Selbst wenn sich zwei Gruppen ans offizielle Aventurien halten, gibt es immernoch extreme Divergenzen zwischen ihnen, behaupte ich: Ein SL legt zum Beispiel besonderen Wert auf den Flussvaterkult bei Fischern, einem anderen ist das herzlich egal und kommt nur am Rande vor.
Ja, aber das ist ja nur eine unterschiedliche Gewichtung des Mediums (des Spielleiters

). Das sagt ja nur bedingt was über die Spielwelt und ihre Kontinuität aus.
Wenn man in Gareth einen Roman über die Praioskirche schreiben würde, und einen über die Unterwelt, dann hätten die auch unterschiedliche Schwerpunkte. Das Gefühl, dass beide in der gleichen Spielwelt angesiedelt wären, würde davon abhängen, wie sehr sie sich Gemeinsamkeiten teilen, und dass es möglichst keine/wenige Widersprüche gäbe.
Gleiches gilt für Rollenspielrunden, nur dass diese eh schon ein deutlich diffuseres Medium sind (weniger kommuniziertes Material als ein Roman, weniger Details, größere Varianz in der Beschreibung aufgrund von Tagesform/Griff in die Chipstüte/Spotlight-Wechsel/fehlenden Notizen/Meisterwechsel etc.).
Um beim Beispiel mit dem Dörfchen zu bleiben: Die Wahrscheinlichkeit, dass zwei Gruppen das Dörfchen so gut erforschen, dass sie auf die Widersprüche in den Geheimnissen stoßen, ist sehr gering. Beide werden übereinstimmen, dass das Örtchen im Sumpf liegt. Vielleicht jagen die einen jagen einen Borbaradkult im Landgut, oder die anderen den Erzdämon im Sumpf. Paßt. Und das allein wäre dann vermutlich schon jeweils ein ganzer Spielabend. Tatsächlich wäre es nichtmal ein Problem, wenn im Landgut nach dem Vertreiben des Borbaradkults jetzt ein Schelm lebt, oder umgekehrt.

Und gerade auf diesen tatsächlich am Spieltisch existierenden Detailgrad ist DSA ziemlich gut abgestimmt. Sowohl was die Gewichtung und Körnigkeit bei Regionsbeschreibungen und NSC-Beschreibungen selbst angeht, als auch hinsichtlich der Querverweise auf Regionen, NSCs und Abenteuer, wird immer wieder wert auf einfach zu handhabende Wiedererkennbarkeit gelegt.
"Einfach zu handhabende" bedeutet an der Stelle dann auch meist: Diffus. Genug um sie wiederzuerkennen, zu wenig um Widersprüche von Runde zu Runde zu provozieren. Wenn etwa in DSA-Publikationen etwa über Selem geredet wird, dann bezieht sich das in der Regel auf die Grundstimmung der Stadt (lethargischer Wahnsinn) oder die Silem-Horas-Bibliothek. Damit hat man schonmal eine Gemeinsamkeit für alle Runden, die nie in Selem waren. Und das paßt auch auf so ziemliche alle Selemrunden, selbst wenn man in Selem was weiß ich was anstellt (sei es als Spieler oder Spielleiter).
Und diese Vagheit und Überschaubarkeit bei den Querverweisen macht es eben auch sehr einfach, Regionen und NSCs abzuändern oder auszutauschen. Womit man dann wieder bei den "Weißen Flecken" wäre. Bleib ich bei Selem beim Grundthema "lethargischer Wahnsinn", dann kann ich da tun und lassen was ich will. Selbst das einebnen durch einen aventurischer Cthulhu wäre locker verkraftbar.

Will ich Selem hingegen zu einem strahlenden Hort hesindianischen Wissens machen, dann müsste ich für diese Gruppe einige wenige Referenzen anpassen, wenn diese aktuell werden. Und ansonsten damit leben, dass sich andere Runden womöglich über die paar eingeführten Widersprüche "meines" Selems wundern. Mehr nicht.