Autor Thema: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL  (Gelesen 24917 mal)

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Humpty Dumpty

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Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
« Antwort #100 am: 8.02.2012 | 16:26 »
Ein Sandkasten (auch ein reformierter) lebt aber davon, dass die großen, wichtigen Dinge modelliert sind und Ursache-Wirkungs-Gesetzen gehorchen, und nicht der "rule of cool". D.h. wenn ein Thema langfristig in den Fokus rückt, dann muss es auch modelliert werden.
Und eben da sitzt der Hase im Pfeffer. Diese Deine Annahme ist nicht nur wackelig, sondern nicht belegbar. Ich kenne zumindest genügend Gegenbeispiele und kann Dir da nicht folgen. Die Geisteshaltung, die hinter der Summe der SL-Fragen hinsichtlich einer reinen Modellierung bzw. alternativ einer - womöglich dramaturgisch motivierten - Setzung steckt, ist spielrundenübergreifend im Gegensatz zu Deiner Darstellung und gemäß des Ausgangsposts von Herrn Hartholzharnisch eben keine binäre Entscheidung, sondern auf einem Kontinuum mit den Polen Offenheit und, meinetwegen, Strukturierung anzusiedeln. Dieses krampfhafte Festhalten an rein binären Denkmustern ist doch gerade der Punkt, über dessen Unsinnigkeit sich die Leute allmählich klar werden. Klar: Du führst da quasi als Rückzugsgefecht bereits die Einschränkung der "großen, wichtigen Dinge" ein. Aber das kann nach meiner Ansicht problemlos generalisiert werden.

Die Totalmodellierung stand doch hier nie zur Debatte, oder?  wtf?
Nein? Ich habe Dich so verstanden. Aber wenn dem nicht so ist: wunderbar. Diese Propaganda der Marke "Sobald der SL dramaturgisch motiviert bzw. im Sinne der Rule of Cool eingreift, entwertet er/sie das komplette Spiel." ist als Kern schlichtweg Unfug, wenn man den Gedanken eines Kontinuums verstanden hat. Meinetwegen kann man das Ergebnis dann die Forderung nach einem Tandem nennen. Eigentlich finde ich aber, dass es mit dem Begriff des Partizipationismus hinreichend beschrieben wird - wenn man begreift, dass es diesbezüglich eben nicht nur schwarz und weiß gibt.
« Letzte Änderung: 8.02.2012 | 16:30 von TAFKAKB »

Offline sir_paul

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Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
« Antwort #101 am: 8.02.2012 | 16:30 »
Ich denke allerdings das man durch die Beschränkung einer Diskussion auf real existierende Phänomene sich künstlich beschneidet. Einige "rein theoretische" Betrachtungen haben zumindest mich weiter gebracht als die Diskussion mit den Worten "Gibt es doch gar nicht, müssen wir nicht drüber reden!" abzubrechen...

Was nicht heißt das ich hier und jetzt über die orthodoxe Sandbox diskutieren möchte ;)

Online Ralf

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Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
« Antwort #102 am: 8.02.2012 | 16:35 »
Haste recht. Ich bestehe aber im Weiteren auf den Begriff "nur in theoretischer Form als Denkmodell mögliche sogenannte orthodoxe Sandbox".
NitFaDmsoS würde ich auch noch akzeptieren. ;D
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Offline Tim Finnegan

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Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
« Antwort #103 am: 8.02.2012 | 16:37 »
Haste recht. Ich bestehe aber im Weiteren auf den Begriff "nur in theoretischer Form als Denkmodell mögliche sogenannte orthodoxe Sandbox".
NitFaDmsoS würde ich auch noch akzeptieren. ;D

Mich verwundert es gerade dass du darauf bestehst dass eine orthodoxe Sandbox nur theoretisch machbar ist.
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Pyromancer

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Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
« Antwort #104 am: 8.02.2012 | 16:39 »
Und eben da sitzt der Hase im Pfeffer. Diese Deine Annahme ist nicht nur wackelig, sondern nicht belegbar.
Es ist eine (gängige, möchte ich meinen) Definition von Sandkasten. Natürlich ist das nicht belegbar, es ist eine Definition. Und natürlich ist es nicht die einzig wahre Art zu spielen. Vielleicht ist es dir nicht klar geworden (oder mir ist nicht klar geworden, was du meinst), aber ich rede hier von einigen möglichen Spielstil, nicht von der einzig möglichen Art, zu spielen.

