erinnerung nicht trübt:
+1 LE bis +5 LE: kampfunfähig
0 LE: bewusstlos
-1 LE bis -KO LE: tödlich verwundet