Am vergangenen Freitag, also vorgestern, haben wir zum Spaß mal zwischendurch eine Proberunde Zorcerer of Zo gespielt. Das ging sogar ohne die Charakterbögen, aber ich musste eben alles mündlich erklären.
Die drei erstellten Spielercharaktere waren auch schon typisch für Zorcerer of Zo: ein Däumling (nur in etwa so groß wie ein Daumen), eine lebende Spielkarte, nämlich der Herzbube à la Alice im Wunderland, und ein mürrischer hinterhältiger Zauberer-Möchtegern-König mit einem Dschinn. Dieser letzte Charakter war aber nur eine Ausnahme. Wie schon beim letzten Mal ZoZ wurde wieder einmal missverstanden, dass mit "allen denkbaren Figuren aus Märchen und Kunstmärchen" natürlich die guten und heldenhaften Charaktere gemeint sind, keine Bösewichter aus Märchen. Nun wollten jedoch schon zweimal Mitspieler bösartige oder zumindest ambivalente Figuren als Spielercharaktere haben. Da es sich bloß um einen One-Shot handelte, habe ich das ausnahmsweise mal zugelassen, damit Frieden herrscht und die Gruppe weiterspielen kann. Allerdings werde ich, genauso wie in Pathfinder, bösartige Charaktere immer mehr triezen und ärgern und irgendwann mit den Früchten ihrer Bösartigkeit konfrontieren... Dann gibt es sozusagen am Ende des Jahres auch keine Geschenke vom St. Nikolaus, oder besser gesagt vom SL.
Es ist schon seltsam, dass in jeder Spielrunde mindestens ein Spieler stets einen antagonistischen Fiesling spielen will, egal ob das nun dazupasst oder nicht!
Der Fiesling-Charakter in unserer kleinen Runde war dabei allerdings gar nicht mal so uninteressant: Er wollte konkret gesagt ein "Böser Stiefvater" sein, das männliche Pendant zur Bösen Stiefmutter aus Schneewittchen. Er war auf der Suche nach seinem gutaussehenden und von ihm gehassten Stiefsohn hinter den Sieben Bergen und trug einen Weidenkorb voller Äpfel auf seinem buckligen Rücken. Dazu war dieser Spielercharakter auch noch alt und knorrig, humpelte leicht und hatte andere Altersbeschwerden (also als seine Weakness auf dem Charakterblatt). Er war außerordentlich verschlagen und verlogen und schmiedete heimlich Eroberungspläne. Er hatte sich durch Heirat mit einer schwachen Königin einen unbedeutenden Adelstitel in einem Mini-Fürstentum in Zo erschlichen. Er nannte sich zwar König, aber da er "König" nicht als Quality genommen hatte, waren seine königlichen Würden oder Fähigkeiten eher mäßig. Ich habe dem Spieler in der Hinsicht unter die Arme gegriffen und gesagt, okay, er hat zwar einen Titel, aber sein Königreich ist in etwa so klein wie die Insel Lummerland aus "Jim Knopf". In seinem ganzen Reich lebten - und das ist bestimmt passend für ZoZ - lediglich er selbst, die kranke schwache Königin (die er selbst durch Drogen ans Bett gefesselt hatte) und seine Untertanen, bestehend aus Kasper, Seppel, Gretel, der Großmutter und dem Krokodil! Das Königreich hatte also bloß sieben Einwohner. Dieser ohnehin schon lachhafte Charakter schmiedete nun Pläne zur Anwerbung von Söldnern und Helfern, um die angrenzenden Ländereien zu erobern. Da hatte er allerdings bisher Pech, da die anderen beiden SC bei seinen Ränken nicht mitmachen wollten und da sein Land von Wäldern und Sümpfen umgeben war und dahinter das mächtige Königreich lag, das vom Tapferen Schneiderkönig (dem ehemaligen Sieben-auf-einen-Streich-Schneiderlein) regiert wurde, der so stark wie Conan ist.
Auf die nächste Session freue ich mich schon. Auf der Skala der unterschiedlichen Märchenatmosphären oder Schattierungen scheint unsere Runde bislang wohl in Richtung der "fractured fairytale" zu gehen.