Online Ralf

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Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
« Antwort #105 am: 8.02.2012 | 16:42 »
Mich verwundert es gerade dass du darauf bestehst dass eine orthodoxe Sandbox nur theoretisch machbar ist.
Wie soll denn das in der Realität aussehen? Niemals und zu keinem Zeitpunkt willkürlich in die Welt einzugreifen? Erscheint mir nicht machbar.
Spätestens, wenn du mehr oder weniger willkürlich eine Zufallstabelle erstellst hast du eingegriffen, indem du Sachen für plausibler (wahrscheinlicher) erklärst als andere (weniger wahrscheinlich).
Und Bäm fliegst du raus aus der NitFaDmsoS weil du hast ja formend eingegriffen.

Edit: genauer ausgeführt
« Letzte Änderung: 8.02.2012 | 16:56 von Ralf »
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Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
« Antwort #106 am: 8.02.2012 | 16:55 »
@Ralf:
Die orthodoxe Sandbox ist ein Ideal (ein nicht Erreichbares, aber dennoch ein Ideal) einer Spielart. Wir reden hier also von dem was eine Gruppe erreichen will, an dem sich die praktische Spielweise dieser Gruppe orientiert.
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Online Ralf

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Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
« Antwort #107 am: 8.02.2012 | 17:01 »
Ah und da haben wirs glaube ich.
Können wir uns drauf einegen, dass es "orthodoxe Sandboxen" nicht gibt, "orthodoxistisch spielende Gruppen" aber schon?

Wenn übrigens jemand bessere Begriffe hat, her damit.
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Pyromancer

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Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
« Antwort #108 am: 8.02.2012 | 17:05 »
Wie soll denn das in der Realität aussehen? Niemals und zu keinem Zeitpunkt willkürlich in die Welt einzugreifen? Erscheint mir nicht machbar.
Spätestens, wenn du mehr oder weniger willkürlich eine Zufallstabelle erstellst hast du eingegriffen, indem du Sachen für plausibler (wahrscheinlicher) erklärst als andere (weniger wahrscheinlich).
Und Bäm fliegst du raus aus der NitFaDmsoS weil du hast ja formend eingegriffen.

Weltenbau (und nichts anderes ist die Erstellung einer Zufallstabelle) ist genau das eine große Ding, in dem sich der orthodoxe Sandkastenleiter austoben darf. Es geht auch nicht darum, ob der SL willkürliche Entscheidungen trifft. Natürlich trifft er die. Es geht darum, ob er diese Entscheidungen trifft, weil er die Welt simulieren will, oder weil er einen dramatisch oder ästhetisch ansprechenden Fortgang der Geschichte forcieren will.

Offline Dr.Boomslang

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Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
« Antwort #109 am: 8.02.2012 | 17:10 »
Vermi, deine entwicklungshistorischen Betrachtungen sind immer sehr nett, aber ich frage mich ob sie was anderes bedeuten als, dass du immer wieder zurück kommst zu dem Stil den du schon immer wolltest, nur eben etwas schlauer (mehr Bewusstsein, bessere Techniken). Das interessiert mich wirklich, vor allem weil in meinem Spiel sehr ähnliche Wurzeln habe wie du, und ich auch immer zu dem Stil zurück komme, wenn mir nichts besseres einfällt.

Meine Frage ist also: Bist du wirklich nur einfach zurück beim Illusionismus den man jetzt Partizipationismus nennen darf, weil man sich ja dessen bewusst ist (mehr oder weniger), oder macht du tatsächlich heute was prinzipiell anders? Haben dir Entwicklung und deine Fehler also was gebracht, was man irgendwie konkret festmachen kann?

Ich denke nämlich es kommt immer noch aufs System an. Man muss sich zwingen Sachen anders zu machen. Wenn ich spiele wie vor 20 Jahren dann kommt auf lange Sicht auch immer das gleiche raus wie vor 20 Jahren (was zum größten Teil auch gar nicht schlecht war). Ich muss mich schon bemühen was anders zu machen, System matters und so.

Bei deiner Darstellung sehe ich nämlich die Gefahr, dass Leute die nicht den gleichen Überblick haben wie du, sich jetzt bestätigt sehen, weil du ihnen sagst dass sie schon immer alles richtig gemacht haben.

