Über den Niedergang vom Hobby Rollenspiel und spezielle D&D (spätestens seit der vierten Edition) wird ja an vielen Stellen viel geschrieben, gesagt und vor allem (mehr oder weniger fundiert) spekuliert. Zwei interessante Artikel zum Weiterlesen zu diesem Thema finden sich hier von Ryan Dancy
http://www.enworld.org/forum/news/315800-4-hours-w-rsd-escapist-bonus-column.htmlund hier Mike Mearls
http://www.escapistmagazine.com/articles/view/features/9294-The-State-of-Dungeons-Dragons-FutureZwei Punkte aus diesen beiden Artikeln waren für mich besonders wichtig:
1. Dancy über den Abstieg von D&D seit 3.5
Dancy sagt, der Abstieg von D&D nach dem d20/3e Boom, habe damit begonnen, dass viele Fans den Umstieg auf 3.5 nicht mitgemacht hätten. Damit habe D&D seine wichtigste Ressource verschenkt, nämlich das funktionierende soziale Netzwerk der Spieler, dessen Basis die drei Grundregelwerke waren.
Vielleicht hätte sich D&D von diesem Schlag erholen können, so Dancy, doch bevor es dazu eine Chance gab, habe WoW eine zu attraktive Ausstiegsmöglichkeit für frustrierte D&D-Spieler geboten.
2. Mearls über die Zukunft von D&D
Neben vielen anderen Dingen macht Mearls die Schwierigkeiten von D&D 4 daran fest, dass die neue Edition im gewissen Sinne zu balanced ist. Mearls meint, mit AD&D 2nd Edition habe man seiner Zeit eine Art Storyteller-D&D geschaffen, das die Spieler in der vorgefertigten Geschichte des DMs zu Würfelhaltern degradierte. Seitdem habe das Spiel eine lange Entwicklung durchgemacht, die nun darin endete, dass D&D 4 den Spielleiter zum reinen Regelhüter degradiere.
Ein neues D&D müsse also einen Weg finden, die Stärken von D&D 2 und D&D 4 zu vereinen, um ein Spiel zu schaffen, das möglichst vielen Spielertypen und Spielstilen gerecht werden solle.
Ich für meinen Teil finde beide Analysen erfreulich und wittere mit D&D 5 am Horizont in der Luft einen ähnlichen Boom für Rollenspiele, wie es ihn vor 12 Jahren mit 3e gab.
Damals war ich weit davon entfernt, je ein begeisterter D&D-Enthusiast gewesen zu sein. Obwohl ich leidenschaftlicher Rollenspieler war, hatte ich stets um D&D einen Bogen gemacht. 3e hatte mich von D&D begeistert, weil es eben ein Spiel war, das noch alle Möglichkeiten offen ließ. Ich bin weder Storyteller noch finde ich Sandboxing wirklich gut, sondern bewege mich irgendwo zwischen den Polen. D&D 3 wies zwar eindeutig eher in die Richtung, in die das Spiel mit 3.5 und schließlich D&D 4 gegangen ist, hatte aber bei Erscheinen noch einige interessante Begleitartikel z.B. im Dragon, die ganz andere, interessante Wege für das Spiel aufzeigten. Für eine Weile hatte es Hoffnung gegeben, dass sich D&D einer breiteren Palette an Spielstilen öffnen könnte.
Diese war mit 3.5 vorbei. Deswegen hatte mich das Spiel damals verloren, nicht wegen der Notwendigkeit, sich neue Bücher anzuschaffen und schon gar nicht wegen WoW.
Ein weiterer Punkt, den auch Mearls anspricht: Das Spiel bot ab einem bestimmten Punkt zu viele Optionen. Entsprechende Umfragen hätten ergeben, dass zwei Drittel der D&D-Spieler gerne die vier Kernrassen spielten und keine abgefahrenen Spielerrassen benötigten. Der Grund liegt auch hier wiederum im sozialen Bereich - Spieler wollten sich über ihr Spiel austauschen können und brauchten dafür eine gemeinsame Basis. Je mehr Optionen es gebe, desto größer sei die Wahrscheinlichkeit, dass sich zwei Spieler begegnen, die zwar beide D&D spielen, aber keine Ahnung mehr haben, wovon der andere denn redet.
Das trifft zumindest meinen Eindruck vom aktuellen D&D und auch von 3.5/Pathfinder.
Für mich formt sich aus all den Analysen und Ideen, die in beiden Artikeln besprochen werden, folgendes Bild für ein mögliches D&D 5: Es wird ein Spiel geben, das im Kern kompakt und einfach ist, sich auf wenige Optionen beschränkt. Vielleicht wird es sogar eher in Richtung Familienspiel gehen, also Komponenten von Warhammer 3 enthalten, ohne dessen Komplexität zu besitzen. Ein Rollenspiel, das man dank unterstützender Materialien ohne viel Vorbereitungszeit aus der Box heraus spielen kann. Als Grundlage für einen Erfolg wird in Zukunft wahrscheinlich eher die soziale Vernetzung der Spieler gesehen, als unbedingt ein ausgeklügeltes System mit einer unüberschaubaren Vielfalt an Optionen.
Ich erwarte also ein einfaches, solides Grundregelwerk, das einen schnellen Start ermöglicht und das von einer Art "D&D-Facebook" begleitet werden wird, eine Mischung aus Savage Worlds und Warhammer 3.