Und daraus ergab sich dann ein unnötiges Lager-Denken, als ob man entweder NUR Particionism-orientiert ODER Sandbox-orientiert spielen könnte. Als ob es da keine Zwischenstufen gäbe.
Ein dreifaches Danke; viel mehr wollte ich heute morgen auch nicht zum Besten geben. Bei all den Polaritäten wird oft übersehen, dass viele entwickelte Techniken sinnvoll verwendet werden können, ohne dass die Spielleitung entweder
absolut freiheitlich oder
nur gängelnd ist.
Mit meinem Geblubber wollte ich nur andeuten, dass das
Impossible-Thing... und das
Ja-Sagen implizieren können, die Spieler müssten völlig frei von Vorgaben bleiben. Im Sinne der Kreativität passiert dann aber meistens gar nix und die im Eingangspost beschriebene Langeweile tritt ein.
Ich persönlich versuche mich an einer erweiterten Form des Bassplayings. (Scheint ja veraltet zu sein... aber was solls?!
)
Erklärungsversuch: Der SL improvisiert andauernd, aber er bereitet nicht nur vor und reagiert dann. Vielmehr nimmt er in verschiedenen Situationen Einfluss, um dem Spiel eine Struktur zu geben.
Dieser Einfluss bedeutet eine Unfreiheit für die Spieler - aber nicht für ihre Reaktionsmöglichkeiten. Ein erweiterter Bang; mit anderen Worten:
- Die Unfreiheit ist völlig in der Spielwelt begründet; sie ist also eine Unfreiheit der SC.
- Die Unfreiheit ist den SC als solche bewußt; sie können darauf reagieren.
- Sie haben die Unfreiheit nicht verschuldet; es sei denn durch Handlungen, die zuvor von den Spielern gelenkt wurden.
- Der SL gibt nicht vor, wie die Unfreiheit gelöst werden muß.
Bezogen auf den Illusionismus:
Es ist
nicht statthaft, wenn die Handlungen der SC entwertet werden. Wenn ihnen also die Art und Weise der Problemlösung vom SL diktiert wird.
Es ist statthaft, die SC zum Handeln zu zwingen. Sie also per SL-Entscheid mit einem Problem zu konfrontieren.
Zudem darf der SL motivieren und prüfen und auch dafür Spielwirklichkeit on-the-fly konstruieren.
Es geht darum, dass aus dem Konflikt (den der SL initiiert) eine Handlung entsteht. Diese wird frei improvisiert, bis der Konflikt in seiner bisherigen Form aufgelöst wird.
Dann greift der SL lenkend ein, indem er den Konflikt erweitert oder auf einen neuen Konflikt verweisen lässt. (Es geschieht das, was einen Plotpoint auszeichnet.)
Aus dieser Wandlung des Konflikts entsteht die Struktur der Erzählung.
Ich bin dazu übergegangen, einen Konflikt einzuführen und dann meine Spieler zu analysieren. Wenn sie sich ein festes Ziel fassen, dann weiß ich, wo ich den nächsten Plotpoint
vermuten darf. Den Weg dahin können sie sich selbst gestalten. Ich belohne dieses explizite "Fassen-Eines-Zieles" sogar, indem ich eine Art Fanmail-Pool aufstocke. Wir sprechen untereinander vom Fixpunkt und es geschieht fast immer völlig In-Time als Planung der SC.
Wer noch ein Beispiel aus einem anderen Bereich haben möchte und Keith Johnstones "Theaterspiele" zur Hand hat, der lese die "Reise ohne Karte" (in meinem Exemplar: S.112).
Johnstones Sohn soll eine Geschichte schreiben, der Auftrag der Lehrerin ist der vorherige Entwurf einer Karte. Johnstone ermutigt seinen Sohn zur Improvisation und macht nur Eingaben, wenn die Sache ins Stocken gerät: "Fang mit etwas Gewöhnlichem an, lass etwas Ungewöhnliches passieren, bring den Held in Schwierigkeiten, befreie ihn indem Du den Anfang aufgreifst."
Hier verwendet Johnstone die elementarste dramaturgische Form: Exposition-Konflikt-Auflösung unter Bezug auf die Exposition. Er wird zu dem, was ich einen improvisierenden Dramaturgen nennen würde. (Sein Sohn ist der improvisierende Dramatiker.)
Viele Grüße,
Henning