Humpty Dumpty

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Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
« Antwort #110 am: 8.02.2012 | 17:14 »
@ Pyromancer: Wir scheinen da aneinander vorbeizureden. Lies Dir mal Deine eigenen Beitrag durch. Ich werde daraus nicht schlau. Zunächste (kursive Hervorhebung durch mich):

Was ich mit "reformierter Sandbox" meine ist aber etwas anderes, nämlich, dass man den Rahmen der neutralen Modellierung da verlassen darf, wo es weder die Grundprämissen der Modellierung verletzt noch Spielerentscheidungen entwertet.
Da läuft dann die Gruppe eben "zufällig" dem "interessanten NSC" über den Weg, ohne, dass das auf der Tabelle ausgewürfelt wird (der NSC hätte aber logischerweise da sein können und hat da auch einen in-game-Grund dazu, d.h. man bewegt sich noch innerhalb der Parameter der Modellierung).

Und dann schreibst Du:

Ein Sandkasten (auch ein reformierter) lebt aber davon, dass die großen, wichtigen Dinge modelliert sind und Ursache-Wirkungs-Gesetzen gehorchen, und nicht der "rule of cool".

Die Gruppe jedoch einem "zufällig de interessanten NSC" über den Weg laufen lassen, ist für mich nichts anderes als eine Anwendung der Rule of Cool. Später schreibst Du dann wieder:

Weltenbau (und nichts anderes ist die Erstellung einer Zufallstabelle) ist genau das eine große Ding, in dem sich der orthodoxe Sandkastenleiter austoben darf. Es geht auch nicht darum, ob der SL willkürliche Entscheidungen trifft. Natürlich trifft er die. Es geht darum, ob er diese Entscheidungen trifft, weil er die Welt simulieren will, oder weil er einen dramatisch oder ästhetisch ansprechenden Fortgang der Geschichte forcieren will.

Für mich passt das alles nicht zusammen. Was ich da sehe: der SL modelliert teilweise und teilweise tauchen dramaturgisch motiviert Dinge gemäß der Rule of Cool auf. In verschiedenen Gruppen bestehen unterschiedliche Mischungen dieser beiden Bestandteile. Daraus entsteht insgesamt ein Kontinuum aus Offenheit und Struktur, auf dem sich die Gruppe dann ansiedelt.
« Letzte Änderung: 8.02.2012 | 17:16 von TAFKAKB »

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Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
« Antwort #111 am: 8.02.2012 | 17:37 »
Meine Frage ist also: Bist du wirklich nur einfach zurück beim Illusionismus den man jetzt Partizipationismus nennen darf, weil man sich ja dessen bewusst ist (mehr oder weniger), oder macht du tatsächlich heute was prinzipiell anders? Haben dir Entwicklung und deine Fehler also was gebracht, was man irgendwie konkret festmachen kann?
 

Am Spieltisch? Die Gewissheit, dass ich mich wirklich besser aufgehoben fühle, wenn ich als SL einen groben Plan und genug innerfiktionale Stellschrauben habe, mit denen ich das Geschehen ausbalancieren kann. Gleichzeitig aber auch das Ablegen des Gedankens, die Spieler beaufsichtigen oder bevormunden zu müssen, damit sie nicht „falsch“ spielen, und die Erkenntnis, dass eine asymmetrische Aufgabenverteilung nicht zugleich auch ein hierarchisches Verhältnis begründet. Zu verstehen, wie die Spielbeiträge aller Beteiligten ineinander greifen, und in der Konsequenz viel weniger Einbahnstraßenspiel als vorher.

Das ist eigentlich der Kern der Sache. Man hatte irgendwann erkannt, dass Einbahnstraßenspiel doof war. Aber man dachte, man müsste die SL-Rolle viel grundlegender abwandeln, als es eigentlich nötig war, um von der Einbahnstraße weg zu kommen.

Und beim System-Design? Oh, das ist ein eigener Thread. Aber Danger Zone (a.k.a. „das System aus Space Adventures“) kennst du ja, da hast du an sich schon deine Antwort.
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Offline Herr der Nacht

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Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
« Antwort #112 am: 8.02.2012 | 17:38 »
Bezüglich des Rückkehrens: Ist das nicht einfach ein natürliches Bedürfnis des Spielleiters, hin und wieder auch eine aktivere, gestalterische Rolle einzunehmen?

So kann ich das nämlich an mir selbst beobachten. Es ist schön und gut, NSCs reagieren zu lassen und dort Kulisse aufzubauen, wo die SCs hingehen. Aber manchmal möchte man es aber eben auch direkt haben. Ich schreibe einen geilen NSC mit einem mMn spannenden Plothook und dann versuche ich eben auch alles am Spieltisch, dass die Spieler anbeißen. Dabei mache ich mir dann keine Gedanken um Wahrscheinlichkeiten (ist es wahrscheinlich dass der verschollene Bruder des SCs genau in dieser Stadt an diesem Ort auftaucht?) und auch keine darum, ob ich da vielleicht ein bisschen den Zaunpfahl winke.

Dass bemerke ich bei mir und vielleicht manchmal die Unlust, einfach überall breite Pinselstriche zu machen und erstmal keinen zu favorisieren. Das geht halt auch nicht so leicht. Wenn ich mir 5 Plothooks überlege, dann habe ich auf einen davon halt auch besonders Bock.

Für mich ist die "unechte" Sandbox ein bisschen wie die GTA-Computerspiele. Man kann zwar überall herumdüsen und kleine Dinge erleben, aber es gibt dennoch feste Orte an denen Plots warten und feste NSCs die eingehender behandelt werden.

Und die funktioniert für mich doch besser als eine oldschoolige Hexkarte  ;D

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Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
« Antwort #113 am: 8.02.2012 | 17:40 »
Die Unterscheidung orthodox und reformiert scheint mir (meine Vermutung) deswegen etwas schwierig, weil das eine (orthodoxe Sandbox) ein reines Modell ist, das andere (reformierte Sandbox) aber in der Spielrealität vorkommt. (Nur ein Einwurf von jemandem, der sich dem Thema Sandbox als interessierter Laie nähert.)
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Humpty Dumpty

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Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
« Antwort #114 am: 8.02.2012 | 17:46 »
Am Spieltisch? Die Gewissheit, dass ich mich wirklich besser aufgehoben fühle, wenn ich als SL einen groben Plan und genug innerfiktionale Stellschrauben habe, mit denen ich das Geschehen ausbalancieren kann. Gleichzeitig aber auch das Ablegen des Gedankens, die Spieler beaufsichtigen oder bevormunden zu müssen, damit sie nicht „falsch“ spielen, und die Erkenntnis, dass eine asymmetrische Aufgabenverteilung nicht zugleich auch ein hierarchisches Verhältnis begründet. Zu verstehen, wie die Spielbeiträge aller Beteiligten ineinander greifen, und in der Konsequenz viel weniger Einbahnstraßenspiel als vorher.

Das ist eigentlich der Kern der Sache. Man hatte irgendwann erkannt, dass Einbahnstraßenspiel doof war. Aber man dachte, man müsste die SL-Rolle viel grundlegender abwandeln, als es eigentlich nötig war, um von der Einbahnstraße weg zu kommen.

Genau. Das halte ich wirklich für einen ganz wesentlichen Erkenntnisfortschritt. Es ist also keineswegs so, dass wir heute wieder genau da stehen würden, wo wir einmal diskursiv gestartet sind. Zwar hat sich dabei die jeweilige Rollenwahrnehmung  im Ergebnis kaum geändert (wohl aber im Prozess, wo vieles ausprobiert wurde). Dennoch scheint mir die Fähigkeit zur Reflektion des eigenen Handelns erheblich gestiegen zu sein. Und das ist doch ein wunderbares Ergebnis all der Überlegungen, finde ich. Da sage noch mal einer, dass Theorie zu nix führt  ;)

Offline Tim Finnegan

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Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
« Antwort #115 am: 8.02.2012 | 17:47 »
Es wäre ja fast einen Versuch wert um zu testen wie Nah man an eine pure, orthodox Sandbox herankommen kann.
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Pyromancer

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Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
« Antwort #116 am: 8.02.2012 | 17:49 »
@ Pyromancer: Wir scheinen da aneinander vorbeizureden. Lies Dir mal Deine eigenen Beitrag durch. Ich werde daraus nicht schlau. Zunächste (kursive Hervorhebung durch mich):

Und dann schreibst Du:

Die Gruppe jedoch einem "zufällig de interessanten NSC" über den Weg laufen lassen, ist für mich nichts anderes als eine Anwendung der Rule of Cool. Später schreibst Du dann wieder:

Für mich passt das alles nicht zusammen. Was ich da sehe: der SL modelliert teilweise und teilweise tauchen dramaturgisch motiviert Dinge gemäß der Rule of Cool auf. In verschiedenen Gruppen bestehen unterschiedliche Mischungen dieser beiden Bestandteile. Daraus entsteht insgesamt ein Kontinuum aus Offenheit und Struktur, auf dem sich die Gruppe dann ansiedelt.

Ja, das ist ein Kontinuum, das sieht irgendwie so aus (ganz grob):

Orthodoxe Sandbox: Alles wird modelliert und rein unter simulatorischen Gesichtspunkten und nach Ursache-Wirkungs-Prinzipien entschieden. Dinge passieren, weil sie sich logisch so ergeben, nicht, weil sie dem Spielleiter ins Konzept passen.

Reformierte Sandbox: Die großen, zentralen Spielinhalte werden modelliert und rein unter simulatorischen Gesichtspunken und nach Ursache-Wirkungs-Prinzipien entschieden, im Kleinen entscheidet der Spielleiter nach Gutdünken. Dinge passieren, weil sie sich logisch so ergeben oder dem Spielleiter ins Konzept passen und sich zumindest logisch so ergeben könnten.

Und weiter:

Plausibles Plotspiel: Der Spielleiter entscheidet nach Gutdünken, versucht aber, im großen und ganzen plausibel zu bleiben und Ursache-Wirkungs-Beziehungen im Auge zu behalten. Dinge passieren, weil sie dem Spielleiter in den Plot passen und der Logik nicht sofort widersprechen.

Drama-Orgie: Der Spielleiter entscheidet nach Gutdünken, passt schon irgendwie. Dinge passieren, weil sie dramatisch sind.

Persönlich leite ich momentan irgendwo zwischen plausiblem Plotspiel und reformierter Sandbox.

ErikErikson

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Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
« Antwort #117 am: 8.02.2012 | 17:49 »
Ich leite so, das die Spieler in Entscheidungssituationen gedrängt werden. Das ist sicher keine Sandbox, sondern ich dränge den Spielern die freiheit regelrecht auf. Sie haben quasi die volle freiheit, nur eben eines nicht, Entscheidungssituationen zu vermeiden.

Das ähnelt manchmal einer Sandbox, weil man ja auch beziehungsnetz und so braucht, um selber die konsequenzen von Entscheidungen absehen zu können und den Spielern zu zeigen, was zu was führt. früher hätt ich das auch für ne Sandbox gehalten. aber anscheinend gibt es ja eine simulationistische Sandbox, wo man Dinge anhand vordefinierter Ausgangsparameter einfach laufen lässt. Sowas find ich weniger lustig, das kann schnell langweilig werden, wenn die SC beispielsweise viel pech haben oder unfähig sind und dann andauernd nur auf die Schnauze fallen.

beispiel: Wenn die SC da sind, dann finden alle wichtigen Abstimmungen im rat der 12 statt. Auch wenn es unlogisch ist, das die nicht eher übers jahr mal das eine mal das andere abstimmen. Rein meta damit, das die SC mit abstimmen und die Ergebnisse beeinflussen können.
« Letzte Änderung: 8.02.2012 | 17:52 von Alter Giftmischer »

Offline Lord Verminaard

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Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
« Antwort #118 am: 8.02.2012 | 17:50 »
Ist das nicht einfach ein natürliches Bedürfnis des Spielleiters, hin und wieder auch eine aktivere, gestalterische Rolle einzunehmen?

Ich weiß nicht. Andere Spielleiter berichten hier im Forum, dass sie erst durch die OSR und Hexcrawl/Dungeoncrawl die Freude am Rollenspiel zurück gewonnen haben. Und nicht zu vergessen sind dabei ja auch die Spieler. Was wollen die von ihrem Spielleiter? Wenn die Gruppe ganz leicht Erfolg hat, oder draufgeht, gucken die dann ihren Spielleiter an und sagen, hey, haste gepennt oder was? Oder wollen die es gerade genauso haben, je nachdem, ob sie sich eben geschickt oder blöd angestellt haben?

Ich kann für mich sagen, dass ich auch als Spieler lieber einen SL habe, der lenkend eingreift. Allerdings verwechseln leider viele SLs das mit „den Spielern sagen, was sie zu tun haben“, was aber absolut nicht das gleiche ist.
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Offline Herr der Nacht

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Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
« Antwort #119 am: 8.02.2012 | 17:59 »
Ich weiß nicht. Andere Spielleiter berichten hier im Forum, dass sie erst durch die OSR und Hexcrawl/Dungeoncrawl die Freude am Rollenspiel zurück gewonnen haben. Und nicht zu vergessen sind dabei ja auch die Spieler. Was wollen die von ihrem Spielleiter? Wenn die Gruppe ganz leicht Erfolg hat, oder draufgeht, gucken die dann ihren Spielleiter an und sagen, hey, haste gepennt oder was? Oder wollen die es gerade genauso haben, je nachdem, ob sie sich eben geschickt oder blöd angestellt haben?

Ich kann für mich sagen, dass ich auch als Spieler lieber einen SL habe, der lenkend eingreift. Allerdings verwechseln leider viele SLs das mit „den Spielern sagen, was sie zu tun haben“, was aber absolut nicht das gleiche ist.


Hmmm, da ich in den letzten Monaten wieder ausschließlich als SL tätig war, habe ich da vielleicht auch die SL-Brille auf. Ich denke, der eigene Anspruch ans Leiten lässt sich auch nicht pauschal auf den eigenen Anspruch als Spieler übersetzen.


Ich erinnere mich da an unsere momentan pausierende WoD-Runde mit wechselnden SLs.
Der eine ist ein Plotlenker vor dem Herrn, was stellenweise schon zu kritischen Szenen am Spieltisch führte. Und definitiv zu schlechter Stimmung nach dem Spielabend. Ein anderer macht sich null Notizen und legt sich auch überhaupt nicht fest. Dabei fehlt dann wieder der rote Faden, der bei seinem Kollegen einfach zu drastisch ausfällt. Das mündete schon in Spielabenden wo ich anfing, die Punkte an der Tapete zu zählen, so spannend war das  ;D

Persönlich leite ich daher irgendwo in der Mitte und versuche es so umzusetzen, dass ich bei mir selbst als Spieler Spaß hätte :)

Aber eigentlich hat das ja gar nichts mehr mit der Frage zu tun, wo man jetzt steht, in der Sandbox um Landschaften zu bauen oder im Zugabteil um die Tickets abzustempeln.  ;D

Humpty Dumpty

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Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
« Antwort #120 am: 8.02.2012 | 18:01 »
@ Pyromancer: okay, genau. Danke für die Erläuterung. Ich teile Deine Position.

Es wäre ja fast einen Versuch wert um zu testen wie Nah man an eine pure, orthodox Sandbox herankommen kann.
Auch die Extremform in absoluter Orthodoxie kann man relativ leicht aufziehen (wenn man unbewusste Verzerrungen und nicht zu verhindernde Willkür bei der Wahl des Material etc. mal ausblendet). Hier im Forum können und machen sowas nach meinem Eindruck ziemlich viele Leute in hoher Qualität. Woozle, 6, Don Kamillo, Glgnfz fallen mir da beispielsweise auf Anhieb ein (hoffe, das ist so einigermaßen korrekt). Noch viel mehr solcher Leute findest Du im Ork. Möglich ist das schon - aber halt ein durchaus anderes Spielgefühl mit seinen ganz eigenen Stärken & Schwächen.

@ Hartholzhose: Ich glaube, dass es sich dabei um eine Wahrnehmungsfrage handelt. Die Leute, die die Sandboxes so laut propagiert haben, waren schlicht salienter als die interessiert lauschende Mehrheit.

Offline Lord Verminaard

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Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
« Antwort #121 am: 8.02.2012 | 18:04 »
Ich denke, der eigene Anspruch ans Leiten lässt sich auch nicht pauschal auf den eigenen Anspruch als Spieler übersetzen.

Ich paraphrasiere mal böswillig: „Bei mir selbst würde ich nicht Spieler sein wollen.“ >;D
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Offline Herr der Nacht

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Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
« Antwort #122 am: 8.02.2012 | 18:35 »
@ Hartholzhose: Ich glaube, dass es sich dabei um eine Wahrnehmungsfrage handelt. Die Leute, die die Sandboxes so laut propagiert haben, waren schlicht salienter als die interessiert lauschende Mehrheit.

Ich kann da nur aus meiner eigenen Erfahrung sprechen: Teilweise war es auch notwendig, dass laut zu propagieren. Wenn ich an Alveran-DSA-Zeiten zurückdenke, dann war es da bis vor ein paar Jahren noch Standart, dass Spielleiter-Spielhilfen in Form von Drehbuch/Roman-Schreibe-Tipps veröffentlicht und verbreitet wurden. Abenteuer waren selbstverständlich in einer festen Struktur die dem Drama-Prinzip entspricht, was man so im Deutsch.Unterricht mal aufgeschnappt hat.

Hinweise, ob es denn nicht auch mal passabel wäre, sich da anders zu strukturieren, ja es zumindestens mal auszuprobieren wurden gerne mit Ignoranz ode sogar Arroganz niedergemacht.

Also schrieb man mit Engelsgeduld, verlinkte Threads und Quellen mit Alternativvorschlägen (gerne von mir damals verlinkt: Vermis Bass-Playing) und versuchte ohne absoluten Anspruch zu erläutern, dass es mitnichten unmöglich sei, ohne fest geplanten Plot zu spielen. Je länger man schrieb, desto ungeduldiger und vielleicht auch irgendwann lauter wurde man. Um sich Gehör zu verschaffen.

Dann hat sich eine Entwicklung ergeben, Autoren probierten auch neue Dinge aus, parallel auch DSA-Fans in eigenen Runden. Und so änderte sich dann auch das Bewusstsein,  dass es noch mehr als die klassische Particionism-Schiene gibt. Irgendwann wurde aus diesem Bewusstsein dann eben eine dicke RR-Kampfkeule, die dann als Kraftausdruck für wirklich alles verwendet wurde, was einem an einem Abenteuer/Szenario nicht gefiel.

Und daraus ergab sich dann ein unnötiges Lager-Denken, als ob man entweder NUR Particionism-orientiert ODER Sandbox-orientiert spielen könnte. Als ob es da keine Zwischenstufen gäbe.

Ich würde manchen Text den ich damals geschrieben habe mittlerweile auch etwas weniger hart formulieren.

Ich paraphrasiere mal böswillig: „Bei mir selbst würde ich nicht Spieler sein wollen.“ >;D
Echt? Ich wäre total gerne bei mir selbst Spieler aktuell  :)

Die Aussage war eher in die Richtung gemeint: Ich kann genauso viel Spaß bei einem SL als Spieler haben, der ganz anders leitet, als ich selbst.  :)
« Letzte Änderung: 8.02.2012 | 18:38 von Herr der Nacht »

Offline Lord Verminaard

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Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
« Antwort #123 am: 8.02.2012 | 18:40 »
Echt? Ich wäre total gerne bei mir selbst Spieler aktuell  :)

Du weißt schon, was paraphrasieren heißt, oder? ;)

Also kann man nicht pauschal, wohl aber in deinem Falle den eigenen Anspruch ans Leiten auf den eigenen Anspruch als Spieler übersetzen? Weil, du siehst das Problem, nicht? Wenn jemand darauf besteht, so zu leiten, wei er selbst es aber bei anderen SLs doof findet, dann läuft ja irgendwie etwas schief.

Edit: Ah, Ninja-Edit! Ja okay, so rum wird ein Schuh draus.
« Letzte Änderung: 8.02.2012 | 18:42 von Maraskanischer Hartholzharnisch »
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Offline Blizzard

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Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
« Antwort #124 am: 8.02.2012 | 18:58 »
Vollkommen ohne Willkür geht es eben nicht!
Stimmt auffallend. Aber Willkür ist doch soooooo ein böses Wort...es muss doch auch ohne Willkür gehen!!!
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Wenn ich Sachen vor dem Spiel festlege, kann ich sie zumindest nicht so an das Handeln der Spieler anpassen, dass das in meinen Augen Richtige passiert (Palette Shifting oder so).
Warum nicht? Wo ist das Problem?
"Wir leben nach den Regeln, wir sterben nach den Regeln!"

"Wer nicht den Mut hat zu werfen, der wird beim Würfeln niemals eine Sechs erzielen."